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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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Allegra?«
    »Nun kommen wir der Sache näher.« Sie grinste spöttisch. »Zuerst will ich, dass du dein Bett fortan allein mit mir teilst. Sobald du dein Ziel erreicht und deinen Platz auf dem Heiligen Stuhl eingenommen hast, will ich zudem einen eigenen Palazzo mit Dienerschaft und eine ausreichende Apanage. Sagen wir einhunderttausend Scudi im Jahr. Das sollte dir die Stellvertreterschaft Christi und meine ewige Liebe wert sein.«
    Die Arme verschränkt, blickte Carafa zu Boden. »Wer sagt mir, dass du dein Versprechen halten wirst?«
    »Ich liebe dich, Callisto«, antwortete sie. »Trotz all deiner Abscheulichkeiten liebe ich dich von ganzem Herzen. Meine Liebe soll deine Gewähr sein.«
    Nachdenklich ging Carafa im Zimmer auf und ab. Schließlich blieb er stehen. Aus hasserfüllten Augen schaute er Allegra an. »Hast du wirklich geglaubt, du könntest mich erpressen, Allegra?«
    Sein kalter Blick und seine kämpferische Haltung ließen Allegra zurücktaumeln. »Was hast du vor, Callisto? Willst du mich ermorden?«
    Er schüttelte den Kopf. »Mitnichten«, sagte er. »Du warst mir stets eine treue Gefährtin, und ich bin durchaus geneigt, dies anzuerkennen. Doch kann ich dir nicht gestatten, mich mit deinem Wissen unter Druck zu setzen. Ich muss dich bestrafen, und für Huren gibt es nur eine Strafe.«
    Allegra schrie auf. Sie war leichenblass. »Nicht die Sfregia! Callisto, das kannst du nicht tun!«
    Ungerührt erwiderte Carafa: »Ich verstoße dich aus meinem Haus. Meine Diener vollziehen die Strafe noch heute Nacht an dir. Zeit deines Lebens wird kein Mann mehr Gefallen an dir finden, denn sie werden dir ansehen, dass du eine bestrafte Hure bist. Die dunkelsten Ecken in den dreckigsten Gassen sollen von nun an deine Heimstatt sein.« Er winkte seine Diener herbei.
    »Nein!«, brüllte Allegra voller Pein. »Ich bitte dich inständig, tu das nicht!«
    Die Diener packten sie und schleiften sie fort.
    »Solltest du dennoch versuchen, mich zu verraten«, rief Carafa ihr hinterher, »spüre ich dich auf. Die Strafe, die du dann zu erwarten hast, wird noch viel fürchterlicher sein.«
    Mit gnadenloser Härte zerrten die Diener die schreiende und um sich tretende Allegra mit sich. Sie brachten sie über die Treppe ins Erdgeschoss und durch eine kleine Tür noch weiter hinunter ins Kellergewölbe. Hier banden sie Allegra mit Stricken auf einem Stuhl fest. Ihre Gegenwehr erstarb jäh, als die Schnüre festgezogen wurden.
    Einer der Männer verschwand und kam kurz darauf mit einem Messer zurück. Allegra schrie panisch auf, als sie die Klinge erblickte. Weinend bettelte und flehte sie die Diener an, sie gehen zu lassen. Aber ihre Beschwörungen fanden in den Ohren der Diener keinen Widerhall.
    Ein Diener stellte sich hinter Allegra und hielt mit beiden Händen ihren Kopf fest. Der andere führte die Klinge. Als die Klinge in die Haut ihrer Stirn schnitt, brüllte sie vor Schmerzen. Blut tropfte in ihre Augen und nahm ihr die Sicht. Dann schnitt der Diener von ihrer Schläfe über die Wange bis zum Kinn. Auf der anderen Seite verfuhr er ebenso. Der nächste Schnitt verlief von einer Seite des Gesichts über die Nase auf die andere Seite. Allegras Schreie erstarben in dem Blutstrom, der in ihren Mund lief. Der Diener setzte noch weitere Schnitte kreuz und quer in ihrem Gesicht.
    Schließlich löste sich der Griff um ihren Kopf und die Diener befreiten sie von den Fesseln. Der Ohnmacht nah, sank Allegra vom Stuhl. Ihr Kleid, ihre Arme und ihre Hände, der Boden – alles war rot von ihrem Blut. Einer der Diener zog sie auf die Beine, während der andere ihr ein Tuch gab, das sie auf ihre klaffenden Wunden presste.
    Wortlos führten die Diener Allegra nach oben und stießen sie hinaus auf die Straße. Wimmernd und stöhnend lief Allegra in den Schutz der Dunkelheit hinein.
    Seit sechs Tagen saß Giulia nun in dem feuchtkalten Verlies im Bauch der Engelsburg. Vor drei Tagen war Capitano Geller kurz bei ihr erschienen, um ihr Beistand zu gewähren. Er berichtete, dass Kardinal Carafa keiner Seele gestattete, sie zu sehen. Selbst er als Hauptmann der Garde unterlag der Anordnung. Aber er hatte ihr versprochen, sie zu besuchen, wann immer es möglich wäre. Seitdem wartete sie.
    Die Zeit verging quälend langsam. Die einzige Abwechslung in ihrem Dasein war die Wache, die morgens Wasser und Brot durch einen Spalt in der Kerkertür schob. Doch wenn sie den Kerkermeister ansprach, erhielt sie keine Antwort. Sie wusste nicht

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