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Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Titel: Die Tochter des Leuchtturmmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Rosman
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kontrollieren, war es alles andere als idyllisch. Viele Entscheidungen mussten getroffen werden und oft sehr rasch, das wusste Karin, obwohl sie nur eine Leine von der
Andante
auslegte. Für denjenigen, der auf einem Fischerboot arbeitete, und obendrein allein, hieß das, er musste sowohl das Boot unter Kontrolle haben als auch eventuell aufziehende Unwetter, musste wissen, wo der nächste Hummerkorb oder die Kette mit den Krebskörben lag, ob der Platz gut gewählt oder ein Umsetzen angeraten war.
    Yngves Kutter lag passenderweise im Fischereihafen vertäut. Er selbst saß in dem grauen Geräteschuppen, an dessen Tür zur Seeseite ein Schild mit der Aufschrift »Büro« hing. Reidar, der Mann vom Marstrander Kajakverleih aus dem Gebäude nebenan, wo man auch Kajaks kaufen konnte, hatte auf eine Tasse Kaffee vorbeigeschaut. So früh in der Saison und dann noch an einem Wochentag waren nur wenige zum Paddeln unterwegs.
    »Tat grad ’rinfahrn bei Lyktan«, sagte Yngve, als Antwort auf Robs Frage, wo er die Leiche gefunden habe.
    »Wisst ihr, wo P.G.s Haus liegt?«, fragte Reidar, als er die fragenden Gesichter der beiden sah.
    »Ja, das ist das graue Haus auf der Seite von Koön an der nördlichen Einfahrt«, erwiderte Karin.
    »Vor der nördlichen Einfahrt«, berichtigte Yngve, als er zu der großen Seekarte an der Wand ging. Er zeigte, welchen Weg er am Morgen genommen hatte und wie er zurückgekehrt war. Karin folgte seinem Finger vorbei an Marstrandsön, bis vor die Pater-Noster-Schären, deren Inseln Namen trugen wie Pottan, Elloven, Levern, Stora Buskär, Långeryggen und Systrarna. Kurz vor der nördlichen Einfahrt hatte Yngve etwas im Wasser schwimmen sehen.
    »Einen Taucher. Als ich näher kam, sah ich, dass er tot war«, fuhr Yngve fort. »Ich rief die Küstenwache über VHF an.«
    »Funk. VHF-Funk«, sagte Karin zu Robs Erklärung.
    »Die 051 ging gerade südwärts Richtung Göteborg und war in zehn Minuten an Ort und Stelle.«
    »Das Schiff 051 der Küstenwache, das zur Schadstoffbekämpfung eingesetzt wird?«, fragte Karin. Yngve nickte.
    »Aber als die Jungs von der 051 die Leiche bargen, sahen sie, dass die Hände fehlten und die Beine zusammengebunden waren. Das deutet ja darauf hin, dass etwas … also, nicht stimmt. Ja, verdammt.« Yngve wischte sich mit dem Hemdärmel über den Mund. »Ich hörte, wie sie die Seepolizei anriefen, und denke, sie wollten weiter im Süden aufeinandertreffen.«
    Karin notierte, wo genau die Leiche gefunden worden war, und fragte bei der Gelegenheit, was für Wind geherrscht hatte und in welche Richtung die Strömung ging. Yngve antwortete anerkennend auf ihre Fragen.
    »Bestimmt sind es diese Ärsche«, brummte er dann.
    »Diese Ärsche?«, fragte Karin und versuchte Rob zu ignorieren, der hinter den beiden Männern stand und heimlich auf die Körperteile gleichen Namens zeigte.
    »Das Umerziehungsheim«, erklärte Reidar. »Wir haben hier draußen so eins für Jugendliche, die ein bisschen auf die schiefe Bahn geraten sind. Die beschäftigen sich unter anderem mit Tauchen, Yngve meint, der Tote könnte einer von ihnen sein.«
    »Aber wenn dort ein Unfall passiert wäre, wüssten wir es bestimmt schon«, meinte Karin.
    »Da kann man nicht so sicher sein«, entgegnete Yngve skeptisch. »Banditen, und dann schickt man sie auf Urlaub in die Schären.« Er schüttelte den Kopf. »In meiner Jugend bekam man ne Tracht Prügel, und damit war gut.«
    »Jetzt bist du ungerecht«, mischte sich Reidar ein. »Man gibt diesen Jungs ganz schnell die Schuld, wenn hier draußen irgendwas passiert. Aber ich kann euch sagen, dass auch die Jugend von Marstrand nicht wenig Unfug verzapft. Vor ein paar Jahren, erinnerst du dich, als auf dem Parkplatz von Myren und auf dem unten an der Bucht mehrere Autoscheiben eingeschlagen wurden? Das waren absolut welche von hier. Einer von ihnen hatte eine Fährkarte mit seinem Namen verloren, und so haben sie ihn erwischt.«
    »Zwischen unserer Jugend und diesen Banditen gibt’s ja wohl einen Riesenunterschied«, sagte Yngve beleidigt.
    »Die Jungs aus diesem Heim machen trotz allem den Versuch, ihre Situation zu ändern, deshalb sind sie schließlich hier. Sie grüßen auch immer, und ich finde, wir haben die Pflicht, sie zu unterstützen«, sagte Reidar.
    »Die nördliche Einfahrt.« Karin unterbrach die abschweifende Diskussion und zeigte wieder auf die Seekarte. Yngve berichtete, dass kein Wind geherrscht hatte, als er den Toten fand, und dass er

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