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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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zutrauen.«
    »Aber du spürst nicht, dass er in der Nähe ist?« Er sah sie prüfend an. Er hatte großen Respekt vor Eigons geheimnisvoller Wahrnehmung, doch in den letzten vier Tagen war sie ihm zunehmend deprimiert und in sich gekehrt erschienen. Sanft berührte er ihre Hand.
    Sie trat einen kleinen Schritt zurück und schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Gelegenheit dazu gehabt. Die vergangene Nacht war schrecklich.« Sie und Drusilla hatten sich in einem mansio zwei Betten genommen, waren aber vor dem Schmutz und den Flöhen geflohen. Der unflätige Wirt, der einzige Mensch, der die Verantwortung für das Gasthaus zu haben schien, hatte ihre Münzen eingesteckt und sich geweigert, ihnen etwas zurückzugeben; ganz im Gegenteil, als sie sich beschwerten, hatte er sie wüst beschimpft. Commios hatte es sich beim Maulesel im Stall bequem gemacht und weit besser geschlafen. Die Nächte davor waren nicht wesentlich besser gewesen. Zudem waren hier die Straßen holprig und überwuchert. Wer immer die Aufgabe hatte, das Gebüsch regelmäßig zu stutzen und die Straße instand zu halten, war ihr schon lange nicht mehr
nachgekommen. Ein- oder zweimal glaubten sie zu spüren, dass sie von den Bäumen aus beobachtet wurden. Der Maulesel, sonst ein sehr friedliches Tier, war schreckhaft geworden und scheute beim leisesten Geräusch aus den Wäldern, die von den umgebenden Bergen bis dicht an die Straße heranwuchsen. Nachts hörten sie Wölfe heulen.
    »Ich würde vorschlagen, dass wir bald Rast machen. Wenn wir einen hübschen Ort finden«, sagte Commios munter. »Dort bleiben wir ein paar Tage, damit sich der Esel ausruhen kann. Und unsere Füße.« Grinsend schaute er auf seine Füße, sie waren mit Blasen und Schürfwunden übersät. »Hat eine von euch darauf geachtet, was auf dem letzten Meilenstein stand? Gestern Abend sagte ein Kerl in den Stallungen, Lutetia sei nicht schlecht. Vielleicht könnten wir ein bisschen tiefer in die Tasche greifen und uns eine anständige Unterkunft suchen.« Er schaute zu Drusilla. Sie hatte die Augen geöffnet und sah sich um. Selbst ihre scheinbar grenzenlose Munterkeit hatte sich offenbar erschöpft. Sie lächelte matt. »Das klingt gut. Haben wir noch genügend Geld?« Commios war für die Geldbörse verantwortlich.
    Er nickte. »Wenn wir nicht dem Wunsch nachgeben, dem Luxus zu frönen!«, meinte er fröhlich. »Ich schätze, in vierzehn Tagen haben wir die Küste erreicht. Ein paar mehr, wenn wir unterwegs haltmachen. Vielleicht kann ich in Lutetia ja etwas Geld verdienen.«
    »Verdienen?« Eigon schaute ihn fragend an. »Was kannst du denn?«
    Er lachte. »Ah so. Du schätzt mein Verdienstpotenzial also nicht allzu hoch ein! Das zeige ich dir, wenn wir dort sind.«
    Er hielt Wort. Zu ihrer Freude erreichten sie an dem Abend eine relativ große Stadt, die am Ufer eines breiten,
langsam dahinströmenden Flusses lag. Ihnen wurde der Weg zu einer hübschen Herberge gewiesen, wo es saubere Laken und, noch besser, sauberes Wasser gab. Während Drusilla und Eigon sich mit der Wirtin unterhielten und ihr Angebot einer Mahlzeit annahmen, schlüpfte Commios hinaus. Als er zurückkam, leerte er triumphierend einen Beutel Münzen auf den Tisch.
    Eigon starrte ihn an. »Wie in aller Welt hast du das bekommen?« Sie betrachteten die Münzen, eine Mischung römischer Asse und Sesterzen, ein paar Denare sowie eine Handvoll gallischer Bronze- und Silbermünzen.
    Ihre Wirtin lächelte. »Euer Ruhm ist Euch nach Hause vorausgeeilt, Herr. Ihr wusstet nicht, was er treibt?« Sie lachte über Eigons verblüfftes Gesicht.
    »Nichts Schlechtes!«, warf er rasch ein. »Ich habe für mein Abendessen gesungen.«
    »Gesungen?« Drusilla schaute zu ihm. »Ich habe gar nicht gewusst, dass du singen kannst!«
    Verlegen schaute er zu Boden. »Für Geld habe ich es noch nie gemacht. Es kommt mir zu sehr vor wie Betteln.«
    »Aber uns hast du auch nichts vorgesungen. Und unseren Brüdern und Schwestern zu Hause auch nicht.« Sie klang vorwurfsvoll.
    Wieder zuckte er mit den Schultern, sah aber betreten drein. »Ich wollte mich nicht in den Vordergrund drängen. Ich kenne nur die Lieder meiner Heimat, die meine Mutter mir beigebracht hat. In Rom hätten sie niemandem gefallen, aber ich dachte, vielleicht würden sie Anklang finden, wenn wir erst wieder in Gallien sind. Ich dachte, einen Versuch ist es wert.«
    »Das war mehr als einen Versuch wert.« Eigon legte eine Hand auf seine. »Ein stilles Wasser, so

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