Die Tochter des Kardinals
dürrer Geselle mit schütterem Haar und Knollennase. »Seid willkommen«, sprach er den Kardinal an. »Was darf ich Euch bringen? Wein, Bier, Kerbelsuppe, gebratene Ente? Etwas Dinkeleintopf. Den müsst Ihr kosten, sage ich Euch. Ein wahrhaft himmlischer Genuss.«
»Habt Dank«, sagte der Kardinal, ohne den Wirt eines Blickes zu würdigen. »Mein einziger Wunsch ist, nicht gestört zu werden.«
Der Wirt kniff die Augen zusammen. »Wenn Ihr die Gastfreundschaft dieses Hauses genießen wollt, müsst Ihr etwas bestellen!«
Nun sah der Kardinal auf. Kalte, dunkle Augen fixierten den Wirt, sodass dieser unwillkürlich zwei Schritte zurücktrat.
»Hörst du nicht?«, fragte Carbone. Er zog seinen Umhang ein Stück zur Seite und gab den Blick auf seine Waffen preis. »Wir wollen ungestört sein. Nun geh!«
Wie ein geprügelter Hund trollte sich der Wirt hinter seinen Tresen.
»Wie gehen wir vor?«, fragte Carbone.
»Pozzi kann seinem Schicksal nicht mehr entrinnen«, sagte der Kardinal. »Wenn er erfährt, dass all sein Gold und Silber verloren ist, rennt er unweigerlich zu dem einzigen Mann, der ihm noch helfen könnte. Da dieser ihm unter keinen Umständen Unterstützung gewähren wird, kommt es womöglich zu einer Auseinandersetzung, bei der Pozzi jedoch nur der Unterlegene sein kann.«
»Und sollte es nicht so weit kommen«, ergänzte Carbone, »wartet eine schöne Überraschung auf Pozzi, sobald er heimkehrt.«
»So sei es«, sagte der Kardinal mit einem kalten Lächeln. Er zog einen unscheinbaren Schlüssel hervor und reichte ihn Carbone. »Hiermit erhaltet Ihr Einlass in seinen Palazzo.«
Carbone nahm den Schlüssel entgegen und steckte ihn in eine Tasche an seinem Gürtel. »Meine Männer stehen bereit. Sie warten nur noch auf mein Zeichen.«
Der Kardinal beugte sich über den Tisch. »Ihr seid ein treu ergebener Mann, Carbone«, flüsterte er. »Das werde ich nicht vergessen, wenn ich auf dem Heiligen Stuhl sitze.«
Carbone neigte dankbar den Kopf.
Ohne ein weiteres Wort erhob sich der Kardinal und verließ die Taverne.
Carbone wartete noch eine Weile, dann ging auch er.
Kardinal Primo Pozzi wollte sich gerade zur Ruhe begeben, als es an die Tür seines Schlafgemachs klopfte. Ein Diener trat ein.
»Eminenz, ein Herr wünscht Euch zu sprechen«, sagte der Diener.
»Hat er auch einen Namen?«, fragte Pozzi.
»Er nannte sich Carbone, Eminenz.«
»Carbone?«, rief Pozzi. »Führ ihn herein. Eil dich!«
Der Diener verschwand, und kurz darauf betrat Carbone Pozzis Schlafgemach.
Pozzi stürmte auf ihn zu. »Carbone!«, stieß er hervor. »Ich dachte schon, Ihr wolltet mich bis zum Jüngsten Tage warten lassen. Habt Ihr Nachricht von meinem Cousin Don Veneto aus Florenz? Nun sprecht schon!«
Betreten nahm Carbone seinen Hut ab und sah zu Boden. »Ja, Euer Eminenz, ich bringe Nachricht aus Florenz.«
Pozzi starrte auf Carbones Mund, als würden daraus sogleich gebratene Tauben fliegen. »Redet, Carbone! Redet! Was ist mit dem Gold aus der Neuen Welt? Wann kehren die Schiffe endlich zurück?«
»Euer Eminenz«, hauchte Carbone. »Don Veneto hatte für alles gesorgt. Ein Dutzend seetüchtiger Schiffe samt Besatzung und Proviant hat er auf die weite Reise in die Neue Welt geschickt. Doch dann …«
»Signore Carbone!«, rief Pozzi voller Wut. »Spannt mich nicht auf die Folter! Was im Namen des Herrn ist dann geschehen?«
»Ein Sturm auf hoher See vor Island«, sagte Carbone. Dabei krallten sich seine Finger in die Krempe des Huts. »Das Meer hat sich alle Schiffe und jede einzelne Seele geholt. Es tut mir sehr leid, Eminenz.«
Pozzi fiel rückwärts in einen Sessel. Sein Gesicht war kreidebleich, Schweißtropfen perlten auf seiner Stirn und rannen über das fleischige Gesicht. »Die Schiffe«, murmelte er mit starrem Blick. »Zwölf an der Zahl. Alle fort.«
»Und zweihundertfünfzig Seeleute haben ihr Leben verloren«, ergänzte Carbone.
Pozzi blickte auf. »Was scheren mich die Seelen dieser Männer?« Ächzend erhob er sich und ging auf Carbone zu. Blitzschnell griff er zu und zog Carbone am Kragen zu sich her. »Ich gab Euch einhundertfünfzigtausend Scudi, Signore! Mein gesamtes Vermögen. Und Ihr kehrt zurück mit leeren Händen und nicht minder leeren Worten! Ich könnte Euch auf der Stelle den Hals umdrehen!«
»Euer Eminenz«, presste Carbone hervor. »Ihr gabt all das Gold und Silber nicht mir, sondern Eurem Cousin.«
»Veneto knöpfe ich mir vor, sobald ich mit Euch fertig bin«,
Weitere Kostenlose Bücher