Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin
So wie jener Unglückliche gegen die Wand prallte, weil er glaubte, von einer Schlange angegriffen zu werden.«
»Aber der Maghai, Jalis, er hat doch das Feuer gelöscht?«
»Wieder nur Blendwerk und wieder für unsere Augen, nicht für den Feind. Wir sollten glauben, dass die Flammen verlöschten. Und hast du nicht gesehen, dass sich die Schlange in Rauch auflöste?«
»Doch, habe ich. Eine schreckliche Bestie, aber auch seltsam. Ich konnte die Sterne durch sie hindurch sehen.«
Tasil fasste sie hart an der Schulter und starrte ihr ins Gesicht, so als suche er nach einer Lüge. »Das hast du gesehen? « Er flüsterte plötzlich.
Maru nickte. »Ist das gut oder schlecht«, fragte sie besorgt.
Tasil lächelte grimmig. »Sowohl als auch. Es ist gefährlich, Maru, darum solltest du niemandem davon erzählen. Und jetzt still, wir reden später darüber.«
Er ließ sie los und wandte sich an den Schab. »Ich beglückwünsche dich zu deinem großen Sieg, Krieger.«
»Sieg?«
»Natürlich, der Maghai ist tot. Malk Numur wird erfreut sein, wenn du ihm davon berichtest.«
»Ich?«
»Wer sonst? Ich werde den Ruhm gerne dir überlassen, wenn gewisse Kleinigkeiten geklärt sind.«
Der Schab brauchte einen Augenblick, um zu verstehen, was Tasil meinte. Dann griff er an seinen Gürtel und löste ein kleines Ledersäckchen. »Hier ist deine Belohnung, Urather. Der Malk lässt dir danken.«
Tasil nahm den kleinen Beutel in Empfang. »Ich werde die Großzügigkeit des Malk im ganzen Reich rühmen.« Er klang unzufrieden.
Inzwischen hatten sich einige Serkesch aus der Umgebung vorsichtig dem Ort des Geschehens genähert. Sie wirkten verängstigt und jammerten, als sie die Toten sahen.
»Wenn du erlaubst, werden ich und meine Nichte uns nun zur Ruhe begeben«, sagte Tasil.
»Du kommst nicht mit zum Bet Raik?«
»Der Tag war lang, und mein Geschäft ist für heute erledigt. Ich werde deinem Herrn morgen gerne wieder zur Verfügung stehen, wenn er Bedarf an meinen Diensten hat.«
»Der Morgen ist nicht mehr weit, Urather, du solltest also schnell schlafen. Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, ob ich mich über ein Wiedersehen mit dir freuen werde. Du hast meinen Leuten kein Glück gebracht.«
»Sie sind im Kampf gefallen, was kann ein Krieger mehr erwarten? Und nicht ich habe sie getötet.«
Damit drehte Tasil sich um und ließ den Schab stehen. Er zog Maru hinter sich her. Maru warf einen Blick zurück zum Brunnen. Der Schwarzbärtige saß immer noch da. Er wirkte alt, müde und einsam. Die Serkesch wagten nicht, sich ihm zu nähern. Dann erkannte Maru, dass der Zauberer ihren Blick mit dem gleichen Interesse erwiderte.
Zweiter Tag
Das Tal der Gräber
» Wehe mir, dass ich kinderlos bin! Wer wird die Opferfeuer auf meinem Grab unterhalten, wenn ich nach Ud-Sror hinabgestiegen bin?«
Klagelied eines Akkesch
Als sie außer Sicht waren, blieb Tasil stehen und untersuchte den kleinen Beutel. Einige Silbermünzen fielen in seine Hand.
»Malk Numur soll an seinem Geiz ersticken!« Kopfschüttelnd steckte er die Münzen zurück in den Beutel. »Man sollte meinen, dass das Leben eines Malk mehr wert ist als zwanzig Segel Silber. Ich hoffe, sein Bruder ist großzügiger.«
»Sein Bruder?«
»Nun, wir werden es bald wissen. Komm, es ist nicht mehr lang bis zum Morgen. Dann müssen wir schon zurück sein.«
»Ich dachte, wir gehen zur Herberge?«
»Nur, um das Pferd zu holen. Die Zeit ist knapp.«
Einer von Kwems Leuten sperrte ihnen gähnend auf. Maru war am Verhungern, aber Tasil ließ ihr keine Zeit, etwas zu essen.
»Meinst du, ich wecke Kwem, damit er dir jetzt ein Hühnchen brät? Ich habe dir etwas angeboten, am Tor des Fahs, aber du wolltest ja nicht. Also hör auf zu jammern und hilf mir, das Pferd aufzuzäumen!«
Als Maru hinter Tasil aufsaß, wusste sie nicht, was schlimmer
war, der knurrende Magen oder die unglaubliche Müdigkeit, die sie plötzlich überfiel. Es war ein langer und aufregender Tag gewesen – das war noch eine Untertreibung -, und wie es aussah, war er noch nicht zu Ende. Tasil lenkte das Pferd durch Seitengassen zum Tor der Alwa. Der Posten war höchst verwundert, dass jemand mitten in der Nacht die Stadt verlassen wollte, aber Tasil hielt ihm das Siegel des Malk unter die Nase, und ab da wagte der Wächter nicht mehr, weitere Fragen zu stellen. Sie ritten zunächst Richtung Hafen, bis Tasil sich sicher war, dass die Dunkelheit sie vor den Wachen auf der Mauer
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