Die Tochter des Kardinals
Zeremonienmeister.« Fulvia grinste wieder.
Giulia erinnerte sich an die Bilder der vergangenen Nacht und erschauerte.
»Ich habe den Verdacht«, sagte Fulvia, »dass die Kardinäle Böses im Schilde führen.«
»Was meinst du?«
»Es gibt Gerüchte«, sagte Fulvia.
Ungeduldig schnaufte Giulia. »Was für Gerüchte?«
»Gerüchte, dass sie den Tod Seiner Heiligkeit planen«, sagte Fulvia.
Giulia zog die Stirn kraus. »Das kann nicht wahr sein!«
»Hast du irgendetwas an den beiden bemerkt, als du sie zusammen angetroffen hast?«, fragte Fulvia.
Giulia überlegte. »Nein. Obwohl …«
»Ja?«
»Pozzi wirkte aufgebracht«, erklärte Giulia. »Und als ich näher trat, klaubte er einige Dokumente zusammen und verbarg sie unter seinen Kleidern.«
»Was waren das für Dokumente?«, fragte Fulvia weiter.
»Ich weiß es nicht«, sagte Giulia, während sie angestrengt nachdachte. »Ich habe das Siegel der spanischen Krone erkannt, habe mir aber nichts weiter dabei gedacht.«
Fulvia legte einen Finger an die Lippen. »Das Siegel der spanischen Krone«, sagte sie langsam. »Haben sich nicht die beiden Männer, die den Heiligen Vater ermorden wollten, mit den Papieren der spanischen Botschafter Einlass verschafft?«
»Ja«, sagte Giulia. »Man vermutet, dass sie zuvor die Botschafter ermordet haben, um in den Besitz der Dokumente zu kommen.«
»König Philipp und der Heilige Vater liegen im Streit miteinander«, sagte Fulvia. »Das ist bekannt. Könnte es nicht sein, dass Carafa und Pozzi einen Pakt mit dem König geschlossen haben, um Seine Heiligkeit aus dem Weg zu räumen?«
Gar nicht so dumm, dachte Giulia. Aus uralten Sagen kannte sie die Ränkespiele längst vergangener Dynastien. Sie wusste von Mord und Verrat an Königen und Päpsten. »Du meinst, Carafa und Pozzi machen gemeinsame Sache mit König Philipp?«
Fulvia nickte. »Um den Heiligen Vater zu ermorden und danach einen der spanischen Krone freundlicher gesinnten Mann auf den Heiligen Stuhl zu setzen: Kardinal Callisto Carafa!«
»Was sollen wir tun?«, fragte Giulia. »Sollen wir es dem Heiligen Vater berichten?«
»Oh nein!«, sagte Fulvia. »Er würde uns kein Gehör schenken. Es sei denn, wir legen ihm unwiderlegliche Beweise für das Komplott vor.«
»Und die bekommen wir nur von Kardinal Pozzi.«
»Richtig«, bestätigte Fulvia. »Wir müssen ihm die Dokumente stehlen, die du gesehen hast.«
»Wie willst du das anstellen?«
Nun lächelte Fulvia wieder siegessicher. »Ich weiß, dass er alle wichtigen Papiere in einer Truhe lagert, die im Schlafgemach in seinem Palazzo steht. Den Schlüssel dafür trägt er Tag und Nacht um seinen feisten Hals.«
»Damit dürfte unser Plan von Beginn an zum Scheitern verurteilt sein«, sagte Giulia. »Wir kommen niemals nahe genug an ihn heran, um ihm den Schlüssel abzunehmen.«
»Das waren wir doch schon um ein Haar«, sagte Fulvia.
Giulia verstand zuerst nicht, dann sah sie aber an Fulvias Grinsen, was diese im Sinn hatte. »Ich gehe niemals wieder auf die Engelsburg! Diesem unchristlichen Treiben will ich nie wieder zusehen!«
»Willst du das Leben des Heiligen Vaters schützen, oder willst du es seinen Feinden preisgeben?«, fragte Fulvia.
»Was für eine Frage!«, stieß Giulia hervor und begriff im selben Augenblick, dass sie sich geschlagen geben musste. »Wann findet das nächste Fest statt?«, fragte sie in einer Mischung aus Widerwillen und Resignation.
»Stets in der Neumondnacht«, erläuterte Fulvia. »Folglich in vier Wochen.«
»Gehen wir den gleichen Weg wie in der letzten Nacht?«, fragte Giulia. »Ich glaube kaum, dass der Passetto künftig unbewacht sein wird.«
»Nein«, sagte Fulvia. »Das nächste Mal gehen wir einen ganz anderen Weg. Dafür brauchen wir jedoch die Hilfe eines Freundes.«
Giulia starrte sie fragend an, und Fulvia erläuterte ihr den ganzen Plan.
»Ihr wollt was? «, fragte Geller voller Entsetzen. Er saß in den Räumen der Schweizergarde, vor ihm die Schwestern Giulia und Fulvia.
»Ihr habt richtig gehört, Capitano«, sagte Fulvia.
Geller schüttelte den Kopf. »Wie stellt Ihr Euch das nur vor?«
»Genau so, wie wir es Euch erklärt haben.«
»Folglich«, sagte Geller und hob einen Finger, »verlangt Ihr von mir, dass ich Euch heimlich Zugang zur Engelsburg verschaffe …«
»Nicht heimlich«, warf Fulvia ein. »Wir gehen mit den anderen Gästen durch das Haupttor hinein.«
»Ach!«, sagte Geller und schlug sich vor den Kopf. »Ich vergaß: Ihr
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