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Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Titel: Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Mauer gegen Angriffe gesichert. Außen war der Hafen durch einen zusätzlichen Wassergraben geschützt, wie Maru auf ihrem Weg festgestellt hatte. Das alles war interessant, doch bestimmt nicht das, was Tasil wissen wollte.
    Maru hörte den Gesprächen der Arbeiter und Krieger zu. Das meiste schien belanglos, Gerede über Brotbier oder über die tägliche Plackerei, aber die eine oder andere Bemerkung war doch aufschlussreich. Offenbar waren die Männer in Sorge. Der Raik war tot, das war schlimm genug, aber dass er zwei lebende Söhne,
Zwillinge zumal, hinterlassen hatte, das beunruhigte die Männer. Es gab unheilvolle Zeichen. Einer hatte gehört, dass man unweit von Serkesch zwei kämpfende Flussechsen gesehen habe, die einander zerrissen. Ein anderer berichtete, dass die Eulen der Stadt, die doch seit Menschengedenken in den Tempeln nisteten, seit dem Tod des Raik verschwunden seien. Ein Soldat hatte vom Großen Turm aus eines Abends eine Schlacht zwischen einer schwarzen und einer weißen Wolke beobachtet, die damit endete, dass sich der ganze Himmel blutrot verfärbte, und einer berichtete, auch das Wasser des Flusses habe in den vergangenen Tagen mehrfach die Farbe von Blut angenommen.
    Maru lauschte diesen Berichten und versuchte, sie sich so gut wie möglich einzuprägen. Wer konnte bei solchen Zeichen noch zweifeln, dass Unheil bevorstand? Sie war sich sicher, dass Tasil sich dafür interessieren würde. Biredh hatte recht behalten, es war gut, dass sie zum Hafen gegangen war. Es war schwierig, den Gesprächen der Männer zu folgen, denn sie verwendeten Worte, die sie nicht kannte. Es dauerte eine Weile, bis ihr klar wurde, dass mit dem Wort Malk die Erben des Raik gemeint waren. In Akyr wurden die Söhne des Dhan Dhansöhne genannt, aber das war den Akkesch offenbar zu einfach. Die Serkesch liebten offenbar beide Malk, aber sie schienen in ihrer Zuneigung gespalten.
    »In diesen unruhigen Zeiten ist es besser, die bewährten Wege zu gehen«, hörte sie einen Krieger sagen, »Iddin ist ganz der Sohn seines Vaters. Er hat ihn stets in all seinen Entscheidungen unterstützt.«
    »Dass Numur oft anderer Meinung war als der Raik, ist bekannt«, erwiderte ein anderer, »doch seine Liebe war nicht geringer. Und wenn er widersprach, tat er es stets zum Besten des Volkes.«
    »Aber Iddin gibt viel auf den Rat der Priester, und die Hüter lieben ihn.«

    »Dann hoffe ich, dass er auf sie hört und den Frieden sucht.«
    »Zum Frieden gehören immer zwei. Und Numur hat eine Schwäche für Schwerter.«
    »Sie werden beide keinen Streit suchen, solange die Zeit der Trauer währt.«
    »Aber das sind nicht einmal mehr drei Tage. Und was wird dann?«
    Maru hielt sich möglichst unauffällig in der Nähe der kleinen Gruppe auf. Ein alter Arbeiter, der bisher schweigend auf einer Taurolle saß, spuckte ins Hafenbecken und sagte dann: »Vielleicht kommt es nicht zum Schlimmsten, denn der Fluss trägt Hoffnung nach Serkesch.«
    Die anderen sahen ihn fragend an.
    »Habt ihr das Schiff nicht gesehen? Heute Morgen? Es kam in der Dämmerung, und nur ein Mann betrat das Ufer. Er lief hinauf in die Stadt. Auf den Tempelberg und in den Palast, wie ich gehört habe. Er kam mit dem Siegel des Kaidhan.«
    »So ist es also wahr?«, fragte ein Bogenschütze. »Auch ich habe davon gehört. Es heißt, dass Immit Schaduk bald hier eintreffen wird. Er wird im Namen des Kaidhan die Dinge ordnen, denn er ist die rechte Hand des Herrn über alle Akkesch und Kydhier.«
    »So ist es«, bestätigte ein anderer.
    Das war endlich eine Neuigkeit, fand Maru. Die Erwartungen an Immit Schaduk schienen hoch zu sein. Die rechte Hand würde entscheiden, wie es weiterginge, ihr Wort sei so gut wie das des Kaidhan. Die rechte Hand würde das Schlimmste – den Bruderkrieg – verhindern.
    Aber Maru hörte auch Stimmen des Zweifels. »Es wäre gut, Immit Schaduk würde erscheinen, bevor die zweimal sieben Tage der Trauer vorüber sind«, sagte ein Arbeiter.
    Andere nickten. Was, wenn er nicht rechtzeitig erschiene? Das Schiff aus dem Süden sei schließlich wieder verschwunden. Die
Soldaten und die Ruderer an Bord hatten kein Wort gesprochen. Selbst der Hafenvorsteher hatte nichts aus ihnen herausbringen können. War dies nun ein gutes Zeichen – oder ein schlechtes? Die einen meinten, Immit Schaduk habe nur seine baldige Ankunft ankündigen wollen, andere widersprachen. Wenn er einen Boten schickte, konnte es nur heißen, dass sich seine Ankunft verzögerte.

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