Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
Vom Netzwerk:
und floh durch die Gärten des Quirinalspalastes vor seinen Verfolgern. Ich war dort. Hinter Büschen versteckt. Er hat mich nicht bemerkt, aber ich konnte im Licht der Fackeln sein Gesicht sehen, bevor er weiterlief. Und dieses Gesicht sah ich heute ein zweites Mal.«
    Giulia hielt den Atem an. »Wo, Pippo?«
    »Unter den Gardisten, die dem Heiligen Vater morgen das Geleit geben«, sagte Pippo.
    »Heilige Jungfrau Maria!«, entfuhr es Giulia. »Und du hegst keinen Zweifel?«
    »Nicht den geringsten, Schwester«, sagte Pippo.
    Giulia dachte nach. Wenn Pippo recht hatte, und dessen war sie sich sicher, war der Heilige Vater in der Tat in höchster Gefahr. »Was soll ich tun?«, wollte sie von Pippo wissen.
    »Geht zu Capitano Geller«, sagte Pippo. »Er ist ein guter Mann. Ihm könnt Ihr bedingungslos vertrauen. Aber das wisst Ihr längst. Sagt ihm, was ich Euch gesagt habe. Er weiß, was zu tun ist.«
    »Was geschieht mit dir?«, fragte Giulia.
    »Bittet den Capitano um Stillschweigen, was mein kleines Geheimnis betrifft«, bat Pippo. »Ich gehe zurück in mein Haus. Wäre ich noch ein junger Recke, ich würde mich selbst um den Meuchelmörder kümmern. Bei meiner Ehr’.«
    Giulia nahm Pippo fest in ihre Arme. Liebevoll streichelte sie über seine Wange, dann verließ sie die Gärten.
    Auf dem schnellsten Wege eilte Giulia in das Haus der Garde und fragte nach Geller. Doch niemand wusste, wo sich der Capitano aufhielt. Verzweifelt lief sie durch den ganzen Petersdom, ohne auch nur die kleinste Spur von ihm zu finden. Schließlich hielt sie atemlos unter der großen Kuppel inne und starrte zu der gewaltigen Marienstatue hoch. Heilige Mutter Gottes, betete sie still. Was soll ich nur tun? Plötzlich wusste sie, an wen sie sich wenden konnte. Es gab außer Geller nur einen Mann, dem sie traute und der über die Macht verfügte, die drohende Gefahr abzuwenden: Kardinal Carafa.
    Sie hastete durch die Hallen und Gänge, in der Hoffnung, den Kardinal zu dieser späten Stunde noch in seinen Räumen anzutreffen. Sie hatte Glück. Als sie an den Gardisten vorbei eintrat, saß Carafa noch an seinem Schreibtisch.
    Er sah auf. »Ihr wünscht?«
    »Euer Eminenz«, sagte Giulia außer Atem. »Ich habe eine wichtige Nachricht für Euch.«
    »Kommt erst einmal zu Atem«, sagte Carafa. »Dann berichtet, was Euch derart erregt.«
    Aufgeregt erzählte sie Carafa, was sie von Pippo erfahren hatte. Der Kardinal starrte sie fassungslos an.
    »Pippo, der Narr?«, fragte er.
    »Ich bitte Euch, Eminenz«, sagte Carafa. »Behaltet dieses Geheimnis für Euch. Pippo hat allein zum Schutz Seiner Heiligkeit die Maske vor mir gelüftet.«
    »Gut, gut«, sagte Carafa. »Habt Ihr mit Capitano Geller gesprochen?«
    »Nein«, antwortete Giulia. »Der Capitano ist wie vom Erdboden verschwunden.«
    Carafa wirkte nachdenklich und besorgt. »Ich werde die notwendigen Schritte einleiten«, sagte er. »Begebt Euch in Eure Zelle und ruht Euch aus. Ihr habt den Schlaf bitter nötig.«
    »Habt Dank«, sagte Giulia und ging.
    Carafa wartete noch eine halbe Stunde. Dann verließ auch er seine Räume. Mit großen Schritten, jedoch ohne übertriebene Hetze, begab er sich zum Gebäude der Schweizergarde. Die Gardisten verstauten soeben ihre Ausrüstung für die anstehende Reise auf mehreren Planwagen – Musketen, Pistolen, Zelte, Pulver, Nahrung.
    Carafa ging um das Gebäude herum und fand im Halbschatten den Mann, den er suchte.
    Anatol saß auf einem Fass und starrte in den mondhellen Himmel. Sofort zog er seine Pistole.
    »Ich bin es«, raunte Carafa ihm zu.
    Erschrocken ließ Anatol die Pistole sinken. »Was tut Ihr hier?«, fragte er. »Es ist viel zu gefährlich, wenn man uns zusammen sieht.«
    »Das weiß ich selbst«, sagte Carafa. »Du kannst dir denken, dass es einen Grund für mein Kommen gibt.«
    »Ich höre.«
    Carafa erzählte Anatol, was er zuvor von Giulia erfahren hatte. Bei jedem Wort sackte Anatol noch mehr in sich zusammen. »Und so gibt es doch noch jemanden, der dein Gesicht erkannt hat«, schloss Carafa.
    »Ich kann Euch nur um Verzeihung bitten«, sagte Anatol.
    »Du bekommst Gelegenheit, deinen Fehler wiedergutzumachen«, sagte Carafa. »Töte den alten Narren. Danach besorgst du dir die Kleider eines der Diener, die mit auf die Reise gehen. Hast du verstanden?«
    »Gewiss«, sagte Anatol. »Gut«, sagte Carafa. Er atmete tief durch. »Warte eine Weile. Dann tu, was zu tun ist.« Er verschwand.
    Anatol tat, wie ihm geheißen. Er verließ

Weitere Kostenlose Bücher