Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Titel: Die Tochter des Hauslehrers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
Vom Netzwerk:
könnte«, begann Rowan. »Nicht einmal so gut wie …«
    »Nichts da, Rowan«, unterbrach ihn Henry. »Miss Smallwood wirft nicht mit Komplimenten um sich; wenn sie sagt, ein Bild ist gut, dann ist es gut.«
    Die Brüder wechselten einen Blick; da war etwas zwischen ihnen, das Emma nicht einordnen konnte. Henry wandte sich an sie: »Sie haben ein gutes Auge, Miss Smallwood.«
    »Äh … danke«, murmelte Emma, verblüfft durch Henry Westons Lob. »Waren Sie hier, als der Schiffbruch passierte?«
    Henry blickte wieder auf das Bild, in seinen Augen stand plötzlich Wut. »Leider nicht.« Er fasste sich wieder. »Arme Seelen.«
    Ein Moment des nur vom Wind untermalten Schweigens folgte.
    Henry holte tief Luft und straffte sich. »Ich gehe jetzt, ich will die Wasserpegel prüfen und kurz in die Kapelle reinschauen.« Er tipptesich an den Hutrand, wandte das Gesicht in Windrichtung und ging davon.
    Emma blickte ihm nach. Sie war erleichtert, dass er nicht gefragt hatte, ob sie ihn wieder begleiten wollte, denn sie hätte Bedenken gehabt.
    Lizzie nahm ihren Arm. »Überlassen wir Rowan seinem Bild, ja? Sie haben mir einen Spaziergang versprochen und ich sehne mich danach, meine Beine zu gebrauchen.«
    Emma, die noch immer dem sich entfernenden Henry nachblickte, riss sich zusammen. »Natürlich.«
    Sie verabschiedeten sich von Rowan und setzten ihren Weg auf dem Küstenpfad fort.
    Doch Emmas Gedanken waren noch immer bei Henry Weston. »Ich finde es interessant, dass Mr Weston sich so stark von der verlassenen Kapelle angezogen fühlt, wo er doch nie in die Kirche geht.«
    »Oh doch, das tut er«, sagte Lizzie und sah sie befremdet an. »Er geht normalerweise zusammen mit der Familie morgens und dann noch einmal zum Abendgottesdienst in die wesleyanische Kapelle in Stratton.«
    Emma war erstaunt. »Wirklich?«
    Lizzies verwirrter Blick klärte sich auf. »Ach so! Er ist nicht mitgegangen, seit Sie hier sind. Vor zwei Wochen, glaube ich, war ein Wanderprediger in unserer Gegend und hielt eine besonders frühe Versammlung ab, die Henry nicht verpassen wollte, deshalb ging er dorthin statt nach St. Andrew's. Wo er letzten Sonntag war, weiß ich auch nicht. Wieder in Familienangelegenheiten unterwegs, nehme ich an.«
    Emma wurde klar, dass sie einfach angenommen hatte, dass Henry Weston ein Ungläubiger sei, obwohl er in der Kapelle von Gott gesprochen hatte. Schuldgefühle plagten sie, deshalb fragte sie: »Hat seine Familie denn nichts dagegen?«
    »Lady Weston billigt es nicht, dass er den Gottesdienst Andersgläubiger besucht, aber wann waren die beiden sich je einig?«
    »Und Sir Giles?«
    Lizzie zuckte die Achseln. »Er hat nie etwas gesagt. Ich glaube, er ist erleichtert, dass Henry trotzdem immer noch gemeinsam mit der Familie nach St. Andrew's geht.«
    »Ich verstehe …« Emma musste die neue Information erst einmal verdauen.
    Sie gingen noch ein paar Minuten, lauschten auf den Wind, die Brandung und die Möwen.
    Dann fragte Lizzie: »Haben Sie gehört, dass wir Besuch bekommen, Miss Smallwood?«
    »Ach?«
    Lizzie nickte. »Mrs und Miss Penberthy.« Sie fing an, Lady Westons affektierte Stimme nachzuahmen: »Die liebste Freundin und ihre höchst heiratswürdige Tochter.« Und sie fügte fast niedergeschlagen hinzu: »Wir werden sogar einen Tanzabend ihr zu Ehren veranstalten.«
    Lizzies verdrießlicher Ton überraschte Emma, wenn man bedachte, wie wenig Unterhaltung das Leben auf Ebbington Manor für die junge Frau bot.
    »Eigentlich solltest du dich darauf freuen«, sagte sie freundlich.
    Lizzie runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Sehr unwahrscheinlich.«
    »Warum denn? Was ist denn los?«
    »Ach, Emma! Darf ich dich Emma nennen?«
    »Ja, wenn du möchtest.«
    »Ich mache mir solche Sorgen und habe niemanden, mit dem ich darüber reden kann. Darf ich dir mein beunruhigendes Geheimnis verraten?«
    Emma zögerte; sie wollte sich nicht in eine schiefe Lage zwischen dem Mündel und ihren Gastgebern bringen.
    Lizzie, die ihr Zögern bemerkte, sagte: »Ich werde keinen Namen nennen, das macht es dir leichter. Dann kannst du, wenn du gefragt wirst, wahrheitsgemäß sagen, dass du nichts weißt. Bitte, Emma. Ich muss es jemandem sagen, sonst platze ich. Ich kann nicht essen und ich kann nicht mehr schlafen vor Kummer.«
    Plötzlich fiel Emma ein Vers ein, den sie als Kind gehört hatte: »Überlasst all eure Sorgen Gott, denn er sorgt sich um all eure Belange.« Doch sie sprach die Worte nicht laut aus. Seit dem

Weitere Kostenlose Bücher