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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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Tablett auf eine freie Ecke und goss Wasser in den mit Ornamenten verzierten Becher. Der Heilige Vater nahm keinerlei Notiz von ihr. Was sollte sie jetzt tun? Sie entschied sich dafür, still in den Hintergrund zu treten und zu warten, bis irgendwer ihr eine Aufgabe übertrug.
    »Gazetti«, sagte der Papst. Seine Stimme war dunkel und kraftvoll. »Erzählt Uns, wie der Tag verlaufen wird.«
    »Sehr wohl, Euer Heiligkeit«, sagte Gazetti und schlug eine Mappe auf. »Um elf Uhr hat der Stadtpräfekt um eine Audienz bei Seiner Heiligkeit ersucht. Er möchte mit Euch über den Unrat in den Straßen sprechen. Die Stadt stinke zum Himmel. Das waren seine Worte.«
    »Der Präfekt sollte sich besser darum kümmern, die Wasserleitungen im oberen Teil Roms wiederherzustellen«, brummte der Papst. »Unser Befehl hierzu erging vor vier Jahren! Die Menschen leiden mehr an Durst denn an stinkendem Unrat. Weiter, Gazetti.«
    »Um zwölf Uhr erwarten Euer Heiligkeit den Baumeister Fontana«, fuhr Gazetti unbeirrt fort. »Er benötigt mehr Geld für die Anlage der von Euch geforderten Straßen.«
    »Der architetto generale hat schon genug Geld verpulvert«, gab Sixtus zurück. »Unsere Order, für die Pilger lange und gerade Straßen zu den sieben Hauptkirchen Roms zu bauen, hieß nicht, diese aus purem Gold zu errichten. Weiter.«
    »Anschließend ist es für Euer Heiligkeit Zeit, das Mittagsmahl einzunehmen«, sagte Gazetti.
    Sixtus knurrte: »Das ist die erste gute Nachricht des Tages.«
    »Nach dem Mahl erscheinen …« Gazetti zögerte.
    »Wer?«, fragte Sixtus.
    »Nun, Euer Heiligkeit …«, druckste Gazetti herum.
    »Heraus mit der Sprache!«, forderte der Papst.
    »Die Botschafter Seiner Königlichen Majestät Philipp von Spanien«, sagte Gazetti. »Don Olivares und Don Sessa.«
    Sixtus spie auf den Marmorboden. »Olivares und Sessa?«, echote er. »Diese beiden Tagediebe haben Uns fünf Jahre Unseres von Gott gegebenen Lebens gekostet. Womöglich gar mehr! Obwohl der teuflische Heinrich III. von Frankreich tot ist, unterstützen Wir noch immer die Ligue. Was wollen diese vermaledeiten Spanier noch von Uns?«
    »Ihnen ist nicht entgangen«, sagte Gazetti, »dass Euer Heiligkeit Verhandlungen mit den Anhängern Heinrichs IV. aufgenommen haben.«
    »Was schert das schon Philipp und seine spanischen Halsabschneider!«, schimpfte Sixtus.
    »Darf ich Euer Heiligkeit daran erinnern, dass Heinrich Hugenotte ist«, sagte Gazetti. »Die Angst der Spanier vor einem protestantischen Frankreich ist seit dem Verlust der Armada umso größer. Sie erwarten von Euch, dass Ihr der Ligue stärkere Unterstützung gewährt.«
    Der Papst lachte auf. »Wir haben Heinrich auf Wunsch der Spanier exkommuniziert. Wie töricht diese Spanier doch sind. Was schert es einen Hugenotten, ob er exkommuniziert ist oder nicht?« Er lachte weiter.
    »Die Spanier sind die mächtigsten Verbündeten des Kirchenstaates und die treuesten Katholiken«, gab Gazetti zu bedenken. »Ohne sie und die Portugiesen gäbe es keine Missionierung der Wilden in der Neuen Welt.«
    Sixtus winkte ab. »Heinrich wird zum wahren Glauben zurückfinden. Da hegen Wir nicht den geringsten Zweifel. Und dann, Gazetti, wird er ein nicht minder mächtiger Verbündeter sein.«
    Statt einer Antwort verneigte sich Gazetti.
    Sixtus griff nach dem Becher und sah, dass er leer war. Unverzüglich eilte Giulia mit der Karaffe herbei. Während sie einschenkte, legte er seine kräftige braun gebrannte Hand auf ihren Unterarm und sah ihr in die Augen. »Wer bist du, hübsches Kind?«
    »Das ist Schwester Giulia aus dem Kloster Santa Annunziata«, beeilte Gazetti sich zu sagen.
    Ohne den Blick von Giulia zu wenden, sagte Sixtus: »Wir sind Uns gewiss, dass das Mädchen einen eigenen Mund hat, den es zu nutzen weiß.«
    Giulias Kehle wurde trocken. Sie war nicht darauf vorbereitet gewesen, dass der Heilige Vater das Wort an sie richtete. »Wie der Monsignore bereits sagte«, flüsterte sie, »lautet mein Name Giulia, Euer Heiligkeit.«
    »Dieses Kloster«, sagte Sixtus.
    »Santa Annunziata«, warf Gazetti ein.
    »Wo liegt es?«
    »Unweit von Giulianova, Euer Heiligkeit«, antwortete Giulia.
    Erst jetzt ließ der Papst Giulias Arm los, um freudig in die Hände zu klatschen. »Wir stammen aus Grottammare!«, rief er aus. »Kennst du die Höhlen bei Acquaviva? Dort haben Wir als Kind Schweine gehütet und Holz geschlagen. Eine schöne Zeit.« Er lächelte gedankenversunken.
    Auch Giulia lächelte. »Ja, die

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