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Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte

Titel: Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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sehen. Jetzt reckten sie ihre Hälse, um herauszufinden, warum die beiden Fremden stehen geblieben waren.
    Tasil runzelte die Stirn. »Vergessen?«
    »Die Maghai«, erklärte Maru leise, »sie haben ihre eigenen Pläne.«
    »Und was gehen mich diese Bergzauberer an?«, fragte Tasil unwillig.
    »Viel, denn sie sind es, die Numur in der Hand haben und lenken. Hast du es nicht bemerkt?«
    »Lenken? Ich dachte, sie sind da, um seinen Geist zu heilen«, entgegnete Tasil ärgerlich.
    »Hat Abeq Mahas das gesagt, Onkel?« Immer noch konnte sie es sich nicht abgewöhnen, ihn so zu nennen.

    Tasil starrte sie nachdenklich an. Es war halb geraten, aber ganz offensichtlich war sie wirklich auf eine Lücke in seinem Plan gestoßen. »Die Maghai«, murmelte er langsam. »Was weißt du über die Maghai?«
    »Ich habe mit ihrem Anführer Velne gesprochen. Ich glaube, der andere, Klias, hat große, ehrgeizige Pläne.«
    Tasil biss sich auf die Lippen. »Welcher Art?«, fragte er knapp.
    »Ich glaube, Klias ist derjenige, der heute entscheidet, ob dieser Frieden geschlossen wird oder nicht – und ob der Schatz über den Damm gebracht wird oder nicht. Und er wird entscheiden, was später geschieht. Mit Numur, mit Mahas, vielleicht sogar mit dem ganzen Reich.« Das war dick aufgetragen, aber im Kern wahr.
    »Ich muss das wissen!«, presste Tasil knapp hervor.
    »Wenn du willst, kann ich es in Erfahrung bringen. Velne vertraut mir.«
    Wieder klang ein Horn über den Fluss, und vom anderen Ufer kam eine getragene Antwort.
    »Nun gut, sie werden Zeit brauchen«, meinte Tasil langsam. »Sie werden reichhaltige Opfer bringen, die heilige Flamme entzünden und den Segen der Götter erflehen. Es sind Akkesch. Nichts tun sie, ohne umständliche Rituale abzuhalten. Also wird es dauern. Gut, ich muss es wissen. Du hast die Hälfte einer Stunde, Kröte. Dann musst du zurück sein. Glaube mir, du würdest es sehr bedauern, wenn du nicht rechtzeitig wieder hier wärst.« Und mit diesen Worten drückte Tasil ihr Abeq Mahas’ Siegel in die Hand. Maru konnte es kaum fassen. Sie hatte ihn überlistet. Mit der Wahrheit.

Tasils Plan
    Alle wichtigen Entscheidungen fallen in der Nacht.
     
Etellu-Kaidhan
     
     
    Maru musste sich beeilen. Eine halbe Stunde war schnell vorüber. Sie hastete durch das Schilf ins Lager der Serkesch und versuchte sich zu erinnern, in welcher Richtung Wika verschwunden war. Inzwischen war Bewegung in das Lager gekommen. Zahlreiche Fackeln und Feuer erhellten die Nacht. Die Krieger hatten Aufstellung genommen, Eschet für Eschet in Reih und Glied, und dort, wo Utus mächtiges Bronzebildnis über den Damm wachte, stand Abeq Mahas und brachte feierlich Rauchopfer für den Neuen Gott. Niemand achtete auf das Mädchen, das sich unauffällig durch die Schatten bewegte. Schließlich stieß sie auf einen einsamen Wachposten am anderen Ende des Lagers.
    »Wo willst du hin, Mädchen?«, rief er sie an. »Weißt du nicht, dass nun die Zeit des Opfers ist und alle die Kraft ihrer Gebete für ein gutes Ende des Tages zu sammeln haben?«
    »Das weiß ich wohl, edler Krieger«, antwortete Maru, »jedoch schickte mich Abeq Mahas mit einem eiligen Auftrag.« Zum Beweis hielt sie die kleine Tontafel mit seinem Siegel empor. »Ein Auftrag, jetzt noch?«, fragte der Speerträger verwundert.
    »Ich suche Velne, den Tochar, hast du ihn gesehen?«
    »Den Maghai? Du hast Glück. Siehst du die drei Weiden, die dort unten dicht am Ufer stehen? Eine von ihnen ist wohl einmal vom Blitz getroffen worden. Dort sah ich ihn zuletzt. Die Heilerin hat auch nach ihm gesucht, aber«, und jetzt grinste der Krieger, »ich glaube nicht, dass sie es im Auftrag des Abeqs tat.«

    Maru dankte dem Posten und lief zu der Baumgruppe, die sich in der Dunkelheit vor dem schimmernden Wasser des Flusses abzeichnete. Der Platz war gut gewählt, falls man beobachten wollte, was auf dem Fluss vor sich gehen würde. Maru reckte sich und sah über das Schilf hinweg, dass Männer auf dem Damm und der Brücke zahlreiche Fackeln entzündeten. Vom Lager her drang salbungsvoll die Stimme des Abeq durch die Nacht. Von Velne oder Wika war allerdings keine Spur zu entdecken. Was nun? Maru sah sich um. Sie spürte auf einmal wieder eine leichte, warnende Unruhe. Dann fiel ihr etwas auf den Kopf. Es war eine Nuss. Sie unterdrückte einen Fluch und starrte nach oben. Sie stand genau unter der Weide, die einst ein Blitz getroffen haben musste. Ihre unteren Äste waren gesund und dicht

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