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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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betrunken. Irgendwie ist es dann zu einem Tumult gekommen, aber mittlerweile hat er sich wieder etwas gelegt.« Sie musterte Eigons Gesicht. »Der Plebs gerät schnell außer Rand und Band.« Sie schauderte. »Aber du hattest Angst vor etwas anderem als dem
Tumult. Du hast gedacht, dass es jemand auf dich persönlich abgesehen hat, oder?«
    Erstaunt sah Eigon auf. »Woher weißt du das?«
    Abwehrend schüttelte Antonia den Kopf. »Ich habe dich beobachtet. Dich hat das, was passiert ist, irgendwie nicht überrascht.«
    »Sie haben meinen Namen gerufen. Sie wussten, dass ich hier bin. Die anderen haben es nicht bemerkt.«
    »Weißt du, warum jemand dir etwas antun sollte?«, fragte Antonia freundlich.
    Eigon machte eine ausweichende Geste. »Ja, ich weiß, warum. Aber es ist eine lange Geschichte …« Sie schaute beiseite. »Vielleicht nicht heute Nacht.«
    »Ich verstehe. Es geht mich nichts an.« Antonia wirkte nicht im mindesten gekränkt. »Ich hoffe bloß, dass deine Familie sich keine zu großen Sorgen macht. Möchtest du, dass wir einen Boten …«
    Eigon schüttelte den Kopf. »Wir sollten eigentlich überhaupt nicht in der Stadt unterwegs sein. Aber vielleicht haben sie gar nicht bemerkt, dass wir weg sind. Meinem Vater geht es nicht gut. Manchmal spricht meine Mutter tagelang nicht mit mir und nimmt mich gar nicht wahr.«
    »Das ist traurig.«
    Eigon nickte. »Meinem Lehrer wird es auffallen, aber er wird sich erkundigen und herausfinden, dass Julia und Flavius auch nicht da sind, und dann wird er sich denken, dass wir in den Krawall geraten sind.«
    Antonia machte ein verdutztes Gesicht. »Wie alt bist du denn? Ich hätte gedacht, dass du schon viel zu alt bist, um einen Lehrer zu haben. Ich habe sobald wie möglich mit dem Unterricht aufgehört.«
    Eigon lachte. »Ich glaube, ich bin vierzehn oder fünfzehn. Ich weiß es nicht genau.« Sie zuckte unbekümmert mit den
Schultern. »Bin ich zu alt? Melinus sagt, man könnte sein ganzes Leben mit Lernen verbringen.«
    »Das klingt alles sehr ernst.« Antonia schnitt eine Grimasse.
    »Nicht immer. Deswegen haben Julia und ich auch den Ausflug in die Stadt unternommen. Wir waren einkaufen.«
    »Trotzdem. Wo wohnst du?«
    Eigon beschrieb es ihr, und Antonia war beeindruckt. »Ich dachte, das wäre eine Villa des Kaisers.«
    »Sie hat auch dem früheren Kaiser gehört. Er hat uns das Leben gerettet. Er hat uns das Haus geschenkt.«
    »Weshalb?«
    »Mein Vater war - ist - in unserer Heimat ein König. Er wurde gefangen genommen, und wir wurden nach Rom gebracht, um dem Volk vorgeführt und getötet zu werden, aber der Kaiser hat uns verschont. Das ist jetzt schon sehr lange her.«
    Antonia schauderte. »Wir leben in einer grausamen Welt.« Sie seufzte. »Du musst furchtbare Angst gehabt haben.«
    Eigon nickte. »Aber Claudius war gut zu uns. Und bislang hat Kaiser Nero uns in Ruhe gelassen.«
    Antonia schüttelte den Kopf. »Er ist ein wilder junger Mann. Deswegen hat er so begeistert beim Aufruhr heute Nacht mitgemacht!« Sie seufzte. »Aber solange Seneca und Burrus an seiner statt regieren, während er sich amüsiert, ist Rom relativ sicher. Das sind vernünftige Männer, und in ein paar Tagen werden alle den Tumult vergessen haben, und in Rom kehrt wieder Ruhe ein.«
    »Mir kommt er außerordentlich töricht vor!« Eigon stand noch unter Schock. »Aelius, das ist unser Haushofmeister, hat uns erzählt, dass im Volk eine Menge Gerüchte und Gräuelgeschichten über ihn kursieren.« Sie biss sich auf die
Unterlippe. Die Ereignisse des vergangenen Abends hatten sie zutiefst verstört.
    Antonia legte den Kopf schief. »Welches Land war das, in dem dein Vater König war?«
    »Wir haben auf den britannischen Inseln gelebt. Claudius nennt sie - nannte sie - Britannien. Mein Vater war - ist - König der Catuvellaunen und der Silurer, das ist der Stamm meiner Mutter. Aus unseren Stämmen kamen die tapfersten Krieger. Das Land war unbeschreiblich schön. Manchmal sitze ich da und sehe es in Erinnerung vor mir. Sanfte grüne Hügel und Wälder und Rinder und Schafe und wunderschöne kleine Pferde und Hunde. Und freundliche Holzhäuser mit runden Außenwänden und strohgedecktem Dach. In Städte wie Rom sind wir nie gefahren. Vielleicht gab es auch keine. Camulodunum war die größte Stadt, die ich dort kannte, aber sie war ein Dorf im Vergleich zu Rom.« Sie trat näher zu Antonia. »Und du - woher kommst du?«
    »Die Familie meines Großvaters lebt seit vielen Jahren in

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