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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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Eurem Herrn«, verlangte Pozzi und schickte sich an, den Palazzo zu betreten.
    Der Diener hielt ihn zurück. »Seine Eminenz schläft«, sagte er. »Kommt morgen wieder.«
    Pozzi rang nach Luft. »Weißt du nicht, wer vor dir steht?«
    »Das weiß ich, Euer Eminenz«, antwortete der Diener. »Doch ändert das nichts an der Tatsache, dass Seine Eminenz sich längst zur Ruhe begeben hat.«
    »Das darf doch wohl nicht wahr sein!«, zeterte Pozzi.
    Da erscholl eine dunkle Stimme aus dem Innern des Palazzos. »Was geht dort unten vor?«
    »Callisto!«, rief Pozzi. »Sagt Eurem Diener, er soll mich gefälligst einlassen!«
    Carafa erschien in der Tür. Er nickte dem Diener zu, der daraufhin verschwand. »Was wollt Ihr zu dieser späten Stunde von mir, Pozzi?«
    »Müssen wir das hier besprechen?«, fragte Pozzi. »Lasst uns hineingehen.«
    »Nein«, sagte Carafa. »Sagt, was Ihr zu sagen habt, und dann geht!«
    »Ich brauche dringend Eure Hilfe, Callisto«, sagte Pozzi. Mit blumigen Worten und zuckersüßer Stimme berichtete er Carafa von seinem Missgeschick.
    Carafa hörte aufmerksam zu, ohne Pozzi ein einziges Mal zu unterbrechen. »Und Ihr erwartet von mir, dass ich Euch zweihunderttausend Scudi gebe?«, fragte er, nachdem Pozzi geendet hatte. »Nachdem Ihr bereits für das gleiche wahnsinnige Unternehmen einhundertfünfzigtausend auf dem Meeresboden versenkt habt? Pozzi, Ihr habt den Verstand verloren.«
    »Für Euren Kredit bekommt Ihr das Doppelte zurück«, sagte Pozzi. Erwartungsvoll sah er Carafa an.
    »Nicht eine Münze könnt Ihr von mir erwarten, Pozzi«, sagte Carafa.
    »Callisto«, sagte Pozzi. Tränen stiegen ihm in die Augen. Er sank auf die Knie und hielt Carafa die gefalteten Hände hin, als würde er vor der großen Marienstatue im Petersdom knien. »Ich bitte Euch! Wir sind doch alte Freunde. Mein ganzes Vermögen ist vernichtet. Ich habe kaum noch ausreichend Geld, um meine Dienerschaft zu bezahlen.«
    »Dann entlasst sie«, schlug Carafa vor.
    »Wovon soll ich leben?«, fragte Pozzi. »Was soll ich essen und trinken? Wovon soll ich mich kleiden?«
    Carafa beugte sich zu Pozzi hinab. Sein Gesicht verzog sich zu einer Fratze. »Das hättet Ihr Euch überlegen sollen, bevor Ihr all Euer Gold und Silber Eurem nichtsnutzigen Vetter anvertraut habt. Doch Eure Gier war zu groß. Ihr hättet Euren Verstand gebrauchen sollen. Nun kehrt selber den Scherbenhaufen vor Eurer Tür auf.«
    Pozzi ballte die Fäuste. »Callisto«, flüsterte er und stand auf. »Ich habe Euch stets als meinen Freund betrachtet. Und in der Stunde größter Not lasst Ihr mich fallen wie eine stinkende Ratte?« Im Nu stürzte er sich auf Carafa und legte ihm die Hände um die Gurgel.
    »Pozzi!«, röchelte Carafa. »Seid Ihr des Wahnsinns?« Er versuchte, sich aus dem tödlichen Griff zu befreien, doch Pozzi schien über teuflische Kräfte zu verfügen. Erst ein kräftiger Tritt gegen Pozzis Knie sorgte dafür, dass der Angreifer von ihm abließ.
    »Carafa!«, schrie Pozzi mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Ich bringe Euch um!«
    Gerade wollte Pozzi sich erneut auf Carafa stürzen, als er in den Lauf einer Muskete starrte. Einer der Diener hatte den Lauf auf ihn gerichtet.
    Atemlos massierte Carafa seinen Hals. Ungläubig blickte er Pozzi an, der mit gesenktem Kopf vor ihm auf der Treppe stand. Dann drückte er die Muskete zu Boden. »Es ist gut«, sagte er zu dem Diener. Und zu Pozzi gewandt: »Verschwindet, Primo! Und lasst Euch nie wieder in meiner Nähe sehen!«
    Gequält schrie Pozzi auf. Dann ging er weinend zu seiner Kutsche und stieg ein. Der Kutscher schwang die Peitsche. Die Pferde wieherten und setzten sich in Bewegung.
    Auf der gegenüberliegenden Seite des Campo de’ Fiori hatte eine dunkle Gestalt alles mit angesehen. Sie sprang auf ihr Pferd und galoppierte davon.
    Der Mond stand hoch am Himmel, als Pozzi zu seinem Palazzo zurückkehrte. Er nahm den massiven Türöffner in Form eines Puttenkopfes in die Hand und schlug damit dreimal gegen die Tür. Er wartete, doch niemand öffnete. Er klopfte erneut. Im Haus blieb es still.
    Wütend stampfte er mit dem Fuß auf, zerrte seine Schlüssel unter dem Gewand hervor und stapfte durch den Garten um das Haus.
    Auch auf der Rückseite war alles ruhig. Er steckte den Schlüssel in das Schloss der Hintertür, doch diese öffnete sich von allein. »Fausto?«, rief Pozzi in die Dunkelheit hinein, ohne einen Fuß über die Schwelle zu setzen. »Piero?« Keine Antwort.
    Mit hocherhobenen

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