Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)
wiederzusehen.« Er ging hinüber und schüttelte John Smallwood die Hand. »Welch eine Freude, Sie wiederzusehen, Sir.«
»Phillip.« Ihr Vater strahlte über das ganze Gesicht. »Du siehst gut aus!«
»Danke, Sir.« Phillip wandte sich Emma zu; ein Lächeln zauberte ein Grübchen in seine Wange, seine Augen leuchteten. »Und Miss Smallwood, lieblich wie immer. Wie geht es Ihnen, altes Mädchen?«
Emma verbiss sich eine Erwiderung auf diese Bezeichnung – immerhin war sie nur ein Jahr älter als er. »Sehr gut, Mr Weston. Danke.«
Phillip hob eine Braue. »Mr Weston? Aber, aber! Wir sind doch alte Freunde, oder? Sie müssen auf jeden Fall Phillip sagen, wie immer.«
Emma blickte zu Lady Weston hinüber, sagte aber nichts. Sie lächelte Phillip nur an und spürte, wie ihre Laune sich hob. Sein Anblick an diesem grauen Sonntag war, wie wenn der erste Krokus sein fröhliches Köpfchen durch den letzten Schnee steckte. Die warmherzige Begrüßung war ein willkommener Kontrast zu Lady Westons frostiger Aufnahme.
Julian und Rowan kamen ebenfalls herbei und schüttelten ihrem Bruder die Hand. Hinter ihnen wartete Lizzie, bis die Reihe an ihr war.
»Hallo.« Sie begrüßte Phillip fast schüchtern und knickste verlegen.
Anscheinend wirkte Lady Westons Gegenwart sogar auf Lizzies überschäumendes Wesen dämpfend. Emma konnte es ihr nachfühlen, war sie doch ebenfalls immer verkrampft, wenn die Frau in der Nähe war.
»Hallo, Lizzie«, antwortete Phillip mit der gleichen Zurückhaltung.
Emma betrachtete ihn. Er sah eigentlich noch genau so aus, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Schelmische blaue Augen. Ein breites Lächeln – mit dünner Oberlippe im Gegensatz zu der vollen Unterlippe. Seine Schultern waren breiter geworden, er war gewachsen und inzwischen einige Zentimeter größer als sie. Sein braunes Haar wirkte einen Ton dunkler, sein Gesicht ein wenig runder; durch das viele Sitzen und Lernen hatte er wahrscheinlich zugenommen. In seinen Augenwinkeln und auf seiner Stirn waren Fältchen zu sehen, für die er eigentlich noch viel zu jung war. Waren es Lachfalten oder die Folgen von Ärger oder Müdigkeit? Sie überlegte, ob er die Universität vielleicht anstrengend fand. Früher war ihm das Lernen auf jeden Fall schwerer gefallen als Henry.
»Was macht das Studium?«, fragte ihr Vater. »Für welches Fach hast du dich entschieden?«
Phillip verzog das Gesicht. »Ich höre Vorlesungen in Jura, aber offen gestanden finde ich es schrecklich trocken. Ich habe ganz dringend einen Heimatbesuch gebraucht.«
Lady Weston fragte: »Aber wirft dich das nicht in deinem Studium zurück?«
Phillip zuckte die Achseln, anscheinend völlig sorglos. »Nicht sehr.«
Henry Weston kam die Treppe hinuntergelaufen, den Hauch eines Lächelns in den Mundwinkeln. »Phillip! Du warst also der Grund für die Unruhe, die mir zu Ohren kam!«
»Hallo, Henry.« Die Brüder schüttelten sich die Hand. »Danke für deinen Brief.«
»Ich dachte, du solltest es wissen.«
Lady Westons Brauen hoben sich. »Was wissen?«
Die Brüder wechselten einen Blick, dann strahlte Phillip erneut Emma an. »Dass die Smallwoods uns mit ihrer Gegenwart beehren, natürlich.«
Seine Stiefmutter wirkte nicht überzeugt, fiel Emma auf. Sie selbst fragte sich ebenfalls, ob Henry Phillip vielleicht aus einem ganz anderen Grund geschrieben hatte.
Sir Giles trat vor. »Jetzt komm aber rein, mein Junge. Komm! Du musst doch müde sein von der Reise.« Er bezahlte den Fahrer und scheuchte alle ins Haus.
In der Halle schob Lady Weston sich zwischen Phillip und Emma. »Familie geht vor, Miss Smallwood; das verstehen Sie doch sicher.« Damit nahm sie seinen Arm und führte ihn ins Wohnzimmer.
Phillip warf ihr noch einen Blick über die Schulter zu und lächelte sie entschuldigend an. Während die Tür sich schloss, formte er mit den Lippen lautlos die Worte: » Bis später .«
Ein kleiner Glücksmoment für Emma in Cornwall.
Am Abend im Speisezimmer beobachtete Henry, wie Phillip seinen Blick über den mit Kerzen erhellten Esstisch schweifen ließ. Die Sitzordnung war folgende: am Kopfende sein Vater, zu seiner Seite er selbst und Phillip, am unteren Ende des Tisches Lady Weston mit ihren Söhnen und Lizzie. Zwischen diesen beiden Parteien standen einige leere Stühle.
»Wo nehmen die Smallwoods ihre Mahlzeiten ein?«, fragte Phillip.
»Mit Mr Davies zusammen«, antwortete Lady Weston und fügte hinzu: »Wie es ihrer Stellung zukommt.«
Phillip runzelte
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