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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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kenne ich, Euer Heiligkeit. Auch ich habe in den Höhlen und Wäldern eine wundervolle Kindheit verbracht. Kräuter und Pilze haben meine Mitschwestern und ich dort gesammelt.« In diesem Augenblick fielen ihr die Worte von Kardinal Carafa wieder ein: » So liegt in der Zufälligkeit deiner Herkunft die Tür zum Herzen des Heiligen Vaters.« Und bei Gott, der schwärmerische Ausdruck in den Augen des Heiligen Vaters bewies ihr, dass der Kardinal recht hatte. Den ersten und womöglich schwierigsten Teil ihrer Mission schien sie gemeistert zu haben. Der Heilige Vater hatte Interesse an ihr gezeigt. Sie fühlte sich ganz und gar nicht schäbig, dass sie nur den Auftrag des Kardinals ausführte. Es geschah allein zum Schutze des Heiligen Vaters.
    »Es freut Uns über alle Maßen«, sagte Sixtus, »das Blut der Mark Ancona, das auch durch Unsere Adern fließt, an Unserer Seite zu wissen.« Er hielt Giulia die Hand mit dem Fischerring hin.
    Giulia kniete nieder, um den Ring zu küssen. Auf dem Siegel war der Name des Papstes eingraviert, dazu ein Fisch sowie die Darstellung des Apostels Petrus, der, in einem Boot stehend, ein Fischernetz einholte. Sie berührte den Ring kurz mit ihren Lippen und stand auf. Sixtus schenkte ihr noch ein Lächeln, dann bedeutete Gazetti ihr, wieder auf ihren Platz in der Ecke zurückzukehren.
    Gerade wollte Gazetti etwas zum Papst sagen, da klopfte es an einer Tür in der Seitenwand. Ein Gardist öffnete und winkte Gazetti zu sich. Die beiden wechselten ein paar Worte, dann verschwand der Gardist wieder.
    Gazetti schien verwirrt. »Euer Heiligkeit«, sagte er. »Die Botschafter der spanischen Krone, Olivares und Sessa, verlangen, zu Eurer Heiligkeit vorgelassen zu werden. Offenbar lassen sie sich nicht zurückweisen.«
    Sixtus schlug mit einer Faust auf den Tisch, dass die Dokumente hüpften. »Zeigen diese Bastarde überhaupt keinen Respekt mehr vor Unserer Person und Würde?«, ertönte die dunkle Stimme. »Führt diese spanischen Taugenichtse herein!«
    Sofort lief Gazetti zur Tür und bedeutete dem Gardisten, die Botschafter vorzulassen.
    Als die beiden eintraten, überkam Giulia ein Gefühl großer Gefahr. Die hochgewachsenen Spanier trugen große Hüte und lange, dunkle Mäntel mit hohem Kragen. Ihre Füße steckten in staubigen, hochschaftigen Lederstiefeln. Ihre Gesichter waren kaum zu erkennen. Ihre Haltung wirkte drohend, die Arme blieben unter den Mänteln verborgen. Giulia beobachtete Gazetti. Sie hatte erwartet, dass er nicht minder verärgert war als der Papst, doch zeigte seine Miene nur eine seltsame Art der Verwunderung.
    Sixtus erhob sich und polterte: »Was fällt Euch ein, Uns auf diese Weise zu überfallen?«
    Die Männer gaben keinen Laut von sich. Stattdessen öffneten sie blitzschnell die Mäntel. Giulia, die seitlich von ihnen stand, sah eine Pistole und zwei Dolche aufblitzen. Sie schrie auf.
    Gazetti stürmte ohne zu zögern auf die beiden zu. Noch ehe die Attentäter einen Schuss auf den Papst abgeben konnten, hatte er sich gegen sie geworfen und zu Boden gerissen. Ein Schmerzensschrei drang aus seiner Kehle.
    Ein Schuss löste sich und schlug in die Decke ein. Mörtel rieselte herunter. Der Heilige Vater hatte sich hinter seinem Tisch verkrochen. Der Eindringling, der noch eine Kugel in seinem Lauf hatte, löste sich aus Gazettis Umklammerung und richtete sich auf. Er legte auf den Papst an und zielte.
    Giulia dachte nicht nach. Sie handelte ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben. Sie schnellte vor und warf sich gegen den Arm, der die Pistole hielt. In diesem Augenblick zündete das Pulver und blendete Giulia. Die Kugel bohrte sich in ein Tischbein und ließ es bersten. Der Mörder schrie wütend auf und schlug Giulia die Faust ins Gesicht, sodass sie zur Seite geschleudert wurde. Auch sein Kumpan hatte sich inzwischen freigekämpft. Beide Attentäter rannten um den Tisch herum, hinter dem der Heilige Vater Zuflucht gesucht hatte, bereit, ihm den Todesstoß zu versetzen.
    Plötzlich knallten vier Schüsse, und die beiden Männer brachen zusammen.
    Giulia, die noch auf dem Boden lag, erkannte vier Gardisten, die mit Musketen auf die Attentäter geschossen hatten. Ohne auf die Schmerzen an ihrem Kinn zu achten, eilte sie auf den Heiligen Vater zu und half ihm auf. Dieser keuchte in Todesangst.
    Auch Gazetti erhob sich schwerfällig. Er blutete aus einer Wunde am Bein.
    Nun drangen weitere Gardisten in die Gemächer des Papstes ein. Vorneweg lief ein hochgewachsener

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