Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
mit den armen Kriegern auf den Schiffen? Sie nahm sich vor, Tasil bei Gelegenheit nach einer Erklärung zu fragen. Die vier Männer brachten den Fisch schnell voran. In der Ferne sah Maru schon die Reste der Brückenpfeiler über den Fluss ragen. Dort waren Menschen zugange, auf der neuen Brücke, diesem Wunderwerk der Serkesch, das sie in einem einzigen Tag errichtet hatten. Auch am Ufer herrschte reges Treiben: Zelte waren aus dem Boden gewachsen und Banner wehten im leichten Abendwind. Große Feuerstellen wurden vorbereitet. Der Tag ging zu Ende. Bald schon würden die ersten Sterne aufgehen. Maru entdeckte auf dem Serkesch-Ufer
plötzlich die riesige Statue Utus, die dort zwischen den Weiden in den Himmel ragte. »Seht nur, sie haben ihren Gott mitgebracht«, rief sie.
»Was will der denn hier?«, fragte Hardis missmutig. Er teilte die Abneigung der meisten Ulbaitai gegen diese neue Gottheit, die ihr Feind ins Land geschleppt hatte.
Tasil lachte. »Hast du es nicht gehört? Der heldenhafte Uschparu muss sich nicht nur Numur, sondern auch Gott Utu unterwerfen.«
Hardis starrte ihn finster an. »Uschparu muss wissen, was er tut, aber er wird sich damit nicht viele Freunde schaffen.«
»Als Kaidhan braucht er keine Freunde mehr, nur gehorsame Diener«, entgegnete Tasil trocken.
»Das mögen die Götter verhüten, dass dieser Mann wirklich Herr des Reiches wird«, knurrte Hardis.
»Des Reiches? Er muss doch froh sein, wenn er sich noch die Nase putzen darf, ohne den Alldhan um Erlaubnis zu bitten«, spottete Tasil.
Hardis starrte ihn finster an, und Maru staunte. Offenbar wusste Hardis nicht, dass dieser so genannte Friedensvertrag einer Unterwerfung gleichkam. Und wer außer Uschparu sollte Kaidhan werden? Hatte Tasil ihm gar nichts gesagt?
»Bring uns dort drüben an Land, Kröte«, rief Tasil und deutete auf eine Stelle am Ufer. Gehorsam lenkte Maru das Schiff zu einer kleinen Landzunge, einen guten Steinwurf von Damm und Brücke entfernt. Dahinter lagen einige große Schilfboote, und am Ufer lungerten Speerträger, Axtkämpfer und Bogenschützen herum, die offenbar auf Befehle warteten. Also hatten auch die Serkesch daran gedacht, den Übergang mit Schiffen zu sichern. Als sie anlegen wollten, hielt ein Schab sie auf: »Halt, ihr Männer! Wer seid ihr, und was wollt ihr hier? Dies ist das Ufer der Serkesch, nicht der Ulbaitai.«
Tasil hob ein Tonsiegel empor. »Ich komme unter dem Siegel von Abeq Mahas. Und ich muss zu ihm, denn er erwartet mich.«
Das kleine Tonstückchen wirkte Wunder. Der Schab ließ sie landen und bot sich an, Tasil zum Hohepriester zu führen.
»Ich danke dir, tapferer Schab, doch wird es reichen, wenn du mir sagst, wo ich ihn finde. Ich will dich nicht von deinen sicher sehr wichtigen Aufgaben hier abhalten.«
Der Schab schien darüber nicht unglücklich zu sein: »Folge einfach nur dem Pfad durch das Schilf. Du kannst es nicht verfehlen, es ist das kleinere der beiden Zelte.«
Tasil dankte knapp und gab Maru mit einem Wink des Kopfes das Zeichen, ihm zu folgen. »Trödle nicht, Kröte, wir sind in Eile. Ihr anderen wartet hier, wir sind bald zurück.«
Maru hatte nicht damit gerechnet, dass er sie dieses Mal wieder mitnehmen wollte, aber sie kletterte eilig aus dem Boot und folgte ihm. Da zeigte sich plötzlich eine Möglichkeit, mit der sie gar nicht gerechnet hatte. Die Maghai – wenn sie auch am Fluss waren, würde sich vielleicht eine Gelegenheit ergeben, mit ihnen zu reden. Maru unterdrückte einen Seufzer. Sie war so damit beschäftigt, Tasils Plan zu enträtseln, dass sie Utukku für einen Augenblick fast vergessen hatte. Aber durch den Gedanken an die Zauberer war ihr schlagartig wieder bewusst geworden, was für eine Aufgabe noch auf sie wartete. Sie fühlte sich auf einmal sehr müde.
Ein schmaler Trampelpfad schlängelte sich von der Landzunge zwischen Weiden und Schilf hindurch Richtung Brücke. Als sie die Krieger hinter sich gelassen hatten, fragte Maru: »Wo gehen wir jetzt hin?«
»Zu Abeq Mahas, wie ich sagte. Ich habe ihm schließlich versprochen, ihm zu berichten, wie es um Ulbai bestellt ist.«
»Du hast die Stadt für ihn ausgekundschaftet?«
Tasil nickte flüchtig.
»Und dann willst du ihm den Schatz rauben?«
Tasil blieb stehen. »Nicht so laut, Kröte, hier wimmelt es doch nur so von Serkesch.« Er sah sich um, aber da war nur Schilf, das im leichten Wind raschelte. »Pass auf, ich werde es dir erklären, denn ich will, dass du etwas
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