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Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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ihr wollt!« überlassen hatte, hatte er kaum mehr als geflüstert. Leise wie die Worte war die Erinnerung daran; doch gerade weil sie so unaufdringlich schien, vermochte sie es, sich unter der Nüchternheit durchzuschummeln, und durch jene kleine Lücke kroch auch ein wenig Furcht. Caterina fühlte ihre Hände schweißnass werden, und diesmal musste sie ihre Lippen aufeinanderpressen, um weiterhin ausdruckslos in sein Gesicht starren zu können.
    »Hast du nicht gehört, was ich dich gefragt habe? Verstehst du meine Sprache?«
    Er klang nicht mehr ganz so gleichgültig wie eben noch, sondern ein wenig ungeduldig und gereizt. Sie duckte sich unwillkürlich, aber wagte nicht, ihm eine Antwort schuldig zu bleiben.
    »Ich verstehe deine Sprache. Es ist die meiner Großmutter.«
    Zumindest ihre Stimme ward von der aufsteigenden Furcht noch nicht verzerrt.
    »Also, ist es wahr, dass du schreiben kannst?«
    Mit einem Ruck stand Gaspare auf. Erst jetzt gewahrte Caterina , dass er überhaupt gesessen hatte. Er war viel größer als sie, größer noch als Ray.
    Sie schlug die Augen nieder, nickte.
    »Wenn das stimmt, trifft es sich gut«, sprach er nunmehr gehetzt, wenngleich nicht lauter. »Beim letzten Sturm ist der Scribe, mein Schreiber, über Bord gegangen. Du wirst künftig die Eintragungen ins Bordbuch machen. Und meine Geschäftsbücher führen.«
    Sie starrte auf den hölzernen Boden. Wie viel von ihrem Blut darin schon versickert war?
    »Wer sagt dir, dass ich es tue?«, fragte sie leise.
    Sie fühlte sich selbst zusammenzucken ob der vorlauten Worte. Eine andere musste sie gesprochen haben, nicht sie, eine Macht von ihr Besitz ergriffen haben, die sie nicht kannte und die ihr unheimlich war. Jene Macht kannte weder Furcht noch Grauen, vielleicht, weil ihr das Schlimmste bereits zugestoßen war.
    Er kam einen Schritt näher, langsam, aber nicht minder bedrohlich.
    »Sieh dich vor, dass ich es nicht erzwingen muss.«
    Er kniff die Augen zusammen; aus den schwarzen Löchern wurde ein Spalt.
    Wieder stieg Furcht in ihr hoch, zog ihr die Kehle zusammen. Doch wieder wehrte jenes fremde Ich sie ab. Wie hatte dieses Ich es geschafft, dem tiefsten Seelenkerker zu entkommen, wie, von ihr Besitz zu ergreifen? Vielleicht, weil es eine Leere gewittert hatte, die sich umso leichter erobern ließ, weil sie ihm nichts entgegensetzen konnte. Vielleicht, weil es gar nicht so fremd war, vielmehr schon einmal ihr Handeln bestimmt hatte, damals, als sie ihren Vater sterben sah, sich selbst jedoch rechtzeitig vor den herunterkrachenden Balken schützen konnte, als sie ob der großen Welt beinahe zu Tode erschrocken war, aber doch genug Mut fassen konnte, um ihren Weg zu gehen und sich auf die Suche nach Ray zu machen.
    »Du kannst es erzwingen«, gab sie tonlos zurück, fast gleichgültig. »Aber kannst du mir dann auch trauen? Hasse ich dich, würden mir womöglich Fehler unterlaufen. Bin ich dir dankbar, werde ich sorgfältiger arbeiten.«
    Er beugte den Kopf ein wenig vor, als wäre sie es jetzt erst wert, betrachtet zu werden. Seine Lippen verrutschten zu einem schmalen Lächeln. »Wenn du mich betrügst, hack ich dir die Hand ab, erst die eine, dann die andere.«
    Caterina fühlte, wie ihre Knie bebten. Gewiss würden sie sogleich derart schlottern, dass sie sich nicht länger aufrecht halten konnte. In ihrem Bauch entstand ein Kribbeln, drohte, die Erstarrung aufzuwärmen. Doch sie antwortete, noch ehe es bis in ihren Kopf gestiegen war, diesmal der Fremden dankbar, die aus ihr sprach.
    »Wenn du mich vor deinen Männern schützt, mich und Ray, wenn du mich ihnen nicht wieder preisgibst, werde ich dich nicht betrügen.«
    Die Schlitze, zu denen er die Augen gepresst hatte, wurden noch schmaler. Er sagte kein Wort, nickte nicht, hob lediglich die Hand, um mit den Fingern zu schnipsen. Augenblicklich erschien Akil und begriff, was sein Herr wollte, auch ohne dass jener Worte machen musste. Er packte Caterina am Arm, um ihr anzudeuten, dass es Zeit zu gehen war, und als sie sich nicht selbst rührte, so verstärkte er den Griff und zog sie einfach mit sich hinaus.
    Schweigend legten sie anfangs jenen Weg zurück, auf dem sie gekommen waren. Caterina fühlte sich von dem Gespräch mit Gaspare zu benommen, um den Blick wahrzunehmen, den Akil ihr dann und wann von der Seite zuwarf.
    Erst als er stehen blieb, sie wieder am Arm packte, jedoch nicht fest wie vorhin, sondern sehr vorsichtig – er ließ sie auch gleich wieder los –, da

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