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Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Titel: Die Tochter des Leuchtturmmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Rosman
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gekleidete Dame, die normalerweise am Eingang saß und den Eintritt kassierte. Das erste Paar kam aus der Gegend, und die Dame war die Tante der Braut. Rob steckte seinen Ausweis wieder ein.
    Das Kirchentor bestand aus zwei grünen Flügeln. Karin öffnete den einen. Er war groß und schwer, die alten Türangeln aber waren gut geölt und ließen sich geräuschlos bewegen. Der gusseiserne Griff an der Innenseite war kalt an der Haut, als Karin ihn festhielt, damit das Tor nur mit einem leisen Klappen hinter ihnen zufiel.
    Im Innern herrschte Stille, das Rauschen des Windes war nicht zu hören. Das Licht drang durch die hohen bleigefassten Fenster und streichelte die alten, grüngestrichenen Holzbänke. Ein roter Läufer dämpfte das Geräusch ihrer Schritte in gleicher Weise wie die Fenster die scharfen Strahlen der Frühlingssonne. Rote und graue Kalksteinplatten aus Kinnekula wechselten einander ab, und Rob und Karin betraten andächtig diesen blankgewetzten Boden. Seite an Seite gingen sie hinein, bis Karin verlegen stehen blieb, überwältigt von Gefühlen. Sie drehte sich um, heftete den Blick auf die Empore und schluckte. Wenn man hier doch zusammen mit jemandem hineinschreiten könnte.
    »Entschuldigung, wenn wir stören, aber wir sind von der Polizei in Göteborg.« Robs Stimme brachte sie zurück in die Gegenwart.
     
    Der Mann im Altarraum hielt mitten in der Bewegung inne. Er hatte eine abgegriffene Bibel in der Hand und sah abgehärmt aus, mit tiefliegenden Augenhöhlen und knochigen Fingern. Wie jemand, der einen Parasiten in sich trägt oder der ein allzu schweres Gewissen hat, das ihn langsam von innen her auffrisst.
    »Polizei?«, sagte er fragend.
    »Simon Nevelius. Bist du das?«
    »Ja, das ist richtig.«
    »Du warst in den sechziger Jahren in Marstrand tätig. Wir haben eine Frage zu einer Trauung aus dieser Zeit.«
    »Marstrand. Oje, das ist lange her, und es war außerdem nur eine Vertretung, aber ich werde mein Bestes tun.«
    »Arvid Stiernqvist und Siri Hammar. Am 3. August 1963.«
    »Ja, ich glaube, ich erinnere mich.«
    »Kannst du die Braut beschreiben?«, fragte Rob, bevor er sich wegen eines Hustenanfalls entschuldigte.
    Der Mann beschrieb die Frau.
    »Und den Bräutigam?«, fragte Karin.
    »An ihn erinnere ich mich weniger gut.« Die Antwort des Pastors kam ein wenig zögernd.
    »Blond oder dunkel?«, schlug Karin vor.
    Der Pastor schüttelte langsam den Kopf und schien zu überlegen.
    »Worum geht es?«, fragte er dann.
    »Hatte es mit der Trauung geeilt?«, fragte Rob, nachdem er sich geräuspert hatte.
    »Soweit ich mich erinnern kann, nein. Wollt ihr nicht sagen, worum es geht, dann kann ich euch vielleicht helfen.« Der Mann verlagerte seinen Blick auf Karin.
    »Wir fragen uns, warum das Datum für die Ehefähigkeitsprüfung fehlt«, erwiderte Karin.
    »Das ist nicht euer Ernst, seid ihr von Göteborg bis hierher gefahren, nur um das zu fragen? Ja, darauf kann ich auf die Schnelle keine Antwort geben. Außerdem liegt es schon so lange zurück.«
    »Wie viele Trauungen wurden vollzogen, bei denen das Datum der Ehefähigkeitsprüfung gefehlt hat?«, fragte Rob.
    Der Blick des Mannes flackerte, und er heftete ihn auf eine Putte. Der goldfarbene Engel hing oben an der Wand und schaute auf sie herunter. Der Pastor gedachte doch wohl an einem Ort wie diesem nicht zu lügen?
    »Um eins muss ich hier ein Paar trauen.«
    Karin schaute auf die Uhr, die ein paar Minuten nach zwölf anzeigte. »Und Ehefähigkeitsprüfung und alles andere sind bei diesem Paar erledigt?«, fragte sie.
    »Jaa«, erwiderte der Mann zögernd und zog an seinem Beffchen, als würde es seinen mageren Hals einschnüren.
    Karin folgte ihrer Intuition.
    »Simon, ich glaube, du erinnerst dich sehr gut. Ich glaube sogar, dass du im Nachhinein recht viel darüber nachgedacht hast. Wir ermitteln in einem Mordfall, und es wäre uns eine große Hilfe, wenn du erzählen könntest, was du weißt.« Karin war sich im Klaren darüber, dass sie etwas übertrieb. Nochkonnten sie nicht beweisen, dass Arvid ermordet worden war, nur, dass man als Todesursache eine Vergiftung festgestellt hatte, aber Simon Nevelius’ Reaktion ließ nicht lange auf sich warten.
    »Ein Mordfall?«, fragte der Pastor unruhig. Er setzte sich auf die vorderste Kirchenbank und schaute zu Jesus auf, der am Kreuz hing. Dann begann er zu erzählen. Langsam und unsicher. Die Worte landeten schwer auf dem alten Kalksteinboden.
    »Natürlich erinnere ich mich«,

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