Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
lernst. Abeq Mahas hat mir Silber für ein paar Auskünfte geboten. Hätte ich es vielleicht ablehnen sollen? Er hätte doch sofort Verdacht geschöpft. Also werde ich ihm gehorsam berichten, was ich weiß. Und zwar die Wahrheit, denn er verfügt sicher über mehr als einen Späher in der Stadt und wird schon längst wissen, was drüben vor sich geht.«
»Aber ich denke, er will Frieden.«
»Natürlich will er den, er braucht ihn, denn die Serkesch sind von der Belagerung ebenso erschöpft wie die Ulbaitai. Doch er hält es auch für möglich, dass Uschparu versuchen könnte, ihn zu hintergehen. Ebenso, wie der Immit glaubt, dass der Abeq vielleicht auf Betrug aus ist. Und deshalb treffen sie sich hier, in der Mitte zwischen beiden Lagern, und nicht drüben, vor dem Tor, wie es der Immit ursprünglich einmal vorgeschlagen hatte, oder auf dieser Seite, wie Mahas es wollte.« Und dann setzte Tasil mit einem selbstgefälligen Lächeln hinzu: »Ich weiß gar nicht, woher dieses Misstrauen kommt.«
Maru klappte die Kinnlade herunter. Tasil hatte diese Zweifel gesät? Er hatte dafür gesorgt, dass sie sich hier am Fluss trafen? Dass sie mehr Angst voreinander als vor der Zermalmerin hatten?
»Du kannst den Mund wieder schließen, Kröte. Ich werde dem Abeq also sagen, was er hören will, ein wenig Silber entgegennehmen und dann zusehen, wie sie dort drüben auf dem Damm ihren Frieden schließen.«
»Und dann?«
Aber Tasil beantwortete die Frage nicht, denn es kam ihnen eine Gruppe Krieger im Marschtritt entgegen. Der Schab beäugte sie
misstrauisch, aber auch hier beantwortete das Siegel des Abeq alle Fragen. Am Fuß der Brücke waren zwei große Zelte errichtet. Lagerfeuer brannten, und eine große Zahl Krieger harrte der Ereignisse, die da kommen würden. Dicht am Ufer, genau dort, wo der Damm begann, stand die Bronzefigur Utus auf einem Ochsenkarren. Eine ganze Schar von kahlköpfigen Priesterkriegern schien sie beschützen zu wollen. Tasil fragte nach Mahas und erhielt zur Auskunft, dass er sich in Numurs Zelt befände.
»Du kannst hier warten, Kröte, dafür brauche ich dich nicht.«
»Aber warum hast du mich dann mitgenommen?«, erhob Maru Einspruch. Sie hätte schon gern gewusst, was Tasil mit dem Hohepriester zu besprechen hatte.
Tasil grinste breit und sagte: »Glaubst du, ich lasse dich mit Agir und den anderen alleine? Das gäbe Mord und Totschlag, fürchte ich. Und noch brauche ich euch, und zwar alle.« Dann verdüsterte sich seine Miene, und er fuhr fort: »Du wartest hier, und lass dir nicht einfallen zu verschwinden. Es würde dir nicht bekommen, wenn ich dich noch einmal suchen müsste.« Und mit diesen Worten ließ er sie stehen.
Maru sah ihm nach, bis er im Zelt des Alldhans verschwand. Es war gut bewacht. Dennoch konnte sie nicht widerstehen und schlenderte einige Schritte näher heran. Vielleicht ließ sich ja etwas belauschen. Doch sie wurde enttäuscht. Zwar hörte sie Stimmen, aber sie verstand kein Wort. Und noch etwas hörte sie. Ein beständiges Gemurmel. Es war, als würde im Zelt jemand fortwährend beten.
»Sieh an, sieh an, das Küken im neuen Federkleid«, rief eine Stimme.
»Wika! Was machst du denn hier?«
Die alte Kräuterfrau beantwortete die Frage nicht, sondern fragte ihrerseits, während sie gemächlich heranschlenderte: »Wieder im Auftrag des Onkels unterwegs? Bist du das?«
»Er ist nicht mein Onkel, Wika.«
Die Alte trat noch näher an sie heran und sah ihr in die Augen. Dabei kam sie ihr wieder eine Spur zu nah, wie es eben ihre Art war. Sie roch nach Sauerampfer. »Ist er nicht, ich weiß, ich weiß«, murmelte sie. »Und du, Nehis? Wusstest es auch, aber jetzt weißt du es noch besser?«
Maru seufzte, dann nickte sie. »Treublatt«, sagte sie nur.
Wika kicherte. »Also wirklich? Hab es gerochen, im Fenn schon. Aber sicher? Sicher war ich nicht, dass es das Treublatt ist. Einfallsreich ist er, der Onkel, das schon. Und jetzt, wo du mein Rätsel gelöst hast, was machst du jetzt, Nehis? Immer noch streifst du mit ihm umher. Von Gefahr zu Gefahr.«
Maru senkte ihre Stimme: »Ich muss bei ihm bleiben, Wika, denn er hat gefährliche Pläne. So gefährlich, dass sie sogar den Frieden noch verhindern könnten.«
Wika sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Ein Meister ist er, doch nur der Täuschung, sonst in nichts. Was hat er vor, der Verschlagene?«
»Das weiß ich noch nicht, Wika.«
»Und wie willst du das Rad aufhalten, wenn du nicht weißt, wohin es
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