Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin
mehr sicher, aber dann schien ihm etwas einzufallen: »Ah, warst du am Dattelmond?«
»Wo war ich?«
»Am Dattelmond, ich meine, an den Berichten dieses Monds. Sie werden in den Körben dort drüben aufbewahrt.«
Maru zuckte mit den Schultern. Sie hatte vorhin einige Tafeln in der Hand gehabt. Aber woher sollte sie wissen, welchen Mond sie betrafen?
»Kann schon sein, warum?«, fragte sie.
»Die Tage, die Reihenfolge stimmte nicht. Ich dachte schon, uns wäre ein Fehler unterlaufen und wir müssten das ganze Regal noch einmal prüfen. Den Hütern sei Dank, dass uns das erspart bleibt. Aber was hast du in meinen Berichten zu suchen, Mädchen?«
»Ich warte auf meinen Onkel. Er ist beim Malk.« Maru fand, das klang beeindruckend.
»Und du musst unbedingt hier warten?« Es schien den Mann wirklich zu stören. Er fürchtete offensichtlich, sie würde seine wertvollen Tontafeln noch mehr durcheinanderbringen.
»Ja, muss ich, aber was tust du hier?«
»Hast du es nicht gehört? Eine gefährliche Schlange ist im Palast. Und jetzt wird sie überall gesucht.«
»Und du glaubst, sie ist hier?«
»Ich hoffe nicht, aber solange sie nicht gefunden ist, kann ich nicht sicher sein. Und ich bete, sie wird gefunden, bevor die Krieger anfangen, unsere Archive auf den Kopf zu stellen.« Er senkte die Stimme. »Sie haben nämlich keine Achtung vor der Schrift, und Fahs weiß, was sie hier für ein Unheil anrichten könnten mit ihren Schwertern und Äxten.«
»Ich bin sicher, die Schlange ist nicht hier«, sagte Maru. »Was sollte sie denn hier wollen?«
»Ja, das ist wahr.« Der Schreiber klopfte wieder halbherzig gegen ein Regal. Nichts bewegte sich. Er seufzte und stellte seine Lampe auf einen Tisch. Offenbar hatte er die Vergeblichkeit seiner Bemühung eingesehen. »Wie ist dein Name, Mädchen?«
»Maru.«
»Maru … Das ist seltsam. Das ist ein Wort aus dem Süden und bedeutet Junge . Deine Eltern haben sich wohl einen Scherz erlaubt – oder haben sie sich so sehr einen Jungen gewünscht?«
Maru zuckte zusammen. Tasil hatte behauptet, dass das niemand in dieser Gegend wissen würde. »Meine Eltern sind tot, und ich kann sie nicht mehr fragen, warum sie mich so nannten.«
»Das tut mir leid zu hören. Von welchem Volk bist du?«
»Mein Vater war Farwier und meine Mutter Uratherin«, log Maru, wie Tasil es ihr aufgetragen hatte.
»Eine seltsame Mischung. Ein Farwier und eine Uratherin? Wie um der Himmel willen sind diese beiden sich begegnet?«
»Die Wege der Hüter sind seltsam«, sagte Maru. Den Satz hatte sie schon oft gehört, wenn es darum ging, das Unerklärbare doch irgendwie zu erklären.
Der Schreiber sah sie nachdenklich an. »Ich bin mir sicher, dahinter verbirgt sich eine interessante Geschichte, und ich hoffe, es ist nicht die einer entlaufenen Sklavin.« Er nahm seine Lampe und leuchtete Maru ins Gesicht.
»Ich reise mit meinem Onkel Tasil«, sagte sie schnell. »Er ist Urather.«
»Und er nimmt dich mit? Trotz deiner grünen Augen?«
Maru runzelte die Stirn. »Was meinst du?«
»Du bist dir sicher, dass deine Mutter Uratherin war?«
Maru fühlte sich in die Ecke getrieben. Hatte dieser Schreiber nichts Besseres zu tun, als sie auszufragen? »So hat man es mir gesagt. Sie ist bald nach meiner Geburt gestorben.«
Der Schreiber musterte ihr Gesicht. »Die Akkesch und – soweit
ich weiß – auch die Urather glauben, dass grünäugige Menschen vom Verhängnis begleitet werden.«
Maru starrte ihn verblüfft an. Sicher, grüne Augen waren nicht sehr häufig, aber sie hatte doch in Akyr zwei oder drei mit dieser Augenfarbe gekannt. Und niemand hatte jemals etwas davon gesagt, dass dies Unglück brächte. »Warum sollten sie so etwas glauben?«
»Es sind die Augen der Göttin Hirth. Ihr Blick soll Edhil betört haben, sodass aus der Unreinheit seiner Gedanken Strydh geboren wurde. Daher heißt es, die Hüter hätten mit den Grünäugigen besondere Pläne. Der Glaube ist allerdings etwas in Vergessenheit geraten. Grüne Augen sind am Dhanis nicht so ungewöhnlich, wie sie es im alten Akkesch waren. Hat dein Onkel diese Geschichte nie erwähnt?«
Maru schwieg. Tasil hatte davon gesprochen. Es war mit das Erste, was er zu ihr gesagt hatte, und die ganze Zeit hatte er die Hand am Dolch gehabt. Das war am Morgen gewesen. Es kam ihr vor, als seien Wochen seitdem vergangen.
Es wurde laut im Flur. Dann flog die Tür auf, und ein grauhaariger Diener steckte seinen Kopf in den Saal. »Ah, dachte ich mir
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