Die Tochter des Ketzers
helfend, stets bereit, Verständnis zu zeigen. Doch dann – dann war plötzlich auch Gaetanus auf seine Knie gesunken. Er hob die Hand nicht mehr, um die Sklavin zu schlagen, sondern streckte sie nach einem der Küchlein aus, um Julia Aurelia zu helfen.
Dieses Bild und auch, wie er sie dabei ansah, hatte sich in mein Gedächtnis gebrannt und trieb mir nun Tränen in die Augen. Ich riss eine der Nadeln aus meinem Haar, die Julia mir geschenkt hatte, scherte mich nicht darum, dass sich einige Strähnen schmerzhaft darin verfingen. »Hier«, sagte ich kalt, »hier ... das wolltest du doch haben.«
Thaïs’ Überraschung war größer als ihre Freude. »Vorhin noch hast du strikt abgelehnt, mir etwas von deinem Schmuck zu schenken.«
»Ich brauche es nicht mehr«, murmelte ich, »es zählt nicht mehr, nichts zählt mehr.«
»Aber ...«
»Nichts, Thaïs! Sag kein Wort mehr!«
Sie beugte sich dem Befehl nicht – noch nicht. »Warum bist du so hart zu mir, Krëusa? Was ist mit dir geschehen?«
Oh, ich fühlte mich nicht hart. Es gab kein schützendes Schild zwischen mir und der Welt, das die vielen kleinen Pfeile hätte abhalten können, die mein Herz trafen.
Sie war ihm also aufgefallen, damals am Hafen; er hatte nicht einfach durch sie hindurchgesehen, wie ich es vermutet hatte. Vielleicht war sie der eigentliche Grund gewesen, warum er den Kaufmann Eusebius so häufig einlud. In jedem Falle wollte er ihr offenbar Gutes tun, als er mich zu ihr schickte, um sie zu schmücken, nicht ahnend, dass eine wie Julia keinen Gefallen daran fand. Nun, er kannte sie nicht, aber das hatte ihn nicht abgehalten, mich jedes Mal zu erwarten, wenn ich von ihr wiederkehrte, und mich nach ihr auszufragen. Und es hatte ihn nicht abgehalten, sie heute so auffällig anzustarren, dass selbst Thaïs es bemerkte.
Unerträglich, mich von diesen Schmerzen fällen zu lassen und tatenlos dabei zuzusehen. Ich ließ Thaïs stehen und verließ den Raum.
Dieser Schmerz, diese Ohnmacht, diese Enttäuschung – ich musste ihnen irgendetwas entgegensetzen.
Kapitel XI.
Mittelmeer, Frühling 1284
Das Gehen war unendlich schmerzhaft. Auch liegend und hockend hatte Caterina um den geschundenen Körper gewusst, doch nun war ihr, als würde bei jedem Schritt die Haut zwischen den Beinen zerreißen. Sie fühlte, wie sie blutete, viel stärker, als sie es ansonsten monatlich gewohnt war. Nutzlos deuchte es sie, sich das Stöhnen zu verbeißen und zu versuchen, halbwegs aufrecht zu gehen, anstatt wie ein waidwundes Tier zu hinken, wenn sie doch ohnehin eine rote Spur hinterließ. Deswegen und auch weil der Knabe sie zwar aus sanften, aber nicht sonderlich mitleidigen Augen anblickte, trachtete sie gar nicht erst nach Verstellung.
»Was ... was will dieser Gaspare von mir?«, fragte sie zwischen dem Stöhnen.
Akil war so höflich, sich ihrem langsamen Tempo anzupassen, aber er antwortete nicht, sondern zuckte nur mit den Schultern, während er sie durch das Schiff führte. Offenbar befand sich die Kammer, in der man sie und Ray eingesperrt hatte, an dessen Bug, indessen Gaspare seine Kajüte am hinteren, breiter werdenden Ende hatte. Das Schiff durchquerend musste Caterina manches Mal den Kopf einziehen, um nicht an den Nägeln, Ketten und Eisenstückchen hängen zu bleiben, mit denen die Holzbalken zusammengefügt waren, desgleichen wie sie darauf achtete, nicht über die Taue und Dielen zu stolpern, die auf dem Boden lagen. Die ersten Räume, die sie durchschritten, waren eng, finster und voll üblem Gestank – nach Teer, mit dem das ganze Schiff eingestrichen war, um das Wasser abzuhalten, und nach dem Schweiß von jenen Mitgliedern der Mannschaft, die hier schliefen. Noch grässlicher wurde der Gestank, als sie das Vorschiff verlassend in den Ruderraum kamen, mit schmalem Mittelgang und Bänken rechts und links, auf denen jeweils vier Ruderer hockten, keine Galeerensklaven, wie sie später erfuhr, sondern freie, wiewohl schlecht bezahlte und als Pack verschriene Männer, und von dem Rudermeister angetrieben wurden. Der Gang war erhöht, weil von Kisten übersät, wohl mit Proviant oder Handelsgütern gefüllt, die aus Platzgründen hier gelagert wurden. Caterina zuckte zusammen, hielt inne, als sie die Männer sah, und der Schmerz zwischen ihren Schenkeln begann noch heftiger zu pochen.
Doch Akil zog sie weiter, und die Männer blickten nicht auf – entweder weil sie ob des eintönigen Tagewerks längst abgestumpft waren für alle Reize oder
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