Die Tochter des Goldsuchers
Gewehr absetzte.
Sie schluckte. Der Klang der Schüsse hallte immer noch wider. »Das ist mir klar, Mr Redman. Ich habe nicht die Absicht, irgendjemand zu erschießen.«
»Kaum jemand rechnet damit, wenn er morgens aufsteht.« Er ging wieder zu dem Steinhaufen und stellte diesmal ein größeres Holzstück auf. »Wenn Sie nicht vorhaben, in nächster Zeit wieder nach Philadelphia abzuschwirren, sollten Sie besser lernen, damit umzugehen.«
»Ich schwirre nirgendwohin.«
Jake nickte, leerte das Gewehr und reichte ihr die Munition. »Laden Sie.«
Die kalten, glatten Kugeln in ihrer Hand zu spüren, war ihr unangenehm. Sie fragte sich, wie ein Mensch auf einen anderen schießen konnte. Es war ihr unbegreiflich.
»Wollen Sie damit spielen?«
Weil er sie beobachtete, verzog sie keine Miene und folgte seiner Aufforderung.
Er schob den Gewehrlauf aus seiner Bauchgegend weg. »Sie lernen schnell.«
»Das ist mir nichts Neues«, erwiderte sie spitz.
Außerstande, der Versuchung zu widerstehen, strich er ihr das Haar aus dem Gesicht. »Werden Sie nicht übermütig.« Er trat hinter sie, legte das Gewehr in ihre Hände und zeigte ihr, wie sie die Arme halten musste.
Sie wünschte, er würde nicht so dicht neben ihr stehen. Jake hatte sie fest am Arm und an der Schulter gefasst. Kaum die Berührungen eines Liebhabers, und doch reagierte ihr Körper, wie er auf das gelegentliche zarte Händchenhalten in Philadelphia nie reagiert hatte. Sie bräuchte sich nur ein wenig zurückzulehnen, um in Jakes Armen zu liegen.
Nicht, dass sie es sich gewünscht hätte. Sie bewegte sich etwas und murrte, als er sie wieder zurechtrückte.
»Nicht so steif«, mahnte er Sarah. »Sie würden sich die Schulter brechen, wenn Sie in dieser Haltung schießen. Locker lassen. Sehen Sie das Korn?«
»Das kleine Ding, das da in die Höhe steht?«
Jake verdrehte die Augen. »Ja, das kleine Ding, das in die Höhe steht. Benutzen Sie es, um das Ziel anzupeilen. Den Kolben mehr nach oben.« Er beugte sich nach vorn.
Sarah presste die Lippen zusammen, als seine Wange ihre streifte.
»Ruhig«, sagte er und widerstand der Versuchung, sein Gesicht in ihr Haar zu drücken. »Legen Sie den Zeigefinger um den Abzug. Ziehen Sie langsam und gleichmäßig durch, nicht ruckartig.«
Sarah schloss die Augen und gehorchte. Der Rückstoß hätte sie zu Boden geworfen, wenn Jake nicht dagestanden und sie aufgefangen hätte. Sie schrie, weil sie einen Moment lang dachte, sie hätte sich selbst getroffen.
»Daneben.«
Schwer atmend drehte sich Sarah um. Jake, immer auf der Hut, nahm ihr vorsichtshalber das Gewehr aus der Hand. »Sie hätten mich warnen können«, warf sie ihm vor und rieb sich die schmerzende Schulter.
»Es ist immer besser, solche Erfahrungen selbst zu machen. Versuchen Sie es noch einmal.«
Sarah nahm die Waffe und ging wieder in Stellung.
»Diesmal benutzen Sie Ihren Arm statt der Schulter, um das Gewehr auszubalancieren. Drehen Sie sich ein bisschen einwärts.«
»Mir klingen die Ohren.«
»Daran gewöhnt man sich.« Er stützte sie an der Taille. »Besser, wenn Sie die Augen offen lassen. Halten Sie tiefer. Gut. Jetzt drücken Sie ab.«
Diesmal war sie auf den Rückstoß vorbereitet und schwankte nur ein wenig. Jake ließ die Hand an ihrer Taille und sah über ihren Kopf hinweg. »Sie haben eine Ecke getroffen.«
»Wirklich?« Sie schaute selbst hin. »Tatsächlich!« Lachend drehte sie sich um. »Ich will es noch einmal versuchen!« Sie hob das Gewehr und beschwerte sich nicht, als Jake den Lauf eine Handbreit nach rechts schob. Diesmal betätigte sie mit offenen Augen den Abzug. Sie stieß einen Jubelschrei aus, nachdem das Holz in hohem Bogen weggeflogen war. »Getroffen!«
»Sieht so aus.«
»Ich habe wirklich getroffen!« Als er ihr das Gewehr abnahm, schüttelte sie ihr Haar zurück und lachte. »Mein Arm kribbelt.«
»Das geht vorüber.« Er war überrascht, dass er überhaupt sprechen konnte. Ihr Lachen schnürte ihm die Kehle zu. Er war kein Mann für schöne Worte, ja, er dachte sie nicht einmal, doch jetzt ging ihm durch den Kopf, dass sie im Sonnenschein wie ein Engel aussah mit ihrem weizenblonden Haar und den leuchtenden Augen. Er spürte ein Verlangen nach ihr, wie er es noch nie erlebt hatte.
»Das Problem ist, dass das meiste, worauf man schießt, nicht so still daliegt wie ein Stück Holz.«
Er muss mir auch jede Freude verderben, dachte Sarah und blickte ihm in die Augen. Sie wurde nicht klug aus ihm. Erst
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