Die Tochter des Goldsuchers
Gefühl, willkommen zu sein.
»Ma’am!«
Sarah drehte sich um und sah Lucius, den Hut in der Hand. Neben ihm hüpfte der kleine Junge auf und ab und freute sich auf seinen Penny. Kaum hielt er ihn in der Hand, rannte er zu den Bonbongläsern und feilschte um den Preis.
»Mister …«
»Einfach Lucius, Ma’am.«
»Lucius, wie ich hörte, könnten Sie sich vielleicht überreden lassen, mir meine Vorräte nach Hause zu fahren und dann den Wagen und das Gespann zum Leihstall zurückzubringen.«
Er überlegte. »Nun ja, möglicherweise könnte ich das.«
»Ich wäre natürlich bereit, Ihnen einen Dollar für Ihre Mühe zu zahlen.«
Lucius zeigte ein paar gelbliche Zähne und mehrere Zahnlücken. »Freut mich, Ihnen behilflich zu sein, Miss Conway.«
»Sie könnten vielleicht schon mal anfangen, meine Vorräte aufzuladen.« Damit überließ sie ihn sich selbst und wandte sich wieder an Liza.
»Hätten Sie wohl noch etwas Tee? Und auch ein paar frische Eier kämen mir sehr gelegen.«
»Viel Tee wird hier nicht verlangt, aber hinten habe ich noch welchen.« Als Liza die Tür zum Lager öffnete, tollten drei dickbäuchige Hundewelpen heraus. »John Cody, du kleines Monster, ich habe dir doch gesagt, die Hunde sollen draußen bleiben!«
Lachend hockte sich Sarah nieder, um die Tierchen zu streicheln. »Ach, sind die süß!«
»Einer vielleicht«, murrte Liza. Wie gewöhnlich war ihr kleiner Bruder nirgends zu sehen, wenn man ihn brauchte. »Drei sind einfach zu viel. Erst letzte Nacht haben sie einen Sack Mehl zerfetzt. Wenn Vater dahinterkommt, kann Johnny aber was erleben.«
Eine braune Promenadenmischung mit einem ringförmigen schwarzen Fleck um das linke Auge sprang Sarah in den Schoß. Damit eroberte der Kleine ihr Herz im Sturm. »Du bist mir ein kleiner Charmeur«, sagte sie, als er ihr das Gesicht ableckte.
»Schwerenöter wäre wohl zutreffender.«
»Wollen Sie einen verkaufen?«
»Verkaufen?« Liza streckte sich, um die Tüte Tee von einem der oberen Regale herunterzuangeln. »Vater würde noch was drauflegen, wenn Sie ihm einen abnähmen.«
»Wirklich?« Das braune Hündchen im Arm, stand Sarah auf. »Ich würde mich glücklich schätzen, ihn mitnehmen zu dürfen. Ein wenig Gesellschaft käme mir dort draußen wirklich nicht ungelegen.«
»Sie können ihn haben, wenn Sie wollen.« Liza lachte, weil der Welpe Sarah schon wieder das Gesicht abschleckte. »Er scheint tatsächlich äußerst angetan von Ihnen zu sein.«
»Ich werde gut für ihn sorgen.« Das Hündchen auf dem Arm, holte Sarah mit der anderen Hand das Geld aus der Börse, um ihre Rechnung zu bezahlen. »Vielen Dank für alles.«
Liza zählte die Münzen nach, bevor sie sie in der Kasse verstaute und Sarahs Wechselgeld herausnahm. Vater wird sich freuen, dachte sie. Nicht nur wegen des Welpen, sondern weil Miss Conway bar bezahlte. Liza selbst freute sich, weil Sarah jung und hübsch war und bestimmt alles über die neueste Mode wusste.
»War nett, Sie kennenzulernen, Miss Conway«, sagte Liza und begleitete Sarah zur Tür. »Vielleicht besuche ich Sie mal, wenn Sie nichts dagegen haben.«
»Das wäre nett. Sie sind natürlich jederzeit willkommen.«
Unvermittelt hob Liza eine Hand und fuhr sich rasch ordnend durchs Haar. »Guten Morgen, Mr Carlson.«
»Liza, so hübsch wie eh und je.« Die junge Frau wurde rot und sichtlich nervös, obwohl Mr Carlsons Blick auf Sarah ruhte.
»Samuel Carlson, das ist Sarah Conway.«
»Sehr erfreut.« Das Lächeln ließ sein blasses, markantes Gesicht noch attraktiver erscheinen. Als er zuvorkommend Sarahs Hand an seine Lippen führte, war sie doppelt froh, in die Stadt gekommen zu sein.
Offenbar gab es in Lone Bluff doch den einen oder anderen Gentleman. Samuel Carlson war schlank und trug einen schwarzen Reitfrack über einem makellos weißen Hemd. Sein sorgsam gestutzter Schnurrbart war von demselben satten Braun wie sein gepflegtes Kopfhaar. Wie sich das für einen Gentleman gehörte, hatte er bei der Begrüßung schwungvoll den Hut abgenommen. Einen sehr eleganten Hut, wie Sarah fand, schwarz wie sein Frack, mit einer Silberkette anstelle eines Hutbands.
»Mein tief empfundenes Beileid zu Ihrem Verlust, Miss Conway. Ihr Vater war ein feiner Mensch und uns allen ein guter Freund.«
»Danke. Es ist mir ein Trost zu erfahren, dass er solche Achtung genoss.«
Die Tochter stellt gewiss eine hübsche Bereicherung für ein Nest wie Lone Bluff dar, dachte Carlson. »Man sagt, dass Sie
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