Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
läuft, Nehis, wie?«
»Indem ich hinterherlaufe, wie sonst, Wika?«, antwortete Maru verdrossen. »Sag mir lieber, wie ich den Zauber aufheben kann, den Tasil über mich verhängt hat.«
»Treublatt? Einfacher Zauber, schlicht und nicht stark. Sag, wer hat gekocht, wenn gekocht wurde? Auf euren Reisen, und jetzt, in der Stadt?«
»Tasil. Er sagte, es sei eine zu schwierige Kunst für mich.«
Wika kicherte. »Recht hat er, der Urather. Schwierig ist die Kunst. Doch einfach ist der Zauber des Treublatts zu brechen. Iss nichts, was aus seiner Hand kommt. Eine Woche, vielleicht zwei, und der Zauber ist verflogen, aber …«, Wika winkte sie näher heran,
»du musst wissen, dass diese Beere Gefühle nicht erschafft. Von nichts kommt nichts. Verstehst du?«
Maru atmete den Duft von Sauerampfer. »Nein, ich verstehe das nicht, Wika.«
»Doch, tust du«, behauptete die Kräuterfrau kichernd und schlug ihr mit der knochigen Hand gegen die Brust. »Wenn nicht jetzt, dann später. Doch ich muss weiter. Velne wartet.«
»Velne? Der Maghai ?«, fragte Maru. Sie war mehr als erstaunt.
»Kennst du noch einen anderen Velne?«, fragte Wika mit einem leicht verärgerten Stirnrunzeln.
»Verzeih, Wika, aber warst du nicht der Meinung, dass diese Zauberer Narren seien, die sich einmischten in Dinge, die sie nichts angingen? Oder irre ich mich da?«, fragte Maru und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.
»Es stimmt. Unbedingt!«, knurrte Wika. »Narren sind sie. Die meisten jedenfalls. Klias. Hörst du ihn? Sitzt bei Numur und murmelt Beschwörungen. Mit seinem Gemurmel weckt er das Unheil. Sieht es nicht, wie auch? Närrischer Maghai. Aber Velne ist anders. Ist klug, für einen Zauberer. Hört auf das, was die Kräuter sagen. Die Bäume, die Tiere. Versteht sogar den Wind.«
Maru hätte nicht für möglich gehalten, dass sie jemals so freundliche Worte über einen Zauberer aus Wikas Mund hören würde. Aber natürlich war das die Gelegenheit, auf die sie gewartet hatte: »Darf ich dich begleiten, Wika?«, fragte sie schnell.
»Du willst zu Velne? Was willst du bei ihm?«, fragte die Alte mit Argwohn.
»Nichts, ich meine, ich habe Fragen, und vielleicht kann er …«
Wika schlug mit ihrer Faust wieder gegen Marus Brustbein: »Und hast keine Angst vor dem Maghai?«
»Du doch auch nicht«, entgegnete Maru.
Wika lachte heiser. »Ich bin eine Kräuterfrau. Mich fürchtet sie nicht, die Bruderschaft. Aber du? Dein Auftauchen durchkreuzt
alles, was sie lehren, alles, was sie vorhaben. Halte dich lieber fern.«
»Wika, bitte, es ist wichtig!«
»Immer ist wichtig, was die Jugend will«, rief Wika abschätzig.
»Es geht, es geht um das … worüber ich nicht reden kann.«
Die Kräuterfrau sah sie mit ihren zusammengekniffenen Augen lange an. Dann sagte sie: »Das ist ernst, ich sehe es.« Sie senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Ist der Schatten wieder da?«
Maru nickte. Sie musste zu Velne, dringender als je zuvor. Sie hatte gar nicht genau gewusst, was sie von ihm erwarten konnte, hatte schwach auf Hilfe oder einen Hinweis gehofft, sich ganz insgeheim sogar gewünscht, gemeinsam mit Velne dem Daimon gegenübertreten zu können. Ein Gedanke, der abwegig war, denn sie konnte nicht vorhersagen, wann sie Utukku begegnen würde. Es war der Daimon, der Ort und Zeit bestimmte. Doch das war plötzlich nebensächlich. Denn während sie hier am Ufer mit der alten Kräuterfrau sprach, war ihr etwas in den Sinn geschossen, das sie einfach nicht bedacht hatte. In ihrem Glücksgefühl, nun über eine Waffe zu verfügen, mit der sie den Daimon – vielleicht – vernichten konnte, hatte sie etwas Wichtiges völlig verdrängt: den Bann. Sie konnte kaum über Utukku reden. Wie sollte sie da gegen ihn kämpfen?
Die Alte zog Maru zu sich heran und flüsterte: »So blass auf einmal, Nehis? Ist das Angst? Die solltest du haben, denn böse kann das enden. Alt ist der Schatten, stark und mächtig. Doch du auch, Nehis. Weißt es vielleicht nicht, aber auch du hast Kraft. Zweifach gesegnet bist du mit der Gabe. Wehre dich gegen ihn!«
»Aber wie?«, fragte Maru leise.
Wika hob die Hand mit abwehrender Geste. »Frage nicht mich. Ich bin von anderer Art. Meine Kraft ist verschieden von deiner. Bin Heilerin, keine Täuscherin. Vielleicht hast du recht. Mit Velne musst du reden. Also schnell!«
»Sieh an, das Kräuterweib«, fuhr eine Stimme dazwischen. Es war Tasil.
»Sieh dich selbst an, Urather. Erkennst du dich noch?«, gab Wika
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