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Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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gegen uns gerichtet, sie haben auch schon wieder abgelassen. Aber der Rammsporn einer der Galeeren hat uns getroffen ... die Bonanova sinkt.«
    »Vorsicht!«
    Ray warf sich zur Seite, ohne sie dabei loszulassen. Ähnlich wie vorhin der Türbalken war ein dunkler Gegenstand auf sie zugestürzt, nur knapp an ihnen vorbeizielend, und fiel nun krachend nach hinten. Erst jetzt erkannte Caterina weitere Männer der Besatzung, die wie der Rest verzweifelt versuchten, ihre Waffen in Gebrauch zu nehmen, sei’s zum Angriff auf die fremden Schiffe oder zur Verteidigung gegen deren Besatzung: Lanzen, Degen und Bögen, Armbrust und Pfeile, Schilder und Harnische. Vielleicht ahnten sie nicht, dass es längst sinnlos war.
    Oder vielleicht wussten sie es, aber wollten wenigstens kämpfend untergehen. Schon wurden einige der Männer vom sich gefährlich neigenden Deck geschleudert und von den schwarzen, wogenden Fluten verschlungen.
    »Akil!«
    »Ich bin hier«, antwortete der Junge. »Wir müssen vom Schiff!«
    »Aber ...«
    »Da vorne ist die Küste. Es ist nicht weit. Könnt ihr schwimmen?«
    Er wartete ihre Antwort nicht ab. Kurz sah Caterina im flackernden Lichtschein sein Gesicht, auch heute nicht aufgeregter als sonst, höflich, bedauernd. Er zuckte die Schultern, um zu bekunden, dass er nun vor allem auf sein Wohl achten müsste, nahm Anlauf und sprang über die Reling.
    Caterina hörte ein Platschen, dann nichts mehr.
    »Akil!«
    »Komm, wir müssen hinterher!«
    »Niemals, es ist viel zu weit!«
    »Ich habe dich doch auch in Malta ...«
    Etwas unschlüssig beugte sich Ray über die Reling, suchte im schwarzen, abgründigen Wasser nach Akil, doch jener war verschwunden.
    »Also los!«, meinte er, aber es klang zaudernd.
    »Nein, es ist viel zu weit, so viel Kraft hast du nicht, mich mitzunehmen. Allein schaffst du es.«
    »Ich werde dich ganz sicher nicht hierlassen.«
    Das Schiff geriet noch mehr in Schiefläge. Das Knirschen wurde ohrenbetäubend, verschluckte fast ihre Worte.
    »Du bist einer, der sich durchbringt, Ray!«, rief sie dagegen an. »Folg Akil ... ohne mich!«
    Er zögerte immer noch. »Ich werde nicht ...«
    »Doch, du wirst!« Diesmal kam der Einspruch nicht von Cate- rina, sondern von jener Gestalt, die sich ihnen mühsam von hinten näherte, das Schiff wie einen Berg besteigend.
    »Gaspare!«
    »Du springst und schwimmst zum Ufer!«, erteilte jener – wie immer kaum mehr als raunend – den Befehl. »Ich kümmere mich um sie.«
    »Aber wie willst du ...«
    »Eines der kleinen Rettungsboote ist noch ungebraucht. Sie sind an den beiden Seiten des Vorschiffs festgebunden. Gewiss ist zumindest eines davon heil geblieben.«
    Gaspare wartete nicht ab, dass Ray seinen Vorschlag bejahte, packte Caterina, zog sie von ihm weg. Sie kämpfte gegen das Verlangen, bei Ray zu bleiben, sich an ihm festzukrallen, desgleichen wie er mit sich rang, ob er sie gehen lassen sollte. Zuletzt sah sie ihn hilflos stehen, ihr nachsehen; sie konnte sich nicht mehr vergewissern, ob er vom Schiff sprang oder nicht, denn schon ward sie von Gaspare hochgehoben, in eines jener Boote gesetzt, die vorne am Bug festgebunden waren. Der Schrecken presste ihr Tränen in die Augen, vielleicht auch die Angst um Ray.
    »Was immer auch geschieht, du musst dich festhalten!«, befahl er, ehe er zurücktrat.
    »Gaspare!«
    Wie Ray konnte sie auch ihn nicht länger sehen, doch ehe sie sich aufrichten konnte, gab es einen solchen Ruck, dass sie zu Boden fiel. Sie krümmte sich, gehorchte dem Befehl, sich festzuhalten. Offenbar hatte Gaspare eines der Taue durchgeschnitten, das dieses Boot ans Schiff band. Noch freilich hatte es das Meer nicht erreicht, hing erschreckend schief in der Luft. Sie erwartete einen zweiten Ruck, das Klatschen, wenn das Boot auf dem Wasser aufprallen würde.
    Doch nichts dergleichen geschah. Das Boot wankte hin und her, sie hörte Gaspare fluchen, drehte sich um, sah, wie der Bug des Schiffes, bislang vom schweren Hinterteil in die Luft gezerrt, auf sie zustürzte.
    »O Gott, nein!«
    Das Schiff musste in der Mitte entzweigebrochen sein. Sie duckte sich noch tiefer, schien zu fallen, endlos tief zu fallen, dann jenes Klatschen, das sie schon erwartet hatte, doch viel heftiger. Zugleich fiel etwas auf sie, drückte sie unter das Wasser. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihr Bein.
    Nicht loslassen!, dachte sie, suchte den Kopf zu heben, sich aus den salzigen Fluten zu kämpfen. Endlich gelang es ihr. Der Teil des Bootes, an dem

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