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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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    »Wir würden es dir und deinem Stamm nicht vorwerfen, wenn ihr euch die Belohnung verdienen wollt.«
    »Das würde uns nicht zur Ehre gereichen«, antwortete Taxilos streng. »Ihr habt von uns nichts zu befürchten, aber ich möchte euch warnen, dass er in Rom eine mächtige Verbündete hat. Sie kann ebenso in die Ferne sehen wie in die Vergangenheit und die Zukunft.«
    »Marcia«, murmelte Eigon. »Ich habe sie gesehen.«
    Damit hatte sie seine Aufmerksamkeit geweckt. »Dann wurdest du von einem Druiden ausgebildet, Herrin, so römisch du sonst wirken magst.«
    Sie nickte. »Melinus. Er war jahrelang mein Lehrer.«
    »Und jetzt ist er tot?«
    Sie biss sich auf die Unterlippe. »Er ist in Rom im Zirkus gestorben.«
    Taxilos verzog das Gesicht. »Und uns nennen sie Barbaren! Du weißt, dass er noch immer über dich wacht? Bitte ihn um Rat, wenn du ihn brauchst.«
    Eigon warf einen Blick zu Commios, der nur mit den Schultern zuckte. Sein Gesicht war blass, er sah sich unbehaglich im Raum um. Eigon spannte sich an. Lauerte hier Gefahr?
    Der Druide bemerkte ihr Unbehagen und lächelte dünn. »Du hast von mir nichts zu befürchten. Ich bin kein Kundschafter der römischen Soldaten. Ich sorge dafür, dass euch morgen alles gegeben wird, was ihr braucht. Jetzt schlage ich vor, dass ihr euch schlafen legt. Ihr habt noch eine weite Reise vor euch, die Winde werden immer stärker, und die Wellen, die eure Insel beschützen, werden mit jedem Tag größer.«
    Damit drehte er sich wieder zu seinem Schreibtisch. Eigon und Commios erhoben sich wortlos und gingen. Erst nachdem sie fort waren, schaute Taxilos von seiner Schriftrolle auf und starrte nachdenklich zum Fenster. Marcia
Maximilla war eine mächtige Gegnerin. Von ihrem Haus hinter dem Tempel der Vestalinnen aus tasteten sich ihre gierigen Finger durch das ganze römische Universum. Selbst hier, im abgelegenen Gallien, hatte man von ihr gehört und zuckte bei ihrem Namen zusammen. Lächelnd spielte er einen Moment mit der reizvollen Überlegung, die Herausforderung anzunehmen und ihre Pläne zu vereiteln. War er dem gewachsen? Der Gedanke war verlockend.
     
    »Wo bist du, Titus, du Schwein?« Daniel hieb mit den Fäusten aufs Lenkrad. Er schwitzte heftig, das Hemd klebte ihm am Rücken. Er kurbelte das Fenster herunter und wich, nur eine Hand am Steuer, laut fluchend einem Radfahrer aus. Endlich entdeckte er an der schmalen Straße eine Parkbucht, in der er stehen bleiben konnte. In der Ferne zeichnete sich die Hügelkette jenseits von Ty Bran ab.
    »Und was mach ich, wenn sie hier ist?«, fragte er laut. »Du willst, dass sie stirbt, stimmt’s, du perverser Lüstling? Aber du willst die Dreckarbeit nicht selber machen! Du willst zuschauen, wie ich sie für dich erledige!«
    Er stieß die Tür auf und stieg aus. Seine Beine zitterten, er hatte ein flaues Gefühl im Magen. Er stand neben der Hecke, starrte über das Tal hinaus und wartete, ob er sich gleich übergeben musste. In der Ferne konnte er gerade das Haus ausmachen, das sich an den Rand des Grats unterhalb des Waldes schmiegte. Von hier aus sah er, wie unendlich weit sich diese Wälder hinzogen, die sich wie ein weicher, grüner Teppich über die Bergkämme und hinab ins nächste Tal erstreckten, während weit hinter ihnen die höheren, unbewaldeten Berggipfel aufragten. In den Wäldern konnte sich jederzeit jemand verirren und nie wieder gefunden werden! Er lächelte kalt und wischte sich mit dem Handrücken die Stirn ab. Die Übelkeit verging.

    In seinem Kopf klang noch die Verachtung in Nats Stimme nach. Er versuchte die Erinnerung daran zu verdrängen. Dieser Teil seines Lebens war jetzt vorbei, jetzt konnte er nicht mehr zurück. Und weshalb sollte er auch? Selbst die Kinder waren ihm fremd geworden, kleine Klone ihrer Mutter, die ihn insgeheim vermutlich genauso verachteten. Er schüttelte den Kopf und schob die Erinnerung an seinen kleinen Sohn fort, der ihm die Arme um den Hals schlang. Sein Mund verzog sich zu einem gehässigen Grinsen. Die konnte er jetzt getrost vergessen. Sie hatten ihm ohnehin nur im Weg gestanden. Endlich konnte er hingehen, wohin es ihn trieb, endlich konnte er die Dinge tun, von denen er so lange schon träumte. Er warf einen Blick auf die Uhr. Als Allererstes würde er sich für die kommende Nacht ein bequemes Bett suchen. Verflucht sollte er sein, wenn er auch nur ein Mal noch in einem billigen Motel, oder, schlimmer noch, im Auto schlief. Diese Nacht würde er sich

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