Die Tochter des Kardinals
Mann in goldenem Harnisch und mit einem goldenen Helm auf dem Haupt. In der einen Hand trug er eine Pistole, in der anderen einen Degen. Er eilte zum Heiligen Vater und fragte nach dessen Befinden. Der Papst nickte nur. Dann ging der Gardist zu Giulia. »Capitano Francesco Geller«, stellte er sich mit einer leichten Verbeugung vor. »Befehlshaber der Schweizergarde.«
Giulia strahlte ihn an. Ihre Todesangst war beinahe vergessen. Geller hatte lockiges dunkles Haar, eine schmale, leicht nach oben geschwungene Nase und ein kräftiges Kinn. Der glänzende Harnisch unterstrich seine breiten Schultern. »Ich bin Schwester Giulia«, sagte sie. »Kammerzofe Seiner Heiligkeit.«
»Haben Euch diese Mordbuben ein Haar gekrümmt, Schwester?«, fragte er mit Blick auf die toten Attentäter.
»Nein.«
Geller lächelte breit. »Ihr Glück«, sagte er. »Sonst hätte ich ihnen noch im Tode den Hals umgedreht.«
Giulia spürte, wie sich ihre Wangen röteten. Sie sah, dass Gazetti von zwei Gardisten hinausgeführt wurde. »Wie geht es dem Monsignore?«, fragte sie aus echter Sorge, aber auch, um ihre Verlegenheit zu überspielen.
»Nur eine Stichwunde«, antwortete Geller. »Sie muss genäht werden, aber in einigen Tagen geht es ihm gewiss besser.«
Just in diesem Augenblick erscholl eine dröhnende dunkle Stimme, die Giulia bekannt vorkam. Sie wandte sich um und sah Kardinal Carafa hereinstürmen. Ein alter, gebeugter Mann, in dem Giulia einen Medicus vermutete, eilte hinter ihm her. Der Alte kümmerte sich sogleich um den Papst, während Carafa wutschnaubend auf Geller zulief.
»Euer Eminenz«, sagte Geller und verbeugte sich.
»Was ist hier geschehen?« Carafas Gesicht war puterrot, die Augäpfel traten hervor.
»Diese beiden Männer haben versucht, Seine Heiligkeit zu ermorden«, berichtete Geller. »Meine Gardisten haben das Schlimmste verhindert.«
»Eure Gardisten, Capitano«, zeterte Carafa, »haben den Mördern ungehindert Zutritt verschafft! Könnt Ihr mir das erklären?«
»Die Männer verfügten über ordentliche Papiere«, erklärte Geller. »Man hat sie mehrmals überprüft.«
»Wo sind diese Papiere?«
Geller rief einen Gardisten heran, der ihm die sichergestellten Dokumente übergab. Er reichte sie an Carafa weiter.
»Diese Passierscheine weisen die Attentäter als die spanischen Botschafter Olivares und Sessa aus und sind von Euch persönlich unterzeichnet«, sagte Carafa. »Euren Gardisten sollte bekannt sein, dass Olivares und Sessa kleine, fette Männer sind. So wie alle Spanier. Sagt mir, Capitano, ob diese beiden hier klein und fettleibig sind?«
»Nein, Euer Eminenz«, sagte Geller. »Und gewiss habe ich die Passierscheine nicht ausgestellt. Allerdings …«
Carafa hob die Hand. »Spart Euch und mir die Ausreden.« Er steckte die Dokumente weg. »Ich nehme die Papiere an mich. Möglicherweise gelingt es den Mönchen in Santa Maria del Popolo herauszufinden, wer Eure Handschrift gefälscht hat.« Dann schickte er sich an, den Raum zu verlassen.
»Ist es üblich«, grollte die Stimme des Papstes und ließ Carafa innehalten, »Uns zu ignorieren und sich nicht nach Unserem Befinden zu erkundigen?« Sixtus stand wie ein Fels an seinem Tisch und starrte Carafa zornig an.
Dieser eilte sogleich zum Papst und kniete nieder. »Euer Heiligkeit«, sagte er und küsste den Fischerring. »Vergebt mir meine Unachtsamkeit. Die Nachricht über diese schändliche Tat hat mir beinahe den Verstand geraubt. Von Wut übermannt, suchte ich unverzüglich Eure Nähe.«
»Eurer Unachtsamkeit sei vergeben«, sagte Sixtus. »Eurem Verstand nicht. Statt meiner Nähe sucht lieber die Hintermänner, die diesen Anschlag auf Unser heiliges Leben geplant haben. Nun geht. Geht!«
Carafa richtete sich langsam auf, warf Giulia einen verstohlenen Blick zu und schlich davon wie ein geprügelter Hund.
»Seine Heiligkeit brauchen nun viel Ruhe«, sagte der Medicus.
Giulia schickte sich an, den Papst zu begleiten, doch Geller hielt sie zurück. »In den kommenden Tagen sorgt allein die Garde für das Wohl Seiner Heiligkeit, Schwester«, sagte er mit bedauerndem Lächeln. »Man lässt Euch wissen, sobald Eure Dienste wieder benötigt werden.«
»Gewiss«, sagte Giulia und beobachtete, wie der Papst, von vier Gardisten und dem Medicus geleitet, den Raum verließ. Sie überlegte, was nun zu tun sei, und entschied sich, Kardinal Carafa aufzusuchen, um Bericht zu erstatten.
Der Kardinal begegnete ihr missmutig und wortkarg. An
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