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Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Titel: Die Tochter des Leuchtturmmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Rosman
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länger wach, als ihr die Gedichtzeilen vom Vortag einfielen. Vorsichtig hob sie Pers Arm von sich weg. Er drehte sich brummend auf die andere Seite. Sie zog den Morgenrock über, schlich auf ihren Schafwollpantoffeln die Treppe hinunter und machte Licht in dem Zimmer, das Per Bibliothek nannte. Sie persönlich fand die Bezeichnung übertrieben. Es war einfach ein nettes Zimmer voller Bücher. Die Regale waren dunkelbraun mit einem Hauch von Tiefrot. Sie reichten bis an die Decke und hätten den Raum dunkel wirken lassen, wäre da nicht die eingebaute Beleuchtung gewesen.
    Anita ging entschlossen auf eins der Regale zu und ließ zunächst den Blick, dann auch den Finger über die Buchrücken gleiten. Bücher hatten etwas Friedvolles. Es lag am Geruch und den Erwartungen, die man an ihren Inhalt hatte.
    »Hier nicht«, sagte sie zu sich selbst. Sie trat zum nächsten Regal, las die Buchtitel hinter der Glasscheibe, und ihr Blick blieb an einem der Bände hängen.
    »Vielleicht da.« Es klickte im Schloss, als sie den Schlüssel umdrehte. Vorsichtig zog sie die rechte Glastür auf und ergriff das Buch, dann schaute sie auf den Band daneben und nahm ihn ebenfalls. Sie ließ die Tür offen stehen, als sie die Bücher auf die lackierte Fläche des kleinen Beistelltisches packte und im Ohrensessel Platz nahm. Eine Tasse Tee wäre schön gewesen, aber sie war zu ungeduldig. Der Tee musste warten.
    Sie blätterte im ersten Buch vor und zurück und warf einen kurzen Blick auf die Inhaltsangabe, in der Hoffnung, dort Hilfe zu finden. Am Ende legte sie sich den Band auf den Schoß, öffnete den zweiten und sah sofort das Inhaltsverzeichnis durch.
    »Hm«, sagte sie. Seite 87. Überblätterte Schwarzweißfotos und Noten, doch bei Seite 32 blieb sie hängen. Ein Foto mit Bildtext. Anita las.
    »Mann! Das könnte stimmen …« Mit den Büchern im Arm stürmte sie die Treppe hinauf. Nahm gleich zwei Stufen auf einmal. Der rote Treppenläufer, der durch Messingstangen fixiert war, dämpfte ihre Schritte. Per schlief noch immer. Mit den Büchern im Arm setzte sich Anita auf die Bettkante.
    »Per, wach auf! Ich glaube, ich habe es gefunden.«
    Er schien zunächst verwirrt, als er entdeckte, dass er die Nacht im Schlafzimmer seiner Frau verbracht hatte.
    »Was …?«, setzte er ein, lächelte dann aber.
    »Guten Morgen. Danke für gestern.«
    Anita saß noch immer auf der Bettkante, in ihrem pfirsichfarbenen Morgenrock und mit attraktiv zerwühltem Haar.
    »Danke ebenfalls«, gab sie zur Antwort. »Du, diese Gedichtzeilen, ich glaube, ich habe es gefunden. Hör mal:
    Neptuns Hügel und Monsungebirg’
    mit weißen Kämmen dann und wann
    in ständig wechselndem Farbgewirk.«
    Sie blickte auf, als sie das erste Stück beendet hatte.
    »Das könnte eine Beschreibung des Meeres sein, genau wie wir gesagt hatten. Neptun ist der Meeresgott und der Monsun ist zwar ein Wind, aber Evert Taube, der meines Erachtens hier die Hand im Spiel hat, besaß außerdem ein Boot dieses Namens.«
    »Kann nicht wahr sein.« Per rieb sich die Augen und griff nach der Brille auf dem Nachttisch. Er fuhr sich mit der Hand durch das schüttere Haar, setzte sich auf und lehnte den Rücken ans Kopfende des Bettes.
    »Wie gut du aussiehst.«
    »Was?«, sagte Anita. »Wart mal, es kommt noch mehr.« Sie fuhr mit dem nächsten Zeilenpaar auf dem vergilbten Blatt fort.
    Dorther durch Nebel, Gischt und Gebraus
    weißblitzend grüßt das Elternhaus.
    »Der Leuchtturm von Vinga hat weißes Feuer, und dort war Taubes Elternhaus. Die Wohnung des Leuchtturmmeisters ist heute Museum.«
    »Das stimmt«, bestätigte Per. »Vinga ist ja ein Ansteuerungsfeuer und hat keine farbigen Abschnitte im Glas. Karl-Axel hat Evert Taube außerdem geliebt.«
    »Lass mich weitermachen, ja, da war das mit dem Brautpaar.«
    Die Braut so auffallend schön,
    voll Stolz steht der Bräutigam,
    doch nie ward er gehend gesehn.
    »In diesem Buch beschreibt der Dichter den Leuchtturm und die rote Bake daneben als schönes Liebespaar.« Anita reichte ihm den Band und wies auf die Seite. »Bleibt nur der Schluss, mit dem ich nicht klarkomme, das mit dem Gerät und dem Ort der Ruhe, aber Vinga muss es sein. Was meinst du?«
    »Gibt es einen Friedhof auf Vinga?«, fragte Per. »Davon habe ich nie was gehört.«
    Er schaute ins Buch. Es passte außerordentlich gut. Um eine solche Nuss zu knacken, musste einfach Anita ran. Schon immer war von ihnen beiden sie es gewesen, die mit Allgemeinwissen zu glänzen

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