Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison
sein.«
»Von einem Thronanwärter der Heiligen Mutter Kirche hätte ich auch nichts anderes erwartet«, bemerkte Ben Eliezer trocken.
Das war auch besser so, denn sobald wir in tödlicher Mission unterwegs waren, konnten wir nur noch auf uns selbst zählen. Wie die Sache stand, durften wir uns glücklich schätzen, wenn überhaupt einer überlebte.
Bevor ich etwas in dieser Art sagte, hielt ich inne. Sofia, Ben Eliezer und die anderen bewiesen großen Mut, obwohl sie tagtäglich in einem Alptraum lebten. Überall waren Tod und Verderben gegenwärtig, und nirgendwo gab es Aussicht auf Besserung. Menschen wie sie musste ich nicht daran erinnern, wie schlimm die Dinge standen.
»Auch wenn wir wenig Zeit haben«, sagte ich stattdessen zu Sofia, »so tut bitte alles, um unsere Erfolgsaussichten zu verbessern. Vielleicht könntet Ihr herausfinden, welches Blut sich am besten eignet?«
»Ich kann es versuchen, aber offen gesagt habe ich keine Ahnung, wie ich das anstellen soll.«
»Gebt nur Euer Bestes, und ich mache es genauso.« Wenn mir jemand prophezeit hätte, dass ich einmal eine solche Bitte an eine Jüdin richten würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt.
»Ihr müsst zurück«, sagte Ben Eliezer. Mit diesen Worten
stand er auf und öffnete die Tür, die hinauf zur Straße führte. Sofia und ich folgten ihm.
Vittoro wartete immer noch vor der Apotheke, als Sofia und ich aus der Tür traten. Von Benjamin war weit und breit nichts zu sehen.
»Ich habe mir schon Sorgen gemacht«, sagte der Hauptmann. »Habt Ihr so lange geredet?« Er rümpfte die Nase, was mich an den Essiggeruch erinnerte, der mir wahrscheinlich anhaftete.
»Wir hatten eine Menge zu besprechen«, sagte ich nur und wandte mich an Sofia: »Ich komme wieder, sobald es Neuigkeiten gibt.«
Sie nickte nur und ergriff meine Hand. Dann flüsterte sie mir fast unhörbar zu:
»Geht mit Gott, Francesca. Er hat Euch zu einer Gerechten unter den Völkern erzogen, und Euer Weg ist gesegnet.«
Ich verstand nicht genau, was sie damit meinte, aber ihre Worte gemahnten mich wieder an die Schriften des heiligen Augustinus. Er nannte die Juden ein ausersehenes Volk, dessen Existenz uns an die Wahrheit der biblischen Prophezeiung erinnern soll. Wenn sie doch Gott dienten, so schien es mir widersinnig, sie zu quälen. Aber ich bin nun einmal keine Theologin.
Völlig erschöpft und schmutzig kehrte ich in den Palazzo zurück. Nach einem Bad und einer leichten Mahlzeit spürte ich, wie müde ich war. Meine Rippen schmerzten, und die neuen Blutergüsse machten jede Bewegung zur Qual. Doch ich fürchtete mich vor dem Schlaf und den Alpträumen.
Mein Gefühl trieb mich wieder hinaus in die Sonne und in die Stadt. Vittoro gestattete mir, dass mich einer der jungen
Soldaten begleitete, nachdem ich versprochen hatte, nur ein wenig spazieren zu gehen und einen klaren Kopf zu bekommen. Der arme Jofre musste noch immer die Latrine schrubben.
»Meiner Meinung nach solltet Ihr Euch lieber ausruhen«, lautete Vittoros Rat, aber mehr sagte er nicht dazu.
Ich machte mich auf den Weg, und der Wachsoldat folgte mir. Der Nachmittag war strahlend schön und die Straßen noch belebter als sonst. Auf der Brücke Pons Aelius, die über den Tiber unterhalb der Engelsburg führt, drängten sich die Wagen. Ich bemühte mich, nicht zu den mächtigen Rundmauern der Burg hinaufzuschauen, die seit den Tagen Hadrians über der Stadt thronte. Aber es wollte mir nicht gelingen. Das neueste Gerücht besagte, dass Innozenz seinen hübschen kleinen Palast in der Nähe der Basilika von St. Peter aus Sicherheitsgründen mit der Burg vertauscht hatte. Ohne Zweifel hatte er von dort oben einen besseren Blick als in den Innenhof, wohin man die Gefangenen zu ihrer Hinrichtung brachte. Angeblich fanden täglich mehr Exekutionen statt, und ich sah keinen Grund, daran zu zweifeln.
Als ich die Brücke zur Hälfte überquert hatte, blieb ich stehen und sah über die Schulter zurück, weil ich plötzlich das Gefühl hatte, dass ich beobachtet wurde. Der junge Soldat sah sich ebenfalls um, konnte in der Menge aber keine Gefahr entdecken. Vermutlich ist meine Ängstlichkeit meiner Müdigkeit geschuldet, dachte ich und setzte meinen Weg fort.
Nachdem ich den Fluss überquert hatte, lag die einst so großartige Basilika von St. Peter vor mir. Nun war sie in
einem so bedauernswerten Zustand, dass die Besucher bei ihrem Rundgang immer wieder mit bangem Blick zum Dach emporsahen, um sicherzugehen, dass
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