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Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Nimm’s mir nicht übel, Ray, aber am meisten Nutzen bringst du mir doch ein, wenn ich dich mitsamt Gaspare an Attilio de Mari verkaufe, oder siehst du das anders?«
    »Davide!«
    Caterina sah, wie Ray erbleichte. Einen Augenblick lang überkam sie diebische Freude, dass er – anstatt den Judaslohn zu erhalten – sich gleichem Schicksal ausgeliefert sah wie sein Widersacher. Größer als die Genugtuung war freilich das Entsetzen, ganz allein zurückzubleiben – nun, da auch Ray gepackt, seine Hände ihm auf den Rücken gezerrt, dort festgebunden wurden. Anders als Gaspare wehrte er sich verbissen.
    »Davide, das kannst du nicht machen, du hast mir zugesagt ...«
    »Du solltest mich kennen und wissen, dass ich keiner bin, der seine Versprechen hält«, meinte Davide noch überdrüssiger.
    »Davide, du ...«
    »Reiz mich nicht!«, unterbrach der Kaufmann ihn knurrend. Zum letzten Mal fiel sein Blick auf Caterina, ebenso flüchtig und desinteressiert wie zuvor. »Wenn du mir keine Schwierigkeiten machst, dann verschon ich dein Mädchen und lass es laufen ... ‘s hat deinetwegen ohnehin schon zu viel durchgemacht.« Sprach’s und drehte ihnen endgültig den Rücken zu.
    Augenblicklich hörte Ray auf zu strampeln, versuchte nicht wieder, seine Hände aus dem Strick zu befreien oder mit den
    Beinen um sich zu treten. Seine Friedfertigkeit nützte ihm freilich wenig, denn trotzdem schlug ihm einer von Davides Männern mit der Faust in den Magen. Er krümmte sich. Verächtlich blickte Gaspare, der selbst mühsam wieder auf die Beine gekommen war, auf ihn herab.
    »Gut gemacht«, hörte Caterina ihn sagen, »das hast du wirklich gut gemacht.«
    Er konnte nicht lange höhnen. Denn schon fand es einer der Männer nicht ausreichend, nur Ray zu schlagen, sondern hieb auch Gaspare die Faust in den Leib.
    Ein Alptraum. Endlos während wie der Tag, an dem sich Stunde an Stunde reihte, ohne dass sich etwas an der misslichen Lage änderte, ohne dass die Sonne endlich vom Himmel verrutschte und die Welt in Finsternis getaucht ward, die nichts mehr von all dem Übel erkennen ließ.
    Caterina schüttelte fortwährend den Kopf, ohne dass sie die bittere Wahrheit verscheuchen konnte. Dass Ray und Gaspare einem unheilvollen Geschick entgegengeschleppt wurden. Dass der eine es selbst verschuldet hatte. Und der andere irgendwie ... ja irgendwie auch.
    Zuerst war sie wie erstarrt am Strand stehen geblieben, ihnen dann nachgelaufen. Sie hatte versucht, auf Davides Männer einzureden, doch jene hatten sie gar nicht erst beachtet.
    »Sei still!«, hatte Gaspare schließlich gemurrt. »Sei endlich still! Oder willst du ihre Aufmerksamkeit auf dich ziehen?«
    Sie hielt den Mund, aber lief ihnen trotzdem nach – wohin sollte sie sonst gehen? Was tun auf einer fremden Insel mit schroffer und felsiger Küste, klarem, jetzt in den Vormittagsstunden türkis glänzendem Wasser und in der Ferne die Ahnung von Bergen, nicht spitz, sondern merkwürdig rund, als wären es die Finger der Erdenmutter, die sie dem Himmel entgegenstreckte?
    Wiewohl die Küste hier flach war, war der Weg doch holprig: Die Wurzeln von Bäumen – Pinien und Zypressen, Eichen und Kastanien – machten ihn ebenso uneben wie viele Steine, und sowohl Gaspare als auch Ray schrammten sich ihre Knie blutig, wann immer sie so grob gezogen wurden, dass sie fielen. Das geschah oft. Obwohl sie bald die Lust verloren hatten, auf sie einzuschlagen, hatten Davides Männer doch gleichbleibend Spaß daran – desgleichen wie sie während einer Rast dürsten zu lassen. Sie waren auf ein Bächlein gestoßen, das dünn, aber klar über einen Felsen blubberte, doch sie hielten beide Männer fest, als sie sich daran laben wollten.
    Gaspare ertrug es starr und schweigend, Ray aber suchte mit ihnen zu handeln.
    »Hört mir zu! Gegen mich werdet ihr doch keinen Groll haben! Ich bin nicht euer Feind! Könnt ihr euch nicht an mich erinnern ...«
    Eine Faust traf ihn ins Gesicht, brachte seinen Mund zum Schweigen und seine Nase zum Bluten.
    Wie vorhin traf ihn Gaspares verächtlicher Blick, auch wenn jener sich weiterhin der Worte enthielt.
    Zögernd ging Caterina zur Quelle, suchte mit ihren Händen etwas Wasser zu sammeln und zu den beiden zu bringen. Davides Männer hinderten sie nicht daran, lachten sich stattdessen halbtot, weil das meiste Wasser ihr durch die Finger rann, noch ehe sie damit Rays oder Gaspares Lippen netzen konnte. Die wenigen Schlucke, die sie ihnen dennoch bringen konnte,

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