Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison
klar war.
Ich war bis über beide Ohren mit der Prüfung sämtlicher Vorräte und Gegenstände beschäftigt, die der Kardinal mit ins Konklave nehmen wollte, und musste gleichzeitig die Sicherheit der beiden Haushalte Seiner Eminenz überwachen. Außerdem fragte ich mich, was Morozzi plante, ängstigte mich wegen der Ankunft des Großinquisitors, dachte
hin und wieder an Rocco und hätte gern gewusst, wann Cesare in Rom eintraf, was sicher geplant war …
Bevor mir das Durcheinander über den Kopf wuchs, wandte ich mich an Renaldo und bat ihn um Hilfe.
»Ich kann die Einladung nicht allein vorbereiten«, sagte ich, als ich ihn endlich in seiner Höhle aufgespürt hatte, wo er in letzter Zeit eher selten zu finden war.
Renaldo wurde feuerrot, zog den Kopf ein und starrte an die Decke, als ob ich überhaupt nicht da wäre.
»Damit habe ich nichts zu tun.«
»Alles, was in diesem Haus passiert, hat mit Euch zu tun! Ihr seid schließlich der Verwalter.«
»Die Sache ist doch eher eine politische Angelegenheit«, versuchte Renaldo schwach einzuwenden. Aus seiner Miene konnte ich allerdings ablesen, dass er mir liebend gern den Gefallen täte, wenn ihm nur nicht seine Bedenken und Ängste im Weg stünden.
»Irgendjemand könnte versuchen, Borgia zu ermorden«, sagte ich. »Könnt Ihr Euch die Folgen vorstellen?«
Ich persönlich konnte das nicht. Dazu waren sie zu weitreichend. Aber offensichtlich war Renaldos Vorstellungskraft viel ausgeprägter als meine. Er wurde blass, aber im nächsten Augenblick nickte er eifrig.
»Ich werde alles tun, was ich kann. Natürlich.«
Fürs Erste übertrug ich ihm die Aufsicht über die Lieferung der Vorräte und Weine, die in großen Mengen bestellt waren. »Ich werde später alles in Augenschein nehmen«, versprach ich, »aber es ist lebensnotwendig, dass mir nicht das Geringste entgeht.«
Er versicherte, dass ich mich auf ihn verlassen könne,
worauf ich davoneilte, um die Verwandlung des Innenhofs in den Raum eines maurischen Palasts zu überwachen. Wie viele seiner spanischen Landsleute hatte Borgia eine große Vorliebe für diesen Stil, den die ungläubigen Eroberer einst ins Land gebracht und kultiviert hatten, bevor sie kürzlich der reconquista Ihrer Katholischen Majestäten weichen mussten. Wenn es nach Borgia gegangen wäre, so hätte er am liebsten vier Frauen gehabt und eine größere Auswahl an Geliebten. Doch nun musste er sich wohl mit einer Nacht im maurischen Zelt bescheiden.
Eine ganz besondere Nacht. Dem Wohlbehagen der Gäste waren keine Grenzen gesetzt. Natürlich durfte man sich aus gegebenem Anlass nur auf heimlich vereinbarte Treffen einlassen. Dasselbe galt für die Akrobaten, Jongleure, Musikanten und Schwertschlucker, die für diesen Abend engagiert waren. Darum musste ich mir allerdings keine großen Gedanken machen.
Natürlich gehörte es zu meinen Pflichten, alle Darsteller auf Herz und Nieren zu prüfen, was angesichts der Kürze der Zeit ein hoffnungsloses Unterfangen gewesen wäre, hätte sich nicht der maestro dei maestri für seine Leute verbürgt. Er war der beliebteste Impresario der römischen Gesellschaft, der auch noch heute die aufregendsten Feste arrangieren würde, hätte er nicht vor ein paar Jahren wegen einer fragwürdigen Affäre mit einem hübschen Jungen die Stadt verlassen müssen.
Ich fand Petrocchio, wie er sich augenblicklich nannte, im Innenhof, wo er den Aufbau des großen Zelts überwachte, das mit luxuriösen Teppichen und wunderschön geschnitzten Tischen und Bänken samt üppiger Kissen für
die bedeutenden Hinterteile ausgestattet wurde. Diener schwenkten Räuchergefäße, um die Luft zu parfümieren und die Mücken zu vertreiben, Musiker probten die ersten Töne, und Akrobaten übten auf den benachbarten Grasflächen ihren Überschlag. Alles in allem herrschte eine hektische, erwartungsvolle Stimmung.
Petrocchio war ein großer, etwas untersetzter Mann mit dem Benehmen eines goloso , der das Essen über alles liebte und die Sprache der Hafenarbeiter pflegte. Er fluchte nach allen Regeln der Kunst, während seine Männer sich mit dem Aufbau abmühten, und seine Worte waren so bunt, dass ich einen Moment voller Bewunderung innehielt. Als er jedoch in allen Einzelheiten beschrieb, wie die Mütter seiner Männer mit Affen kopulierten, trat ich dazwischen.
»Offenbar geht die Arbeit gut voran«, sagte ich.
»Dabei sind das alles Idioten! Keiner macht auch nur den Finger krumm, ohne …« Er brach ab, als er mit
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