Die Tochter des Goldsuchers
Knock-out erholen.
»Wie ich schon sagte, du lernst schnell, Sarah.« Seine Hand zitterte. Wütend schloss er sie zur Faust. Blitzschnell tauchte in seiner Fantasie ein Bild auf: Er riss Sarah zu Boden, warf sich auf sie und nahm sich, wonach ihm verlangte. Das Geräusch einer herannahenden Kutsche holte ihn rasch in die Wirklichkeit zurück. »Du bekommst Besuch.« Er reichte ihr das Gewehr und ging davon.
Was war gerade passiert? Verwirrt strich sich Sarah das Haar zurück. Er … er hatte sich ihr unziemlich genähert, ihr einen Kuss aufgezwungen, bis … ja … bis sie ihn willig erwiderte, sie den Wunsch verspürte, sich ihm hinzugeben.
Genau wie in jenem Traum. Nur war dies kein Traum, sagte sich Sarah und straffte die Schultern. Es war wirklich geschehen, und jetzt verließ er sie, als ginge ihn die ganze Sache nichts an.
»Mr Redman!«, rief sie ihm hinterher.
Langsam drehte er sich um, sah sie mit dem Gewehr in der Hand dastehen.
»Offenbar setzen Sie auch einiges aufs Spiel.« Sie neigte den Kopf zur Seite, eine Geste, die Herausforderung ebenso wie Verletztheit zeigte. »Das Gewehr ist immer noch geladen.«
»Stimmt.« Grüßend tippte er an die Hutkrempe. »Es drückt sich viel schwerer ab, wenn man auf ein Wesen aus Fleisch und Blut zielt, aber bitte schön. Auf diese Entfernung wirst du kaum danebenschießen.«
Wäre sie sich ihrer Schießkünste nur sicher gewesen! Sie hätte ihm nur allzu gern ein paar Kugeln zwischen die Füße gejagt, um dann zuzusehen, wie er tanzte. Trotzig reckte sie das Kinn vor. »Der Unterschied zwischen Ihnen und mir, Mr Redman, ist der, dass ich noch Anstand habe.«
»Das lässt sich nicht abstreiten.« Lässig trat er zu seinem Pferd. »Nenn mich in Zukunft Jake, ja?« Als er sich auf seinen Hengst schwang und davonreiten wollte, kam eine Kutsche auf den Hof gerumpelt.
»Sarah?« Die Hände an den Zügeln, warf Liza erst ihrer neuen Freundin, danach dem Mann im Sattel einen zögernden Blick zu. »Ich hoffe, es stört Sie nicht, dass wir herausgekommen sind.« Ein kleiner Junge sprang aus dem Einspänner und verfolgte sogleich das Hündchen, das im Kreis herumlief.
»Nicht im Geringsten. Ich bin entzückt.« Sarah beschattete ihre Augen mit der Hand, um Jake besser sehen zu können. »Mr Redman macht sich gerade auf den Weg.«
»Ein Paar schöne Revolver, die Sie da haben, Mister.« Der kleine John Cody legte eine Hand an den Hals von Jakes Apfelschimmel und spähte zu dem glatten hölzernen Knauf eines seiner 45er Colts hinauf, die er trug. John wusste, wer Jake Redman war. Die Geschichten, die man über ihn erzählte, kannte er, aber er war noch nie so nah an ihn herangekommen.
»Findest du?« Ohne sich um die beiden Frauen zu kümmern, drehte sich Jake im Sattel zu dem Jungen um. Nicht älter als zehn, schätzte Redman. Ein Knirps mit ehrfurchtsvollem Blick und einem Schmutzfleck auf der Wange.
»Ja. Ich glaube, wenn Sie ziehen, sind Sie der Schnellste in der Gegend, vielleicht in der ganzen Welt.«
»John!«, ermahnte Liza ihren Bruder. »Du solltest Mr Redman nicht belästigen.«
Amüsiert sah Jake sie kurz an. Dachte sie vielleicht, er würde den Knaben dafür erschießen, dass er ihn ansprach? »Macht nichts, Ma’am.« Redman blickte wieder auf John herab. »Du darfst nicht alles glauben, was die Leute sagen.«
»Meine Ma sagt, weil Sie den Leuten in der Kutsche geholfen haben, sind Sie vielleicht doch kein so schlechter Kerl.«
Diesmal mahnte Liza ihren Bruder, indem sie ihm mit gequälter Miene verzweifelt etwas zuflüsterte. Jake musste grinsen. Jetzt blickte er zu Sarah hinüber und sah, dass sie steif dastand, die Augenbrauen hochgezogen.
»Das ist aber mächtig nett von ihr.« Jake wandte sich an Sarah: »Miss Conway, ich werde dem Sheriff von Ihren Schwierigkeiten berichten. Ich nehme an, er wird dann zu Ihnen hinauskommen.«
»Danke, Mr Redman. Guten Tag.«
Er tippte zweimal an den Hut, um sich erst von Sarah, dann von Liza zu verabschieden. »Wir sehen uns wieder, Johnny.« Daraufhin machte Redman mit seinem Pferd in einem Halbkreis kehrt und ritt davon.
»Yessir!«, rief Johnny hinter ihm her. »Yessirrr!«
»John Cody!« Liza fasste sich endlich und stieg von der Kutsche. Der Junge zog nur eine Grimasse und rannte wieder hinter dem Welpen her, wobei er einen imaginären Revolver auf ihn abfeuerte. »Das ist mein Bruder.«
»Ja, das habe ich mir beinahe gedacht.«
Liza warf Johnny einen letzten missbilligenden Blick zu, ehe sie zu
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