Die Tochter des Leuchtturmmeisters
aber immer vollauf beschäftigt, lange Sitzungen unter vier Augen mit den männlichen Teilhabern. Was man auf diesen Sitzungen gemacht hat, lasse ich lieber ungesagt. Irgendetwas muss es ja wohl gebracht haben, schließlich hat sie einen der Teilhaber, Waldemar von Langer, geheiratet.«
Die Art, wie Marta seinen Namen, von Langer, aussprach, ließ Karin irgendwie aufmerken.
»Sie hatte die Brüder Stiernkvist im Visier. Einen von ihnen. Geld und Titel waren das einzig Wichtige. Juden zu helfen, ihr Eigentum zurückzubekommen, damit sie ein erträgliches Leben führen konnten, war in ihren Augen völligabsurd. Nicht nur sie sah das übrigens so. Unglaublich viele sympathisierten mit den Nazis, und viel zu wenige wussten, was in den Vernichtungslagern passiert war.«
Sie schüttelte den Kopf. Ihre Augen hätten tränen müssen, doch es gab keine Tränen mehr. Die waren vor langer, langer Zeit aufgebraucht worden. Karin versuchte das Gespräch weiterzuführen, aber es verlief immer zäher. Nicht mehr Marta erzählte, sondern Karin stellte Fragen, die Marta so knapp wie möglich beantwortete. Karin schaute auf die Uhr und überlegte, ob vielleicht bald ein Bus nach Göteborg ging.
»Doris«, erwiderte Marta, als Karin fragte, ob sie einen Busfahrplan hätte.
»Wie bitte?«, sagte Karin.
»Meine Nachbarin, Doris Grenlund. Das Behindertentaxi holt sie jeden Freitag und fährt sie zu ihrer Tochter, die in Göteborg wohnt. Du kannst bestimmt mitfahren, wenn du möchtest. Du willst doch nach Göteborg?«
Karin nickte, und Marta ging in den Flur hinaus. Nach einem kurzen Telefongespräch war sie wieder zurück.
»Sie wird in zwanzig Minuten abgeholt. Solange kannst du gern hier warten.«
Karin nutzte die Gelegenheit, sich die an der Wand hängenden Bilder näher anzusehen, die meisten zeigten Landschaften.
»Roland Svensson«, las sie laut vor. Das Bild war in Schwarzweiß und zeigte einen einfachen Hafen, in dem ein paar Boote neben einem Steinhaus an Land lagen.
Marta stellte sich neben sie.
»Inseln im Atlantik«, sagte Karin und deutete auf das Bild.
»Wie schön, dass du den Maler kennst. Er hat ja eine Reihe Bücher geschrieben, aber die meisten kennen nur seine Bilder. Nimm es mal runter, dann zeig ich dir was.«
Nach ihrer Erfahrung mit Martas Fotos schaute Karin zuerst auf der Rückseite nach, um zu sehen, wie das Bild aufgehängt war, bevor sie es vorsichtig herunterhob. Martanahm es in Empfang und hielt es an die Brust gedrückt, als sie es umdrehte. Mit altmodischen schnörkeligen Buchstaben hatte jemand sorgfältig auf die Rückseite geschrieben: »Marta, meinen allerherzlichsten Dank.«
Karin wies auf die Zahlen »12,56«, die dort standen, und fragte, was sie bedeuteten.
»Die Bilder müssen in einer bestimmten Reihenfolge hängen, sonst kommen sie nicht richtig zur Geltung. Eine Zeitlang hingen sie nach dem Entstehungsdatum.« Sie wies auf das erste Bild. »Das älteste Werk hing dort, und danach wurden sie jünger und jünger.« Sie sprach von ihnen, als wären es lebendige Wesen.
»Aber dann hatte ich einige, bei denen ich mir in Bezug auf das Alter nicht sicher war, und da brach das ganze System zusammen, und ich musste die Reihenfolge ändern.«
»Und nach welchem Prinzip hängen sie jetzt?«, fragte Karin.
»Nach der Sonne. Auf das dunkelste Bild fällt das meiste Licht, wenn die Sonne scheint, und je heller die Motive an sich werden, desto weniger Licht erhalten sie.«
Karin deutete die Hängung der Bilder auf ihre eigene Weise, aber ihr gefiel der Gedanke mit der Lichtverteilung. Ein einfaches Regal bedeckte den größeren Teil der rechten Wohnzimmerwand. Die Bücher standen fein säuberlich geordnet und teilten sich den Platz mit Vasen und Schmuckgegenständen. Die Fachgebiete erstreckten sich von »Grundlagen der griechischen Mathematik« bis zu »Wie rede ich mit meiner Katze«.
Das Gespräch kam nicht wieder in Gang, und als Karin bereits angezogen im Flur stand, dachte sie, ebenso gut könnte sie Marta Arvids Todesursache mitteilen.
»Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber Arvid ist an einer Vergiftung gestorben.«
Karin wusste nicht, was sie für eine Reaktion erwartet hatte, aber die Frau wirkte nicht einmal erstaunt.
»Ich habe nie an die Sache mit dem Unfall geglaubt«, erwiderte sie nur.
»Arvid wurde draußen auf Hamneskär im Vorratskeller gefunden, also auf dieser Insel mit dem Leuchtturm Pater Noster, hast du eine Ahnung, was er dort gemacht hat?«
»Auch wenn
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