Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Titel: Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
Name?«
    »Nehis. So wurde ich früher genannt, Herr.«
    »Nehis also. Das ist ein dhanischer Name«, stellte der Maghai fest. »Wer hat ihn dir gegeben? Deine Eltern?«
    »Nein, Herr, ich habe meine Eltern nicht gekannt. Eine Kräuterfrau der Budinier rief mich zuerst so, so hat man mir erzählt.«
    »Ah, eine Kräuterfrau, das ist gut. Und deine Eltern? Wer waren sie? Und von welchem Volk?«
    »Ich weiß es nicht, Herr«, antwortete Maru. »Meine Mutter starb, als ich sehr klein war. Meinen Vater habe ich nie gesehen. Die Budinier, bei denen ich aufwuchs, sagten, sie seien beide Sklaven gewesen.«
    »Und glaubst du das?«

    »Ich weiß es nicht anders, Herr.«
    »Du solltest deine Namen in Ehren halten, Maru Nehis«, riet Jalis. »Beide wurden dir nicht ohne Grund gegeben. Es mag sein, dass in ihnen ein Teil deiner Bestimmung liegt.«
    »In meinen Namen, Herr?«
    Der Maghai ging nicht darauf ein. »Du solltest dich erinnern, Mädchen, es ist wichtig. Trink deine Milch.«
    »Die Milch?«
    »Ja, sie hilft dir dabei.«
    Maru nahm noch einen Schluck Milch. Es war einfache Ziegenmilch, ohne Zweifel. Beunruhigt stellte sie fest, dass der Maghai ein Stück näher gerückt war. Die Angst war wieder da.
    »Es gibt keinen Grund, sich zu fürchten, Maru Nehis. Ich will dir nur helfen, das, was vergessen ist, zurückzurufen.«
    Sie spürte eine warme Berührung am Arm und fühlte sich plötzlich leicht benommen. Vielleicht war es doch nicht nur Ziegenmilch.
    »Geh zurück in der Zeit, Maru Nehis, und erinnere dich!«
    Die Stimme war weich und doch zupackend. Maru nickte stumm. Wie von selbst wanderten ihre Gedanken zurück. Es war ein wenig so, als würde sie jemand anderen beobachten. Sie sah sich mit Tasil in die Stadt reiten, das war am Morgen gewesen, dann die furchtbaren Momente in der Sklavengrube. Es waren Bruchstücke, einzelne Bilder, die in schneller Folge auf sie einprasselten. Sie sah noch einmal den Kampf der beiden Maghai. Ihr wurde warm, sie fühlte, wir ihr Schweißtropfen über die Stirn rannen. Sie hätte sie gern weggewischt, aber sie konnte sich nicht bewegen. Da war der Palast, die engen Straßen der Alten Stadt, dann plötzlich ein schwarzes Loch, vor dem sie ängstlich stehen blieb.
    »Ah, der Urather«, sagte der Maghai, aber er ließ sie dort nicht verweilen. »Du musst weiter zurück, Maru Nehis, viel weiter.«
    Seine Stimme schien sie zu umgeben, sie zu beschützen und zu
leiten. Sie schlug einen Bogen um den dunklen Fleck, eilte weiter von Bild zu Bild. Atibs Schiff, dann der Berglöwe, der nicht sie getötet hatte, sondern den anderen Sklaven. Sie war gestürzt – und der Löwe über sie hinweggesprungen!
    »Es scheint, dass die Göttin Hirth dir wirklich sehr gewogen ist«, sagte die Stimme, »doch musst du weitergehen.«
    Der lange Marsch durch das Land der Budinier. Jetzt stand sie auf dem Markt von Akyr und hob heimlich eine Dattel auf, die von einem der Marktstände gefallen war. Ältere Bilder. Die Arbeit auf dem Feld, die sengende Sonne, die Getreidehalme, die ihr in die Finger schnitten. Dann der Wagen, der sie nach Akyr gebracht hatte. Er schien rückwärtszufahren. Da war das Dorf, jenes namenlose Nest, in dem sie die allerersten Jahre ihres Lebens verbracht hatte. Sie fuhr durch das Tor in den inneren Hof. Menschen standen auf den Hütten und sahen zu. Die Bilderflut stockte. Da war ein staubiges Feld, abgeerntet. Sie spielte Fangen mit jemandem. Sie konnte kaum laufen. Jemand wartete auf sie, rief sie. Doch wer? Ihre Erinnerung blieb stehen.
    »Du kannst noch weiter gehen, Maru Nehis«, sagte die sie umhüllende Stimme. »Nimm irgendetwas. Du musst suchen.«
    Da war etwas. Eine Frau. Sie hatte kein Gesicht. Doch, sie hatte ein Gesicht, aber Maru konnte es nicht sehen. Maru fühlte ein Brennen. Der Schweiß lief ihr in die Augen. Doch das geschah in der Zukunft, an einem fernen Ort, weit weg von dem abgeernteten Feld, wo sie jemand festhielt, sie jemand auffing, weil sie stolperte. Da war etwas. Ein Geruch. Vertraut, aber nicht bestimmbar. Alles war gut, solange sie diesen Duft roch.
    Und da war noch etwas anderes. Es glänzte. Sie spielte damit. Es glitt ihr aus den Fingern und fiel in den Staub. Sie versuchte, danach zu greifen, doch die Frau hielt sie fest, und sie konnte das glänzende Etwas nicht erreichen. Jemand sprach, eine Männerstimme, doch Maru verstand die Worte nicht. Sie wurde hochgehoben
und davongetragen, das glänzende Schmuckstück blieb im Staub des abgeernteten

Weitere Kostenlose Bücher