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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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einen ortskundigen Führer an, und wenig später saßen er und sein junger Begleiter Drusus im ersten anständigen Gasthaus, das sie gefunden hatten, am lodernden Feuer vor einer heißen Mahlzeit. Der Hafen war wie jeder andere Hafen auch - laut, dreckig und voll Menschen. Aber am Kai standen solide Gebäude und fachkundig reparierte Lagerhäuser, von denen gute Straßen zu einem betriebsamen Markt führten.
    »Ja, und wie finden wir jetzt heraus, wohin sie gegangen sind?« Drusus schaute von seinem heißen Eintopf auf. Auf seinem Kinn hatte er etwas Soße verschmiert. Liebevoll grinste Julius ihm zu und verschwieg den Fleck taktvoll. Er hatte diesen frühreifen Sohn der Ärztin mit seinen wilden dunklen Haaren, dem ansteckenden Lachen und den schlaksigen Gliedmaßen ins Herz geschlossen. »Ich habe keine
Ahnung, was wir jetzt machen.« Er zuckte mit den Schultern.
    »Weißt du viel über Britannien?« Der junge Mann nahm sich einen weiteren Kanten Brot.
    Julius pulte ein Stück Getreidehülse zwischen den Zähnen heraus. »Nur das, was Eigon mir erzählt hat. Sie sagte, es würde hier viel regnen.« Sie schauten zur Tür, durch die gerade eine kleine Gruppe Männer eintrat, und hörten den Regen, der auf die Pflastersteine trommelte und die Dachrinnen hinablief. »Sie hat auch gesagt, es sei wunderschön und sanft und grün, und überall gebe es Berge.«
    »Dann kann es nicht dieser Teil von Britannien gewesen sein«, schlussfolgerte Drusus. »Der Mann, mit dem wir auf dem Boot gesprochen haben, sagte, die Berge seien im Norden und weiter drüben im Westen.« Er nahm einen Bissen und kaute nachdenklich. »Wie groß ist Britannien eigentlich? Weißt du das?«
    Julius lachte. »Ziemlich groß. In diesem Land gibt es noch gewaltige Gebiete, die nicht zum Reich gehören. Und überall leben wilde Stämme.«
    »Und deine Freundin ist eine wilde Stammesfrau?« Der Junge sah ihn keck an.
    Julius nickte nachsichtig. »Das kann gut sein. Ihr Vater wurde zwar gefangen genommen, aber damit war der Widerstand der Silurer meines Wissens längst nicht gebrochen. Wenn überhaupt, begehrten sie sogar noch mehr gegen uns auf. Und weiter im Norden gibt es Stämme, die noch wilder sind. Ich glaube, wir sollten nach Silurien, dorthin wird Eigon sicher als Erstes gegangen sein. Das Volk ihrer Mutter kam von dort, und ich glaube, sie liebte die Gegend. Ihr Vater war ursprünglich König der Catuvellaunen und Trinovanten, die sich mittlerweile großteils mit der römischen Herrschaft abgefunden haben, obwohl ich fürchte, was wir
in Rom gehört haben, ist nicht unbedingt die ganze Wahrheit.« Er schauderte unwillkürlich.
    »Nun denn.« Drusus nahm sich eine weitere Portion Eintopf aus der Schüssel und würzte sie mit einem kräftigen Schuss Fischsoße aus dem Gefäß, das danebenstand. »Dann müssen wir herausfinden, wie man nach Silurien kommt.«
    Offenbar mussten sie zunächst nach Londinium, dann die Richtung nach Calleva einschlagen, der Stadt der Atrebaten, und sich von dort entweder nach Aquae Sulis oder nach Glevum wenden. Als sie sich erkundigten, wie lange diese Reise dauern würde, bekamen sie nur Achselzucken und Kopfschütteln zur Antwort. Die Leute streckten die Hände aus, zählten an den Fingern ab und kamen zu dem Schluss, dass eine Reise zu einem derart abgelegenen Ort Wochen, wenn nicht gar Monate oder Jahre in Anspruch nehmen könnte. Julius wurde zunehmend bedrückt, doch zu seinem Glück fand Drusus dieses Abenteuer immer noch sehr aufregend und steckte voll praktischer Ratschläge, wenn es darum ging, Pferde auszuwählen und mit den Einheimischen zu verhandeln. Solange Drusus regelmäßig und reichlich zu essen bekam, waren seine Reserven an Kraft und guter Laune schier unerschöpflich, das war Julius schon sehr bald klargeworden.
    Sie erstanden zwei stämmige Pferde und brachen auf. Der Knecht, der ihnen den Weg zum Stadttor wies, meinte, es seien rund dreißig Meilen nach Durovernum. Das zumindest konnte er ihnen offenbar mit Gewissheit sagen, und als sie die Stadt hinter sich ließen, lichtete sich langsam der Nebel, und eine fahle Sonne schien auf die Straße.
     
    Dreißig römische Meilen entfernt saß Eigon nahe dem Stadttor bei der Festung an eine Wand gelehnt. Sie trug einen
warmen Umhang, der Korb hing ihr am Arm, sie hatte sich lange Zeit nicht mehr bewegt. Anfangs hatten Männer sie im Vorbeigehen lüstern angesprochen, eine Frau hatte sie als Straßenhure beschimpft, eine andere hatte ihr Arbeit

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