Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
ich, ehrwürdiger Abeq.« Das
stimmte streng genommen nicht ganz, denn der einzige Feind, von dem sie sicher wusste, dass sie ihn getötet hatte, war ein Koloss aus Ton im Grab von Raik Utu gewesen. Sie sah aber nicht ein, sich von diesem Mann aufhalten zu lassen.
Der Priester blickte sie verdattert an. Dann machte er Platz. »Ich sehe dir an, dass du die Wahrheit sprichst, Kriegerin. Verzeih meine Blindheit. Strydh erwartet dich.«
»Er hat mich Kriegerin genannt«, murmelte Maru, als sie den Tempel betraten.
»Wie sollte er dich sonst nennen? Maghai?«
»Biredh, bitte!«
»Du hast recht, das ist nicht der Ort für alberne Scherze.«
Maru war zum ersten Mal in einem Tempel, der ausschließlich dem Kriegsgott gewidmet war. Sie war beeindruckt. Die Wände waren dunkel, fast schwarz. An der Stirnwand prangte die rote Doppelaxt. Doch war sie nicht gemalt, sondern offenbar aus Kupfer geschmiedet. Durch die Decke wurde Licht auf eine Statue des Gottes in der Mitte des hohen Saals gelenkt. Er trug einen großen Helm. Da das Licht fast lotrecht einfiel, blieb das Gesicht der Figur im Schatten. Das verstärkte den Eindruck der Finsternis noch. Außer ihnen schien kein Mensch anwesend zu sein, nicht einmal ein Priester. Es gab im Tempel Strydhs kein Heiligstes, keinen Raum, den nur Priester betreten durften, das wusste Maru. Der Kriegsgott hatte keine Angst davor, dass diejenigen, die zu ihm beteten, seinen Tempel verunreinigen konnten.
»Was wollen wir hier?«, fragte Maru leise.
»In der Stadt und im Lager werden viele Opfer gebracht. Doch keines für Strydh. Die Leute beten zu den Hütern, zu Edhil und zu Etellu, manche sogar zu Dhanis. Doch wer besänftigt den Kriegsgott? Ich hoffe, meine bescheidene Gabe stimmt ihn gnädig und er lässt zu, dass Frieden wird.« Biredh fasste in seinen weiten Umhang
und zauberte einige Datteln hervor. »Es ist nicht viel, doch alles, was ich habe. Lege es bitte für mich in die Opferschale, Maru Nehis. Und dann lass uns beten.«
Maru erfüllte seinen Wunsch. Dann stellte sie sich stumm neben Biredh, der lautlos die Lippen bewegte und sein Gebet nach einer Weile mit einer Verbeugung beendete.
»Und du, hast du keine Bitte an die Götter?«
»Ich weiß nicht, wie man zu Strydh betet«, antwortete Maru verlegen.
Biredh lächelte. »Sag, was dir einfällt, doch bleibe höflich. Seine Geschwister, die Hüter, mögen schlafen, aber Strydh ist hellwach.«
Maru verneigte sich, grüßte den mächtigen Gott, wie es Biredh auch getan hatte, und murmelte: »Vergib mir, wenn ich nicht die richtigen Worte finde, aber ich bete das erste Mal zu dir, Strydh.« Dann wusste sie nicht weiter. Schließlich bat sie ihn einfach, er möge dem Frieden keine Steine in den Weg legen. Am Ende fügte sie lautlos hinzu: Und, wenn du Zeit hast, dann steh mir bei, denn auf mich wartet bald ein schwerer Kampf, mächtiger Strydh , schloss sie. Dann verneigte sie sich.
»Kampf? Mit wem, Maru Nehis?«, fragte Biredh.
Hatte er etwa verstanden, was sie – lautlos – gesagt hatte?
»Ich kann nicht darüber reden, Biredh … doch ist es immer noch derselbe Feind wie im Fenn.«
»Ah, der Schatten. Dann hoffe ich sehr, dass der Kriegsgott auf deiner Seite ist, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass dein Onkel dir in dieser Schlacht beistehen wird.«
Maru seufzte, der Erzähler hatte natürlich recht. Tasil war wirklich kein Feigling, aber er hatte eine Abneigung gegen Kämpfe mit ungewissem Ausgang, wenn es nichts zu gewinnen gab.
»Ich hatte gehofft, du würdest mir vielleicht helfen können, Biredh.«
»Ich? Ein Blinder?« Er lachte laut. Das Echo hallte von den leeren
Wänden des Tempels wider. »Soll ich etwa für dich zu einem Schwert greifen, Maru Nehis?«
»Nein, natürlich nicht. Ich … ich dachte, du weißt vielleicht etwas, das mir weiterhilft, eine Geschichte, irgendetwas.«
»Über einen Daimon?« Biredh stützte sich auf seinen Stab. »Es gibt nicht viele Geschichten über sie. Die eine oder andere, in der sie erwähnt werden, vielleicht. Wie die vom Marsch der Akkesch.«
»Ich weiß, Etellu bannte einen Daimon«, seufzte Maru.
»Ich dachte mir schon, dass du sie kennst, denn sie wird oft erzählt, doch selten in voller Länge, was bedauerlich ist. Es ist eine wirklich gute Geschichte, weißt du?«
»Und keine andere?«
»Es gibt Spottgeschichten, in denen behauptet wird, die Alfskrols seien dumm und leicht zu übertölpeln. Doch nicht die Daimonen, sondern diese Erzählungen sind dumm,
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