Die Tochter des Leuchtturmmeisters
hätten.«
»Richtig«, sagte Karin, »und genau das will der Schreiber dieser Worte erreichen. Schau mal.« Sie zeigte erneut auf die Seekarte. »Zwischen Systrarna und Elloven gibt es nur Wasser. Wollen mal sehen, Tiefe fünf Meter … Die Frage ist, ob da etwas im Wasser liegt. Etwas, wonach es sich zu tauchen lohnt? Wir haben schließlich einen toten Taucher …«
»Ich glaube, du kannst recht haben, und wir müssen noch einmal bei dieser total netten und unglaublich gastfreundlichen Marta Striedbeck vorbeischauen und sie ganz einfach fragen. Wenn wir Glück haben, kocht sie uns einen Kaffee, große Hoffnung hab ich allerdings nicht.«
Marita war vom Mittagessen gerade ins Präsidium zurückgekehrt. Sie stellte fest, dass der Kühlschrank im Pausenraum eine Durchsicht nötig hatte. Mehrere mitgebrachte Essenspakete lagen dort schon viel zu lange. Weiter kam sie mit ihren Überlegungen nicht, weil der polnische Dolmetscher auftauchte. Ein kleiner Mann mit Pelzmütze. Als er sie abnahm, wurde ein kahler Schädel sichtbar, so blank, dass man sich darin spiegeln konnte. Auf der linken Seite saß ein großes Muttermal, das Marita an Gorbatschow erinnerte.
»Piotr Zagorsky.« Sein Händedruck war fest und warm und der Blick freundlich, als er Marita begrüßte. Das Kaffeeangebot nahm er dankend an und folgte Marita in einen der kleineren Konferenzräume, um das Gespräch zu übersetzen, das Karin mitgeschnitten hatte.
Eine halbe Stunde später kam Marita in Carstens Zimmer.
»Gab es da was von Interesse?«, fragte der völlig unnötigerweise, so wie Marita aussah. Ihre Wangen glühten, und sie hielt einen Notizblock in der Hand.
»Wirst du gleich hören«, sagte sie. »Vier Personen fuhren in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag mit dem Boot aufs Meer. Zwei von ihnen in Taucherausrüstung.«
»Ach so? Haben sie was gefunden?«
»Eher etwas verloren. Der Mann mit dem Namen Pavel hat gesehen, dass bei der Rückkehr nur drei Personen an Bord waren. Ein Taucher fehlte.«
»Kann er irgendwo anders an Land gegangen sein?«
»Kaum, die Polen überlegten das ebenfalls, glaubten aber, dass sich die Besatzung des Bootes seiner entledigt hat. Namen fielen nicht, nur der einer Person, den sie Donner oder Blitz nannten, falls das nichts mit dem Wetter zu tun hatte. Die Polen glaubten also, dass die drei Männer im Boot sich den vierten vom Hals geschafft hatten … wollen mal sehen … den Taucher oder Markus nannten sie ihn nur.« Marita blickte von ihren Papieren auf.
»Wir haben also einen Verschwundenen«, sagte Carsten.
»Und eine gefundene Leiche«, ergänzte Marita. »Das hört sich doch so an, als könnte es die Person sein, von der die Polen redeten. Weißt du übrigens, wo Folke ist?«
»Keine Ahnung. Ist er nicht zur Rechtsmedizin gefahren? Geh übers Mobiltelefon und frage ihn und auch Karin und Robert, ob sie einen Blitz kennen.« Carsten kehrte zu seinem Computer zurück und klickte auf »Senden«.
Per wusste nicht, wie lange er schon in dem Verschlag unter der Treppe gelegen hatte, als sich die Tür endlich öffnete. Das Licht von außen war so stark, dass er die Augen zukneifen musste, um sie dann Stück für Stück zu öffnen. Erstaunt sah er die zwei Gestalten in der Türöffnung an. Mitten in dem ganzen Schlamassel musste er sich eingestehen, dass ihn der Knoten, der seine Hände zusammenhielt, fast ein wenig beeindruckte. Er war eine richtige Rarität, und soweit er wusste, gab es nur eine Person, die ihn zustande gebracht hatte: Karl-Axel Strömmer.
»Was zum Teufel soll das?«, sagte Per. »Ist das hier ein Scherz?«
»Per. Zuerst wollen wir um Entschuldigung bitten für unsere brüske Vorgehensweise, aber das war die einzige Möglichkeit. Wenn du bitte einfach zuhören würdest, was wir zu sagen haben, kannst du danach tun, wie dir beliebt.«
Zwei kleine Tantchen, dachte Per, korrigierte sich aber sofort. Verdammt noch mal, nette kleine Tantchen kidnappten keinen. Hinterhältige alte Weiber waren das. Von der schlimmsten Sorte. Allerdings erkannte er die eine wieder, das war doch die mit den Honigbonbons auf der Fähre. Diesen Scheißbonbons. Er fragte sich, was da wohl drin gewesen war. Per versuchte sich zu erinnern, wie sie hieß. Marta. Marta Striedbeck. Er hob die Hände, um sich am Kopf zu kratzen. Der schmerzte und dröhnte.
»Hör genau zu«, sagte die Frau mit den hellen Haaren, bevor sie sich vorstellte. Elin Stiernkvist. Mein Gott. Elin war doch Karl-Axels Schwester, die
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