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Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Titel: Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Poole
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Missgunst zu verbreiten.
    »Was sagtet Ihr?«, fragte Vittoro.
    Ich drehte mich im Sattel um und sah ihn an.
    »Was meint Ihr, wie weit wird della Rovere gehen, um zu gewinnen?«
    »So weit, wie er gehen muss, und dasselbe gilt für Borgia«, sagte er, als wir abstiegen. »Keiner von beiden wird einen Rückzieher machen.«
    Ein Pferdeknecht in der maulbeerfarbenen und goldenen Uniform der Borgias nahm uns die Zügel ab. Als ich den Kopf hob, sah ich die Fahne des Vizekanzlers über dem Apostolischen Palast wehen. Im Augenblick war Borgia stellvertretend das Oberhaupt der Kirche. Aber das konnte sich schnell ändern. Vor allem, wenn Morozzi zum Zuge kam.
    Als wir die breite Treppe emporstiegen, kamen wir an ein paar Wachsoldaten vorbei. Dann führte uns ein Korridor zu einem Labyrinth von Amtsräumen, in dem es vor Schreibern und Sekretären nur so wimmelte. Sie waren viel zu beschäftigt, um überhaupt Notiz von uns zu nehmen.
    »Wartet hier«, sagte Vittoro und verschwand hinter einer Tür aus blankem Eichenholz, die mit Messing beschlagen war.
    Ich spürte die Blicke der Bittsteller fast körperlich, während sie entlang der Wand auf den großen Moment warteten, dass sie vorgelassen wurden und Borgia endlich ihre Anliegen unterbreiten konnten. Anwälte, Händler, Sekretäre und ein oder zwei Künstler, vielleicht Musikanten,
unterzogen mich einer eingehenden Prüfung. Ich war weit und breit die einzige Frau, was schon wegen der Klatschsucht für Bemerkungen sorgte. Eine plumpe Kröte von Mann, vermutlich ein Anwalt, beugte sich zu einer ähnlich gut genährten Gestalt neben sich und flüsterte ihr etwas zu, worauf sie zu mir herübersahen und lachten.
    Ich unterdrückte den Wunsch, ihnen mitzuteilen, dass ich keineswegs, wie sie annahmen, eine von Borgias Geliebten war, sondern seine Giftprüferin. Die dummen Gesichter hätte ich gern gesehen, aber ich wollte keine unnötige Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Also starrte ich nur teilnahmslos in die Ferne und wartete darauf, dass Vittoro mich hereinrief.
    Das Arbeitszimmer des Kardinals ging auf den Platz vor der Basilika hinaus. Die hohen Fensterflügel standen offen, um auch den kleinsten Luftzug einzufangen. Geschnitzte Serafim zierten die hohe Decke, an den Wänden hingen Gobelins, und auf mehreren Tischen stapelten sich Dokumente, von Schriftrollen und Briefen angefangen bis hin zu Geschäftsbüchern. Ich erkannte Borgias Sekretäre, die alle drei sehr beschäftigt waren, und beobachtete, wie ständig Boten oder Kirchenleute ein und aus gingen und offensichtlich in wichtigen Geschäften unterwegs waren.
    Borgia selbst saß hinter einem der großen Tische aus Kastanienholz und Marmor. Als ich eintrat, sah er auf und lächelte.
    Dann erhob er sich, kam hinter seinem Pult hervor und begrüßte mich herzlich.
    »Donna Francesca! Wie schön, Euch zu sehen!«
    Alle Bewegung im Raum erstarrte. Die Sekretäre und
Schreiber saßen stocksteif da und starrten uns an. Genauer gesagt: Sie starrten mich an. Eine so unerhörte Höflichkeit gegenüber einer Frau, und das an einem Ort, an dem Frauen nichts galten, war ein mehr als willkommenes Futter für die Gerüchteküche. Und da Il Cardinale nie ohne Absicht handelte, wollte er genau das damit erreichen.
    Wie lange würde es dauern, bis sich herumgesprochen hatte, dass Francesca Giordano, die Tochter von Borgias Giftkundigem und dessen Nachfolgerin, den Kardinal in seinen Amtsräumen in der Kurie besucht hatte und überaus freundlich und respektvoll empfangen worden war?
    Dass die beiden sich überdies, wie es wirklich geschah, ein Stück weit von den anderen entfernten, um ungestört einige Worte zu wechseln?
    Dass sie den Eindruck erweckten, als ob es um wichtige Dinge ginge?
    »Was beabsichtigt Ihr denn?«, fragte ich, als wir uns in die Ecke seines Arbeitszimmers zurückgezogen hatten, wo wir für einige Augenblicke unbeobachtet waren. Ich wollte hören, was den Kardinal dazu bewogen hatte, unsere Unterhaltung zum öffentlichen Gespräch zu machen, doch Borgia verstand meine Frage vollkommen anders.
    Überrascht sah er mich an.
    »Papst werden, natürlich. Ich dachte, das sei Euch bekannt.«
    Bevor ich mich noch weiter blamierte, bemerkte ich, dass seine Augen funkelten. »Aber vorher müsst Ihr dafür sorgen, dass ich die Wahl auch erlebe«, fügte er mit ernster Stimme hinzu.

22
    Der griechische General Thukydides mahnt in seiner Geschichte des Peloponnesischen Kriegs , dass wir unseren Feind stets für mutig und stark

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