Die Tochter des Kardinals
und studierte Dokumente. Es klopfte, und der Diener meldete den Besuch einer Dame.
»Eine Dame? «, echote Carafa.
Der Diener nickte.
Carafa stand auf. »Führ sie herein.«
Gleich darauf erschien der Gast. Sie trug ein rotes Kleid aus Samt, Geschmeide aus Smaragden und Saphiren um den Hals und in den Händen Sonnenschirm und Fächer. Eine grüne Haube, mit Perlen bestickt und silbernem Brokat verziert, schmückte ihr Haupt wie die Krone einer Königin. Darunter flossen schwarze Locken bis über ihre Schultern.
Nachdem der Diener verschwunden war, setzte sich Carafa wieder und sagte: »Schöne Dame. Was führt dich zu mir, Allegra?«
Allegra schmollte und schürzte die Lippen. »Eine Dame ist eine Dame, wenn sie wie eine Dame gekleidet ist. Wen kümmert’s, wer in den edlen Kleidern steckt?«
»Bist du gekommen, um mir die Welt zu erläutern?«, wollte Carafa wissen. »Du weißt, dass ich es nicht begrüße, wenn du hier erscheinst.«
»Ach, Callisto«, sagte Allegra übertrieben gekränkt und setzte sich unaufgefordert vor Carafas Tisch. »Freust du dich denn gar nicht, mich zu sehen?«
Carafa blickte entnervt zur Decke hoch. »Was willst du?«, fragte er. »Geld? Das hätte doch bis heute Abend warten können.«
Allegra lachte laut. »Gewiss kein Geld.« Schlagartig wurde sie ernst. »Ich hörte, es gab gestern ein Fest auf der Engelsburg.«
»Da musst du dich verhört haben.«
Jetzt lachte sie wieder. »Ich bin eine Hure, die mit Huren verkehrt«, sagte sie. »Hast du das vergessen?«
»Schön«, sagte Carafa, »es gab ein Fest. Heraus mit der Sprache. Worauf willst du hinaus?«
»Ich wollte mich nur erkundigen, ob mein lieber Callisto auch seinen Spaß hatte.«
Carafa grunzte. »Ich wüsste nicht, dass ich dir Rechenschaft schuldig bin.«
»Nun«, sagte Allegra gedehnt, »ich mag eine Hure sein, aber ich bin eine Hure mit Gefühlen. Und du weißt, was ich für dich empfinde. Folglich verletzt es die Liebe in meinem Herzen, wenn ich dich bei einer anderen weiß.«
»Deine Gefühle sind mit meinem Gold erkauft«, sagte Carafa. »Wie können sie dann verletzt sein?«
Allegras Gesicht zeigte offene Trauer. »Du verstehst das einfach nicht«, sagte sie und schaute zu Boden.
Giulia machte sich auf den Weg zu Carafa. Es gab nicht viel zu berichten, doch sie hatte seit mehreren Tagen nicht bei ihm vorgesprochen. Zudem hatte sie Angst, man würde sie verdächtigen, in der vergangenen Nacht in der Engelsburg gewesen zu sein. So suchte sie ihr Heil in der Nähe zu Carafa.
Seine Tür war unbewacht, so klopfte sie einfach an und trat ein. Sie erschrak, als sie entdeckte, dass der Kardinal Besuch von einer Dame hatte. Doch Carafa bat sie, näher zu treten. Er zeigte auf die Dame. »Das ist die …« Er stockte.
»Die Contessa di Contini«, warf die Dame ein.
»Ich wollte nicht stören, Euer Eminenz«, sagte Giulia, die die seltsame Spannung zwischen den beiden deutlich spürte.
»Ihr stört nicht, Schwester«, sagte Carafa. »Die Contessa wollte ohnehin gerade gehen.«
»Ich … ich«, stotterte Giulia. Sie wusste nicht, warum, aber die Luft in diesem Raum war auf eine seltsame Weise erfüllt von Vertrautheit und Verlangen. »Ich habe ohnehin nichts zu berichten. Ich komme in den nächsten Tagen noch einmal wieder.«
Doch Carafa hielt sie zurück. »Aber ich habe eine Frage an Euch zu richten«, sagte er. »Letzte Nacht ist es zwei Eindringlingen gelungen, auf die Engelsburg zu kommen. Man vermutet, dass es zwei als Nonnen verkleidete Huren waren. Wisst Ihr etwas darüber?«
»Ich, Euer Eminenz?«, fragte Giulia. »Mir ist nichts bekannt über den Vorfall.« Ihre Hände wurden feucht, und unter ihrem Schleier spürte sie Hitze aufsteigen.
»Hm«, machte Carafa. »Vielleicht waren die beiden ja auch gar nicht verkleidet …«
»Ich weiß wirklich nicht, worauf Ihr hinauswollt, Euer Eminenz«, sagte Giulia so gelassen wie möglich.
Carafa winkte ab. »Es ist gut«, sagte er. »Nur eine verrückte Idee. Kommt wieder, sobald Ihr etwas zu berichten habt.«
»Ja«, sagte Giulia, drehte sich um und ging hinaus.
Allegra stand auf. »Auch ich gehe.«
Carafa lächelte erleichtert.
Unvermittelt beugte sie sich über den Tisch zu Carafa hinüber. »Unterschätz niemals die Gefühle einer betrogenen Frau«, sagte sie. »Auch wenn du denkst, du hast dir meinen Körper erkauft, vergiss nicht, dein Gold steckt nicht in meinem Herzen. Du magst mich schlagen und mich demütigen, doch bin ich eine Frau voller
Weitere Kostenlose Bücher