Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin
erhob sich.
»Und mich ebenso«, sagte Ulat.
Auch Meniotaibor erhob sich von seinem Platz. »Willst du uns alle drei Lügner nennen, Hakul?«, fragte er.
Aber Enydh ließ sich nicht einschüchtern. »Ich sah, was ich sah, und ich bin bereit, die Wahrheit meiner Behauptung den Göttern zur Prüfung vorzulegen!«
Ein Raunen ging durch den Saal. Maru ahnte, dass in diesen Worten eine schwerwiegende Bedeutung lag.
»Du rufst die Götter als Zeugen an, Enydh von den Hakul?«, fragte Abeq Mahas verwundert.
»Das tue ich, Priester! Und da dieses halbe Kind keine Gegnerin ist, fordere ich ihren Onkel vor meine Klinge.«
Jetzt begriff Maru, worum es ging: Ein Gottesurteil!
»Du willst, dass ich gegen dich kämpfe, Krieger?«, fragte Tasil zögernd.
»Die Götter werden entscheiden, wer von uns Recht hat, Urather«, sagte der Hakul stolz. Seine Selbstsicherheit verriet, dass er keinen Zweifel am Ausgang des Kampfes hatte. Das war aus seiner Sicht leicht zu verstehen, schließlich fühlte er sich im Recht. Außerdem war er ein kampferprobter Krieger und Tasil nur ein harmloser Händler. Maru wusste es besser. Sie wusste, dass der Hakul in einem Kampf Tasil kaum gewachsen war. Aber sie verstand, dass Tasil sich nicht zu schnell darauf einlassen durfte. Es musste nach der Furcht eines friedfertigen Mannes aussehen.
»Du bist tapfer, Hakul«, höhnte Bolox, »forderst einen friedlichen Händler heraus. Willst du dich nicht lieber mit mir messen?« Er trat einen Schritt vor. Die blauen Zauberzeichen tanzten auf seinen Muskeln.
»Du bist nicht der Onkel dieses Mädchens«, entgegnete der Hakul.
»Aber du hast mich ebenso verleumdet wie sie. Du magst ihren Onkel fordern, aber ich will, dass du mir und meiner Axt vor den Göttern Rechenschaft ablegst. Oder hast du Angst?«
Nun saß Enydh in der Falle.
Ulat stand auf und spuckte auf den Boden. »Du kannst deine Waffen auch mit den meinen kreuzen, Hakul«, sagte er gelassen.
»Oder mit meinen«, fügte Meniotaibor grinsend hinzu.
Jemand lachte. Es war Numur. »Was haben wir denn hier? Drei tapfere Männer, die für dieses Mädchen kämpfen wollen?«
»So ist es, Herr«, sagte Bolox grimmig. »Die Priester sollen Ort und Zeit bestimmen, ich werde diesen Lügner dort bestrafen.«
»Nicht ich bin der Lügner, Farwier!«, schrie der Hakul.
Numur lachte wieder. Diese Entwicklung schien ihm zu gefallen. Er klatschte begeistert in die Hände und rief: »Noch vor wenigen Stunden habe ich mich beklagt, dass es in diesem Dorf an Unterhaltung mangele, und nun bieten mir diese Fremden einen Kampf auf Leben und Tod an! Utu und Strydh scheinen meine Opfer angenommen zu haben. Verzeih, Biredh, dass wir deine Geschichte unterbrochen haben, aber du musst zugeben, dass dies hier besser ist als alles, was du erzählen könntest.«
»Das mag so sein, Herr«, erwiderte Biredh leise.
Numur wandte sich an den Richter, der still und blass in der Ecke saß. Maru hatte ihn gesehen, vorhin, unten am Fluss. Da hatte er den leblosen Körper seines jüngsten Sohns in den Armen gehalten. Falls Numur davon wusste, war es ihm gleich: »Was sagst du, Hoher Richter Utaschimtu? Ist es statthaft, dass ein anderer als der Beschuldigte die Klingen mit dem Kläger kreuzt? Was sagt das Recht der Akkesch?«
Utaschimtu schreckte aus seinen Gedanken hoch. Unsicher blickte er von einem zum anderen. Maru bezweifelte, dass er viel von dem gehört hatte, was gesprochen worden war. Zögernd antwortete er: »Sollte das Gericht nicht in der Lage sein, die Wahrheit zu finden, so können die Götter angerufen werden, Herr.«
»Das war nicht meine Frage, Richter«, rief Numur ungehalten. »War das Recht in Ulbai schwerhörig? Ich will wissen, ob dieses Mädchen selbst kämpfen muss, oder ob jener blauhäutige Farwier dort sie vertreten darf?«
Utaschimtu erschrak und versuchte, sich zu sammeln. »Das
Recht sagt... es sagt, dass einer Frau nicht gestattet ist, das Gericht oder die Götter um ein Urteil anzurufen. Daraus folgt... dass sie auch nicht selbst kämpfen darf, Herr. Es mag also ein Vertreter bestimmt werden, Herr«, antwortete er langsam.
Maru stand mitten im Samnath und wusste nicht, wie ihr geschah. Bald würde Blut vergossen werden, ihretwegen. Und es wurde nicht besser, als ihr klar wurde, dass bereits Männer gestorben waren, weil sie Umati zur Flucht verholfen hatte.
Yaman Auryd trat nach vorne und sagte: »Ich schlage vor, dass es morgen bei Sonnenaufgang geschieht, Alldhan, doch liegt die
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