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Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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der Brust. »Was bedeutet, dass hier auf der Insel der eine dem anderen nicht traut. Und das wiederum bedeutet, dass sich die eine Seite über jeden Ge- fangenen des Feindes freut. Tja, wie wäre es nun, so habe ich mir überlegt, wie wäre es also, wenn die erbosten Pisaner, die gerade ihre Galeeren verloren haben, einen Genuesen in die Hand kriegten, der bei dieser Schlacht mitgekämpft, jedoch von Bord gegangen und hilflos hier gestrandet ist, he? Sei mir nicht böse, Gaspare, aber ich dachte mir, dass es viel lustiger sei, würdest du kein weiteres genuesisches Gefängnis kennenlernen, sondern ausnahmsweise ein pisanisches. Wer weiß hier schon von deiner Herkunft? Magst vielleicht Verwandtschaft in Ajaccio haben – in Aleria doch wohl nicht?«
    Erstmals blickte Gaspare nicht durch ihn hindurch, sondern sah ihn direkt an. »Du willst mich als Genuesen an die Pisaner ausliefern?«
    »Hast du nicht mehr Zeit in Genua verbracht als in Pisa? Wie viele Jahre waren es? Sechs, sieben, vielleicht sogar acht?« Davide wartete seine Antwort nicht ab, sondern fuhr amüsiert fort: »Das Schöne an Kriegen ist, dass die Welt in Unordnung gerät. So schnell wechselt da manch einer die Seite, so schnell weiß man nicht mehr, wer für welche Stadt kämpfte. Die korsischen Stammesführer zumindest sind sich dessen nicht sicher. Die haben schon seit jeher die Feindschaft der Besatzer genutzt, wie’s ihnen passt. Sie sind allesamt Betrüger, ein wenig so, wie unser lieber Ray einer ist.«
    Aufmunternd schlug er ihm auf die Schulter. Caterina sah Ray zusammenzucken, aber er stritt es nicht ab.
    »Also ... um es nicht endlos hinauszuzögern, erkläre ich euch nun endlich das Geschäft: Gaspare ist, wie wir gerade festlegten, einer der bösen Genuesen, die eben die Pisaner geschlagen haben. Ein gewisser Attilio de Mari, korsischer Baron und – je nachdem, wie’s ihm beliebt – Verbündeter oder Gegenspieler des schon erwähnten Cinarcas, wird ihn den Pisanern in Aleria ausliefern und dafür einen seiner Freunde freibekommen. Ich wiederum bekomme von Attilio um die tausend Sous. Patrio- tisch, wie ich bin, werde ich sie in die genuesische Flotte stecken. Bald steht die größte Schlacht bevor, die die Entscheidung bringen soll, wem diese Insel endgültig zufällt. Ich glaube, auch dein werter Stiefvater, Gaspare, will sich an dem Krieg beteiligen. Freilich fürchte ich, dass er nicht derjenige sein wird, der dich aus dem Gefängnis befreit, Gaspare, also wird man dich dort entweder aufknüpfen oder in einem finsteren Verlies schmachten lassen ... Du siehst: Es ist alles ausreichend durchdacht, und da wir nun genügend Worte darauf verschwendet haben, wird es Zeit, dass wir den schönen Plan umsetzen. Du verstehst, Gaspare, dass ich dich fortan nicht begleiten kann und leider auch nicht Zeuge deiner letzten Stunden werde. Aleria ist feindliches Gebiet. Aber sei gewiss, bei meinen Männern bist du in guten Händen. Beim letzten Mal hast du ihnen einige ihrer Freunde geraubt, und mit verkleinerter Mannschaft war’s recht hart, zurück nach Genua zu gelangen. Ich bin mir gewiss, sie haben die eine oder andere Rechnung mit dir offen und werden sie mit ebenso großer Freude begleichen, wie ich es eben tat.«
    Noch ehe er geendigt hatte, riss jener der Männer, der Gaspares Hände gebunden hatte, heftig an dem Strick. Gaspare konnte sich nicht aufrecht halten, fiel auf die Knie, stöhnte auf.
    Hilflos blickte Caterina auf ihn nieder, dann wieder zurück auf Ray. Erstmals wich er ihrem Blick nicht aus, sondern trotzte ihr. Seine Fäuste lockerten sich.
    »Ich habe doch gesagt, ich werde mich rächen«, murmelte er. »Ich habe es nicht geplant, aber als mich der Zufall zu Davide führte ...«
    Er brachte den Satz nicht zu Ende, wartete auch nicht ab, bis sie etwas sagen konnte, sondern lief Davide hinterher, der gemächlich einige Schritte den Strand hinaufgegangen war.
    »He, Davide! Du bist mir noch etwas schuldig! Was kriege ich dafür, dass ...«
    Davide drehte sich um, das spitze Lächeln war aus seinem Gesicht geschwunden.
    »Ach richtig, Ray, dich gibt es auch noch!« Er klang nun überdrüssig, gleichwohl er nochmals seine Zähne bleckte. »Aber weißt du, ein Verräter wie du müsste mich doch am besten verstehen. Ich habe eigentlich keine Lust, dich für irgendetwas zu bezahlen. Es ist zu lange her, dass wir ein gutes Geschäft abgeschlossen haben, und so wie du aussiehst, brauchst du ewig, um wieder auf die Beine zu kommen.

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