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Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Titel: Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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verraten?« Es war eher eine Feststellung als eine Frage.
    Tasil drehte sich halb zu ihr um. »Ich verrate niemanden, denn ich habe niemandem Treue geschworen. Ich bin Händler. Beliefert wird, wer zahlt. Im Augenblick zahlen beide Malk, also versorge ich beide. Verstehst du das?«
    »Nein, Onkel.«
    »Du musst es auch nicht verstehen. Du bist meine Sklavin und hast zu tun, was ich dir auftrage. Das verstehst du, oder?«
    Maru schluckte. »Ja, Onkel.«
    »Gut, und denk daran, dass uns dieser Streit nichts angeht. Das ist nicht unsere Stadt, es sind nicht unsere Fürsten. Es kann uns gleich sein, wer von den beiden als Sieger aus diesem Zwist hervorgeht. Meinethalben können sie beide sterben oder beide überleben. Ich verschwende nicht mehr Gedanken an ihr Wohlergehen als sie an das meine.«
    Tasil schnalzte mit der Zunge und setzte das Tier in einen schnellen Trab. Irgendwo über der Stadt erklang ein Hornsignal. Es war misstönend und lang anhaltend.
    »Was ist das?«, fragte Maru.
    »Sie haben die Schiffe entdeckt. Das ist das Signal, dass der Immit kommt.«
    Maru drehte sich um. Die Schiffe waren immer noch nur kleine Punkte über dem Wasser. Sie schienen sich überhaupt nicht genähert zu haben.

    Tasil schien ihre Gedanken zu lesen. »Es geht gegen die Strömung, da kommen sie nur langsam voran. Dennoch sollten wir uns beeilen.«
     
    In der Herberge machte Tasil seine Drohung wahr und fragte Kwem, den Wirt, tatsächlich nach einem »angemessenen« Kleid für Maru. Es fand sich ein abgelegtes Stück einer seiner Helferinnen. Es war weitaus bescheidener als der Überwurf des Tempeldieners, aber immer noch besser als der Sack, den sie zuvor getragen hatte. Und sie erreichte von Tasil die von verständnislosem Kopfschütteln begleitete Zustimmung, das Tempelgewand behalten zu dürfen.
    Sie lief auf ihr Zimmer, zog sich schnell um, verstaute den feinen Leinenüberwurf sorgsam gefaltet unter Tasils Gepäck, warf einen sehnsüchtigen Blick auf das unbenutzte Bett und eilte hinunter in die Gaststube, wo Tasil schon auf sie wartete.
    Der blinde Biredh war ebenfalls da. »Ich grüße dich, Maru. Neues Kleid?« Lächelnd schien er sie mit seinen leeren Augenhöhlen anzublicken.
    Maru nickte stumm. Sie war sich sicher, er würde auf geheimnisvolle Weise auch das mitbekommen.
    »Man hört seltsame Geschichten von dir, Mädchen.«
    »Von mir?«
    »Es geschehen eigenartige Dinge: Riesenschlangen im Bet Raik, ein toter Maghai in der alten Stadt, eine Schlacht im Gräbertal... Und irgendwie scheinst du immer in der Nähe zu sein.«
    »Es war wohl eher ein Scharmützel als eine Schlacht, alter Mann«, warf Tasil finster ein, »und wir waren nicht mal in der Nähe.« Er blickte sich misstrauisch um. Aber außer ihnen war niemand in der Stube. Selbst Kwem war nicht zu sehen.
    »Wenn du es sagst, Tasil, muss ich es wohl glauben.« Biredh
lachte. »Wie könnte ich einem Mann widersprechen, der durch Felsen gehen kann …«
    Tasil legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ich sage es noch einmal, es wäre wirklich besser für dich, du würdest von solchen Dingen nicht so laut reden, Alter.«
    »Aber es ist niemand außer uns hier, Urather.«
    »Das ist dein Glück! Und jetzt komm, Maru, wir haben zu tun.«
     
    Maru hastete Tasil durch die Straßen zum Tempelberg hinterher. »Woher weiß er das alles, Onkel.«
    »Dieser blinde Narr hat seine Ohren überall, wie mir scheint. Ein seltsamer Mann.« Es klang ein wenig besorgt.
    »Aber der Gang, niemand wusste davon, außer dir und dem Malk.«
    Tasil packte Maru unvermittelt am Kragen. »Das sollte auch so bleiben, also rede nicht davon, schon gar nicht auf der Straße, einfältige Kröte.«
    »Verzeih, Onkel«, murmelte Maru. Er hatte natürlich recht. Die Straße lag zwar wie ausgestorben vor ihnen, aber dennoch... Man konnte nie wissen, wer auf einem Dach oder hinter einer Ecke lauerte. Da fiel ihr etwas auf. Die Straße war wie ausgestorben. Als sie die Stadt erreicht hatten, waren die Straßen voller Leben gewesen. »Wo sind denn alle?«
    »Vermutlich unten am Hafen, um dem Immit zuzujubeln. Einfältige Narren.« Tasil ging jetzt schneller.
    »Und Numur ist nicht unten am Hafen?«, fragte sie nach einer Weile.
    »Nein, ist er nicht.«
    Maru hatte Mühe, Schritt zu halten, und kam langsam außer Atem. Dennoch wollte sie mehr wissen. Sie hatte das unbestimmte Gefühl, dass es an diesem Tag galt, gut vorbereitet zu sein, und
Tasil schien insgesamt mitteilsamer zu sein als je zuvor.

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