Die Tochter des Kardinals
schweren Leib von sich fortzudrücken suchten.
»Hände weg!«, fauchte Pozzi. Seine Stimme verriet seinen maßlosen Zorn über die verzweifelten Versuche des Dieners, ihn, Pozzi, von seinem Vergnügen abzuhalten. Da holte er aus und schlug dem Diener ins Gesicht. Sogleich erstarb dessen Gegenwehr.
Gütiger Gott!, fuhr es Giulia durch den Kopf. Sie muss bewusstlos sein!
In diesem Augenblick spürte sie keine Angst mehr. Sie drang in den Raum ein. An der Seite stand ein schweres Bett, gerade so breit, dass ein Mensch darauf Platz fand. Fulvia lag dort mit geschlossenen Augen und ohne Leben, wie es schien. Ihr hübsches kleines Gesicht war weiß wie Kalk. Pozzi beugte sich über sie und begann, ihr das Wams über den Kopf zu ziehen.
Verzweifelt sah Giulia sich um. In einer Ecke standen einige Kisten und tönerne Karaffen. Giulia hob eine der Karaffen an, doch waren sie gefüllt und zu schwer, um sie zu tragen. Vorsichtig, Pozzi stets im Blick, kippte sie eine Karaffe aus und goss den Inhalt auf den Boden. Endlich konnte sie das Gefäß am Griff anheben. Auf leisen Sohlen ging sie auf Pozzi zu, der noch immer mit Fulvias Wams kämpfte. Sie holte weit aus, zielte auf seinen verschwitzten Schädel und ließ die Karaffe mit aller Kraft hinabsausen.
Es gab einen dumpfen Knall, und unzählige tönerne Scherben flogen berstend in alle Richtungen. Pozzi schrie gequält auf, fiel vornüber und schlug neben dem Bett auf den steinernen Boden auf. Giulia achtete nicht weiter auf ihn, sondern sprang zu Fulvia an das Bett und nahm ihren Kopf in ihre Hände. »Fulvia«, flüsterte sie, und langsam kehrte das Bewusstsein in den Körper der jungen Nonne zurück. Sie schlug die Augen auf.
»Was ist geschehen?«, fragte sie. »Pozzi! Ist er …«
»Er ist ohnmächtig«, sagte Giulia.
Als hätte er ihre Worte vernommen, stieß Pozzi krächzend hervor: »Elende Hure!« Benommen wälzte er sich auf dem Boden und versuchte, aufzustehen.
Ohne nachzudenken, stürmte Giulia auf die Karaffen zu, leerte eine weitere und kehrte damit zu Pozzi zurück. In seinen Augen keimte Panik auf, und er hielt schützend die Hände über seinen Kopf. Doch schon sauste die Karaffe auf ihn zu, zersprang auf seinem Kopf, und Pozzi fiel nach hinten.
Ächzend stand Fulvia auf. Sie rieb sich die Schläfen. »Das sollte vorerst reichen. Hilf mir.« Sie zogen Pozzi die Gewänder aus und rissen sie in lange Streifen. Damit knebelten sie ihn, banden ihm Hände und Füße zusammen und verknoteten die Fesseln mit dem Bettgestell.
Giulia entdeckte die silberne Kette um Pozzis Hals, an der zwei Schlüssel baumelten. Sie nahm ihm die Kette ab und hielt sie triumphierend in die Höhe.
Fulvia lächelte. »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Auf zu seinem Palazzo!«
Im Saal ging es immer noch hoch her. Giulia und Fulvia stahlen sich im Schatten davon, verließen das Gebäude und gingen über den Laufgang dem Torbogen entgegen, der aus der Burg hinaus führte.
Die Wachen nahmen keine Notiz von ihnen. Wer sich in der Burg aufhielt, musste schließlich zuvor seine Legitimation gezeigt haben.
Die Kutsche, die sie vor Stunden an diesen Ort gebracht hatte, stand noch immer bereit. Giulia und Fulvia stiegen ein. Erst jetzt wagte es Giulia, die Maske abzulegen.
»Wir haben nicht viel Zeit«, sagte Fulvia. Sie lehnte ihren Kopf aus dem Fenster und nannte dem Kutscher ihr Ziel.
Unverzüglich knallte die Peitsche, und die Pferde setzten sich in Bewegung.
»Gib mir die Schlüssel«, sagte Fulvia. Giulia reichte sie ihr, und Fulvia zog zwei kleine Platten aus Ton aus einer Tasche. Sie presste die Schlüssel fest hinein, und es entstand ein sauberer Abdruck.
»Warum tust du das?«, wollte Giulia wissen.
»Wir müssen Pozzi die Schlüssel noch heute Nacht zurückgeben«, sagte Fulvia. »Und wer weiß, ob wir sie nicht erneut benötigen. Hiermit …«, sie hielt die Tonplatten in die Höhe, »… können wir mühelos neue Schlüssel für unsere Zwecke anfertigen lassen.« Sie gab Giulia die Kette zurück und steckte die Tonplatten wieder ein.
Es dauerte nicht lange, und sie erreichten den wuchtigen Palazzo an der Via Ovidio. Der prächtige Bau lag still im Mondschein. Kein Mensch war auf den Straßen zu sehen. Im Palazzo und den umstehenden Häusern brannte kein einziges Licht. Der Kutscher steuerte sein Gefährt in eine kleine Seitenstraße und hielt an.
»Bist du bereit?«, fragte Fulvia.
»Keineswegs«, gab Giulia zurück. »Aber gehen wir.«
Sie verließen die
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