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Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Titel: Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Poole
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gedacht? Reicht es denn nicht, dass Ihr ohne Erlaubnis nach Rom gekommen seid? Wollt Ihr auch noch mit der Giftkundigen Eures Vaters in flagranti ertappt werden? Das Gerede würde die Arbeit in Rom für einen ganzen Tag zum Erliegen bringen!«
    Er starrte mich einige Augenblicke lang an, bevor er den Kopf in den Nacken warf und lachte. Ich fürchtete, dass der Kardinal ihn hören konnte, und mahnte ihn zum Schweigen, doch er packte nur meine Hand, diesmal allerdings deutlich sanfter, und rannte mit mir durch den Korridor davon. Seine ungezügelte Kraft, seine Lebensfreude und die Missachtung aller Hemmnisse, die uns normale Sterbliche einengten, begeisterte mich jedes Mal aufs Neue. Er fegte wie ein Sturm in mein Leben, riss die Spinnweben fort und wirbelte die Möbel durcheinander. Danach musste zwar wieder aufgeräumt werden, doch der Moment selbst war unvergleichlich.
    Schließlich erreichten wir einen versteckten Winkel im Park, von wo aus wir die Gesellschaft beobachten konnten, ohne dass man uns sah. Ich war vor Lachen völlig außer Atem. Ein vorbeikommender Diener schrak zusammen, als Cesare ihn um eine Karaffe Wein erleichterte. Vom nächsten Tablett griff er sich zwei Gläser und eine Platte mit Fleisch.
    »Ich sterbe vor Hunger.« Er warf sich ins Gras. »Ich bin den ganzen Tag geritten, habe mir dieses Zeug angezogen – und wofür?« Er zupfte an seiner Toga. »Ich sage Euch nur
eines: Meine Geduld ist langsam am Ende.« Seine sprunghafte Stimmung hatte sich gebessert. Er klopfte neben sich auf den Boden.
    »Ihr müsst doch nicht gleich davonlaufen, oder? Kommt, setzt Euch zu mir und leistet mir ein wenig Gesellschaft.«
    Wie ich bereits gesagt habe, wirkt das Wissen um die endgültige Verdammnis seltsam befreiend. Außerdem bin ich Römerin und genieße die Freuden des Lebens, wenn sie sich bieten. Ich setzte mich, nahm das Glas Wein, das Cesare mir anbot, und sah über den Rand hinweg zu, wie er sich über den Fleischteller hermachte. Cesare Borgia war wirklich ein überaus ansehnlicher Mann.
    »Es tut mir ehrlich leid um Euren Vater«, sagte er zwischen zwei Bissen. »Ich war erschrocken, als Lucrezia mir schrieb, was passiert ist. Ohne sie wüsste ich nur die Hälfte von dem, was sich in Rom abspielt.«
    Wie immer bei den Borgias reichte ihre Sympathie nur so weit, wie sie den eigenen Interessen nützte. Aber ich verstand das, genauso wie ich dachte, Cesare zu verstehen.
    »Euer Vater möchte Euch nur beschützen«, sagte ich. »Die Zeiten sind augenblicklich sehr schwierig.«
    »Wann waren Zeiten denn jemals einfach?« Er schnaubte. »Unsere Zeit ist jetzt . Die Zeit der Borgias. Mein Vater muss die Papstwürde jetzt erringen, oder die Chance ist für immer dahin.«
    »Innozenz …«, begann ich, aber Cesare wollte nichts davon hören.
    »Dieser verdorbene Eunuch!« Er verzog verächtlich die Lippen. »Warum hat er denn nicht so viel Anstand, einfach zu sterben?«

    »Man sagt, dass er sich vor dem himmlischen Gericht zu Tode fürchtet.«
    »Was sehr berechtigt ist! Die Verbrechen, die er begangen hat …« Er füllte unsere Gläser und sah mich mit ernster Miene an. »Er kann eigentlich nicht länger leben, nicht wahr?«
    Weil ich keine Ahnung hatte, wie viel Cesare wusste, war ich lieber vorsichtig und sagte:
    »Das liegt in Gottes Hand.«
    Cesare runzelte die Stirn. Dann beugte er sich zu mir, dass ich seinen Atem auf meiner Wange fühlte.
    »Was für eine Giftkundige seid Ihr eigentlich?«, flüsterte er.
    Ich zuckte zurück – und spürte seine warme Hand auf meinem Rücken. Ich konnte mich nicht erinnern, wie lange sie schon dort lag, aber ich hatte auch nichts dagegen. Für Sekunden sah ich nicht Cesare vor mir, sondern Rocco, wie er aus Feuer leuchtendes Kristall erschuf. In seiner ganzen Süße erstreckte sich der Pfad vor mir und lockte mich – doch ich fühlte mich unwürdig, ihn zu beschreiten. Ich war genau die, die Cesare soeben beim Namen genannt hatte: Ich war die Giftkundige. Aber ich hatte noch mehr Sünden begangen. Meine Hände hatten buchstäblich in Blut gebadet. Ich erwachte jede Nacht von meinen Schreien, wenn mein Alptraum mich heimsuchte, den ich weder unterdrücken noch verstehen konnte. Ich war eine Kreatur der Finsternis, so sehr ich mir auch etwas anderes wünschte.
    Genau wie Cesare.
    Cesare lebte seinen Charakter. Von mir konnte ich das
zwar nicht unbedingt behaupten, aber ich mochte auch den einzigen Trost in meinem Leben nicht zurückweisen.
    Unsere Lippen

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