Die Tochter des Kardinals
Winkel nahe der Engelsburg. Fulvia drückte Giulias Hand, dann trat sie hinaus.
Die Wachen ließen sie ungehindert passieren. Nun galt es, Capitano Geller zu finden, der den letzten Teil ihres Planes ausführen sollte.
In der Burg war es ruhig. Nur die Geräusche aus dem Festsaal drangen bis zu ihnen. Fulvia ging gemächlichen Schrittes den Laufgang hinauf und sah sich dabei ständig nach Geller um. Sie warf einen Blick in das Wachhäuschen auf der zweiten Plattform, fand dort aber nur drei müde Wachen vor, die Karten spielten.
Im Festsaal näherte sich das Fest seinem Höhepunkt. Von Geller fand sich noch immer keine Spur. Und langsam drängte die Zeit. Offensichtlich hatte man Pozzi bisher nicht gefunden. Andernfalls wäre das Spiel längst abgebrochen worden, und man hätte die Burg verriegelt.
Da packte eine Hand Fulvias Arm und zog sie unsanft in eine Nische. »Da seid Ihr endlich«, raunte eine Stimme.
»Capitano«, sagte Fulvia. »Ich suche nach Euch.«
»Gefunden habt Ihr mich«, sagte Geller. »War Euer Vorhaben von Erfolg gekrönt?«
»Nein«, antwortete Fulvia. Mit wenigen Worten berichtete sie von dem Fehlschlag.
»Es finden sich andere Möglichkeiten, die Verschwörung aufzudecken«, sagte Geller. »Wenn es tatsächlich eine gibt. Gott sei gedankt, dass Ihr und Schwester Giulia nicht zu Schaden gekommen seid.«
Fulvia bekreuzigte sich. Sie zog die Schlüssel aus ihrem Wams und reichte sie Geller. »Ihr müsst Euch beeilen«, sagte sie. »Pozzi kann jeden Augenblick gefunden werden.«
Geller nahm die Schlüssel und sagte: »Ihr müsst nun fort. Ich gehe in das Hinterzimmer und muss sogleich Alarm schlagen. Anschließend könnt Ihr die Burg nicht mehr verlassen. Kehrt mit Schwester Giulia in den Petersdom zurück und begebt Euch zur Nachtruhe. Geht nun! Rasch!«
Vorsichtig reckte Fulvia den Kopf aus der Nische, sah nach links und rechts und machte sich dann davon.
Als Geller sicher sein konnte, dass Fulvia die Engelsburg verlassen hatte, ging er hinüber in den Festsaal und öffnete die Tür zum Hinterzimmer. Dort fand er den noch immer bewusstlosen Pozzi. Mit zitternden Fingern legte er dem Kardinal die Schlüssel um den nackten Hals. Anschließend befreite er ihn von den Fesseln und rüttelte ihn, bis Pozzi die Augen aufschlug. »Eminenz«, sagte Geller mit übertrieben besorgter Stimme.
Pozzi sah sich um. »Wo … wo bin ich?«, stammelte er. »Was ist geschehen?«
»Ihr befindet Euch in der Engelsburg, Eminenz«, sagte Geller. »Ich habe Euch bewusstlos und gefesselt hier vorgefunden. Könnt Ihr Euch an irgendetwas erinnern?«
Pozzi betastete zwei dicke, blutrote Beulen auf seinem Schädel. »Man hat mich niedergeschlagen«, prustete er. »Eine Hure und ein Diener. Sie lockten mich an diesen Ort, ich kämpfte wie ein Löwe, doch sie streckten mich nieder.«
»Warum sollte Euch das jemand antun, Eminenz?«, fragte Geller.
»Ein Anschlag auf mein Leben!«, stieß Pozzi hervor. »Man hat versucht, mich zu meucheln!«
»Gebt mir Eure Hand, Eminenz«, sagte Geller und hielt Pozzi beide Hände hin. »Ich helfe Euch auf.«
Stöhnend kam Pozzi auf die Beine. Er sah sich um, fasste plötzlich an seinen Hals und schien beruhigt zu sein, als seine Finger die Schlüssel griffen. Sein Blick fiel auf Geller. »Ja, was steht ihr hier denn hier noch herum, Capitano? Gebt Alarm! Sperrt die Burg und treibt alle hier oben zusammen! So Gott der Herr will, halten sich die Mordbuben hier noch immer auf!«
Geller eilte in den Festsaal, gab drei Gardisten den Befehl, Alarm zu geben und die Tore zu verschließen. Danach ging er zu den Musikern und gab ihnen ein Zeichen, das Musizieren zu unterlassen. Er baute sich auf der Bühne auf und erklärte den Gästen, wie sie sich verhalten sollten. Er forderte jeden auf, den Saal nicht zu verlassen.
Überall durch die Burg gellten Kommandos. Das Haupttor senkte sich krachend zu Boden und versperrte den Weg hinaus. Die Gardisten spürten jeden auf, der sich nicht mehr im Saal aufhielt, und brachten ihn dorthin zurück.
Nun kam Pozzi mit großem Getue auf die Bühne. Er berichtete von dem feigen Anschlag auf sein Leben, wie er die Mörder bis zum letzten Augenblick mit eisernem Willen und nicht minder eisernen Fäusten bekämpft hatte und wie er letztendlich unterlegen war.
Die Suche nach den Attentätern dauerte bis zum Morgengrauen. Aufzufinden waren sie allerdings nicht.
18
Am nächsten Morgen verrichtete Giulia müde ihren Dienst beim Papst. Es war eine
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