Die Tochter des Magiers
aus seinen Augen. »Kein Schloß würde
mich aufhalten, falls ich in dein Zimmer wollte, Rox. Ein Nein von dir
dagegen schon. Komm gegen Mittag«, sagte er und ging zur Tür. »Ich lade
dich zum Essen ein.«
»Luke – hast du Lily schon gesehen?« Obwohl sie
geglaubt hatte, sie habe ihre Gefühle gut unter Kontrolle, tat er ihr
unendlich leid, als er nur stumm den Kopf schüttelte. »Ich hole sie,
wenn du möchtest«, bot sie an.
»Ich kann nicht.« In seinem ganzen Leben hatte er nur zwei
Frauen geliebt. Beide am gleichen Abend wiederzusehen, wäre zuviel.
»Ich rede morgen mit ihr.«
Dann war er verschwunden. Roxanne starrte regungslos auf die
Tür, die sich hinter ihm geschlossen hatte, und versuchte, ihre Gefühle
zu ordnen. Sie war völlig aus der Bahn geworfen gewesen, als er sie
verlassen hatte. Auch wenn er jetzt wieder zurück war, würde nichts
mehr so sein wie früher. Im Gegenteil, es drohten vielmehr ganz neue
Turbulenzen. Aber diesmal war sie vorbereitet und würde dafür sorgen,
nicht die Kontrolle über die Situation zu verlieren.
Sie fühlte sich plötzlich vollkommen erschöpft. Selbst das
Umziehen fiel ihr schwer. Sie hatte gerade ihre Jeans übergestreift,
als es an der Tür klopfte.
Wenn er es war, würde sie … Aber nein, dachte siemit einer spöttischen Grimasse. Luke würde sich nicht die
Mühe machen, erst anzuklopfen.
»Ja, wer ist da?«
»Ich bin's, Schatz.« Aufgeregt steckte Lily den Kopf herein,
doch als sie sich umblickte und nur Roxanne sah, verschwand ihr
Strahlen. »Mouse hat mir gesagt … Ich habe so lange gewartet,
wie ich konnte.« Sie betrachtete die Wasserlache auf dem Boden und die
verstreuten Blumen. »Er ist wieder da!« lächelte sie. »Ich konnte es
kaum glauben. Wo ist er gewesen? Geht es ihm gut? Wo ist er jetzt?«
»Ich weiß nicht, wo er gewesen ist.« Roxanne griff nach ihrer
Handtasche und kramte darin herum, um ihre Hände irgendwie zu
beschäftigen. »Es scheint ihm gutzugehen, und ich habe keine Ahnung, wo
er steckt.«
»Aber … aber … er ist doch nicht einfach
wieder weg?«
»Nicht so, wie du meinst. Er bleibt in der Stadt, er wohnt
sogar in unserem Hotel. Wir haben etwas Geschäftliches zu besprechen.«
»Etwas Geschäftliches?« lachte Lily und zog Roxanne in die
Arme. »Das ist bestimmt das letzte, über das ihr beiden zu reden habt.
Ich kann es kaum erwarten, ihn endlich zu sehen. Es ist wie ein Wunder.«
»Eher wie eine der sieben Plagen.«
»Also, Roxy, er hat doch sicher alles erklärt?«
»Ich wollte es gar nicht hören.« Sie war beinahe wütend über
Lilys überschwengliche Reaktion. »Mich kümmert nicht, warum er
weggegangen ist oder wo er gesteckt hat. Dieser Teil meines Lebens ist
vorbei.«
»Roxy …«
»Ich meine es ernst, Lily. Falls du ihn mit offenen Armen
empfangen willst, nur zu. Aber von mir kann das wahrhaftig niemand
erwarten.« Sie bückte sich, um die zerdrückten Rosen in den Müll zu
werfen. »Wahrscheinlich werden wir vorübergehend zusammenarbeiten. Aber
das ist auch alles. Eine persönliche Beziehung gibt es zwischen uns
nicht mehr.«
»Es mag ja sein, daß du das jetzt sagst«, erwiderte Lily
ruhig. »Es mag sogar sein, daß du im Moment so empfindest. Aber in
Wirklichkeit ist es anders, und daran kannst du nichts ändern.« Lily
kniete sich zu ihr und legte Roxanne eine Hand auf die Schulter. »Du
hast ihm nichts von Nathaniel erzählt?«
»Nein.« Sie rieb sich den Daumen, wo ein Dorn sie gestochen
hatte. »Als er sagte, er wohne im gleichen Hotel, hatte ich zuerst
Angst, er wüßte es bereits. Aber er weiß es nicht.«
»Schatz, du mußt es ihm sagen.«
»Warum?«
»Luke hat ein Recht …«
»Sämtliche Rechte hat er vor fünf Jahren aufgegeben. Nathaniel
gehört mir, mir ganz allein. Verdammt, Lily schau mich nicht so
mitleidig an.« Sie sprang auf. »Was hätte ich denn sagen sollen? Ach,
übrigens, Callahan, ein paar Monate nachdem du dich auf Wanderschaft
begeben hast, habe ich deinen Sohn zur Welt gebracht. Sieht genauso aus
wie du, und ist ein tolles Kind. Soll ich ihn dir bei Gelegenheit mal
vorstellen?« Sie preßte eine Hand auf ihren Mund, um ihr Schluchzen zu
unterdrücken.
»Nicht, Roxy.«
»Schon gut.« Sie schüttelte den Kopf, als Lily sie umarmte.
»Ich habe nie seinetwegen geweint. Nicht ein einziges Mal. Und ich
werde jetzt nicht damit anfangen.« Seufzend schmiegte sie ihre Wange an
Lilys Schulter. »Was soll ich denn Nate sagen, Lily? Hier ist dein
Vater, Junge. Ich hatte
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