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Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Titel: Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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anerkannte.
     
    Die Pforte zum Gräbertal war nicht weit. Tasil suchte im Schein der Öllampe nach ihrem Verschlussmechanismus. Er fand ihn nach längerer Suche in einer Vertiefung an der Seite des Gangs. Die Tür schob sich mit einem schleifenden Geräusch zur Seite, und
kühle Nachtluft strömte in den Gang. Von irgendwoher klang das Zwitschern eines Singvogels über das Tal. Tasil löschte die Lampe und schlich ein Stück weit hinaus zwischen die Steine. Maru folgte ihm. Man konnte erahnen, dass die Dämmerung nahte, aber noch war es finstere Nacht. Die Umrisse der großen Tempel und die Säulen des offenen Platzes schimmerten matt in der Dunkelheit. Das kleine Tal lag scheinbar friedlich und verlassen vor ihnen. Nur vorne, unter dem Eingang, flackerte Licht. Bei diesem Portal waren Iddins Männer so tapfer – und so sinnlos – gestorben. Vermutlich hielten auch jetzt dort einige Krieger Wache.
    Da entdeckte Maru noch einen Posten. Er lehnte unweit der offenen Grabkammer an der Wand und schien im Stehen zu schlafen. Vor ihm glühten die Reste eines kleinen Feuers. Sie konnte auch den breiten Holzsteg sehen, der über die Grube in das Grab führte. Ihr fiel etwas ein. Sie zupfte Tasil am Gewand. »Was ist mit den Sklaven?«, flüsterte sie.
    »Was?«
    »Die Sklaven in der Grube, vor dem Eingang. Werden sie nicht Alarm schlagen, wenn sie uns sehen?«
    Tasil schüttelte den Kopf. »Um die musst du dir keine Sorgen machen. Aber ruhig jetzt. Warte hier.«
    Und mit diesen Worten zog er vorsichtig seinen Dolch und schlich aus der Deckung der großen Felsen. Er hielt sich nah der Wand, war nicht mehr als ein Schatten in der Dunkelheit, und näherte sich dem schlummernden Posten ohne jede Eile.
    Er wird ihn töten, dachte Maru. Der Gedanke war kalt und klar. Er ließ keinen Zweifel zu. Tasil würde den Krieger dort weder mit seiner Stimme verzaubern noch niederschlagen. Er schlich dorthin, um den Mann umzubringen. Sollte sie schreien? Sollte sie den Mann warnen, alle warnen? Es konnte doch ihre Rettung sein. Sie würde den Frevel verhindern und so die Dankbarkeit des Malk und aller Serkesch erwerben.

    Die Dankbarkeit des Malk...
    Sie erinnerte sich an das, was Tasil gesagt hatte. Dass Numur alle Mitwisser beseitigen würde. Und sie wusste vieles. Also schwieg sie.
    Tasil war jetzt bei dem Speerträger angelangt. Maru konnte den Blick nicht abwenden. Es ging blitzschnell. Er legte dem Mann die Hand auf den Mund und rammte ihm seine Klinge in den Leib. Der Krieger sackte zusammen, und Tasil fing ihn auf. Was hatte er vor? Wollte er ihn im Geheimgang verstecken? Offenbar nicht, denn er schleppte ihn einige Schritte auf die Grabkammer zu. Maru verstand es nicht.
    Da ließ Tasil den Mann einfach zu Boden gleiten. Die Grube! Er warf ihn in die Grube! Aber... die Grube war nicht mehr dort! Maru erinnerte sich daran, dass man die Lehmgrube mit den Sklaven von ihrem Platz aus hatte sehen können. Sie musste dort sein, um die hölzerne Rampe herum. Ein dunkles Loch im Boden. Aber davon war nichts zu erkennen. Der tote Speerträger glitt zu Boden, schlug sanft im Sand auf – und versank langsam, ganz langsam in der Erde!
    Maru war von diesem unheimlichen Anblick so verblüfft, dass sie die stummen Zeichen Tasils übersah, der sie heranwinken wollte. Schließlich bemerkte sie es doch und lief zu ihm. Tasil hob den Speer des Toten auf und lehnte ihn an die Wand.
    »Bleib stehen«, zischte er, als sich Maru näherte.
    Sie erstarrte.
    »Siehst du es nicht? Treibsand«, flüsterte Tasil.
    Es war immer noch tiefe Nacht, und Maru sah am Boden überhaupt nichts. Doch im nächsten Moment entdeckte sie ein Seil, das dort zwischen niedrigen Pfosten gespannt war, wo gestern noch der Rand der Grube gewesen war.
    »Was ist hier geschehen?«, fragte sie bestürzt.
    »Sei leise. Komm, aber achte darauf, wo du hintrittst!«

    Tasils Warnung hätte sie nicht gebraucht. Sie sah den toten Krieger, der auf der Seite lag. Zähflüssiger Sand floss in seinen halb offenen Mund. Tasil schlich über die Rampe, dann verschwand er in dem schwarzen Loch, das im Felsen klaffte. Es blieb still. Ein nackter Arm tauchte aus der Finsternis auf und winkte ihr. Es war Tasils Arm, natürlich, aber Maru hatte dennoch große Angst. Ihr Herz schlug bis zum Hals. Vorsichtig und geduckt, wie Tasil es vorgemacht hatte, schlich sie den Holzsteg hoch. Sie hörte ihren Herzschlag, ihren Atem, das leise Tappen ihrer Füße, das knarrende Holz und ein kaum hörbares,

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