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Die Tochter des Magiers

Die Tochter des Magiers

Titel: Die Tochter des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Fressen für die Journalisten.« Seit er sich mehr und mehr mit
spektakulären Entfesselungsnummern beschäftigte, war sie jedesmal, wenn
er sich in eine Kiste einsperren ließ, hin- und hergerissen zwischen
Bewunderung für seinen Mut und Verärgerung über diese Kraftmeierei.
    »Ich habe im Mittelpunkt gestanden, weil ich es geschafft
habe, dort rauszukommen«, erklärte er und nahm eine der französischen
Zigarren, für die er eine Vorliebe entwickelt hatte. »Weil ich der
Beste bin. Du solltest dich mit deinen hübschen Illusionen
zufriedengeben, Rox, und mit deinen netten kleinen Freunden …«
Die er am liebsten allesamt ermordet hätte. »Überlaß die gefährliche
Arbeit uns. Wir verstehen uns darauf.«
    Es gelang ihm gerade noch, ihr Handgelenk zu packen, um zu
verhindern, daß ihre Faust seine Nase traf. Er stand auf und zog sie
mit einem Ruck zu sich heran.
    Unwillkürlich durchlief sie ein sehnsüchtiges Prickeln. Sie
wünschte sich, ihn dafür hassen zu können, daß es immer schwerer wurde,
ihre Gefühle zu unterdrücken.
    »Paß bloß auf«, warnte er mit ruhiger Stimme, was ihr verriet,
daß es ihr gelungen war, ihn in Wut zu versetzen – offenbar
das einzige Gefühl, das sie jederzeit bei ihm auslösen konnte.
    »Glaub bloß nicht, du könntest mir angst machen …«
    Er nahm ihr Kinn in seine Hand, und sie schloß erwartungsvoll
die Augen. Sehnsüchtig öffnete sie ihre Lippen, ohne es selbst zu
merken.
    »Ich könnte Schlimmeres tun«, stieß er mühsam hervor. »Und wir
würden beide dafür büßen müssen.«
    Und ehe etwas geschah, das er sich nie würde verzeihen können,
schob er sie von sich fort und verließ mit hastigen Schritten das
Zimmer. »Um zwei Uhr. Im Kostüm«, rief er ihr noch schroff zu und
schloß rasch die Tür hinter sich.
    Roxanne ließ sich mit zitternden Knien auf einen Stuhl fallen
und holte mehrmals tief Atem. Eine Sekunde lang, eine flüchtige Sekunde
lang, hatte er sie angeschaut, als wisse er, daß sie eine Frau ist.
Eine begehrenswerte Frau. Eine Frau, die er begehrte.
    Benommen schüttelte sie den Kopf. Was für ein lächerlicher
Gedanke. Er hatte nie etwas anderes in ihr gesehen als ein lästiges
Übel. Und wenn schon! Es kümmerte sie nicht. Diese alberne kindische
Schwärmerei war längst vorbei.
    Überhaupt interessierte sie sich sowieso nicht für Männer. Sie
hatte viel wichtigere Pläne.
    Und auf gar keinen Fall würde sie warten, bis sie vier Jahre
College hinter sich hatte, ehe sie sich ihre Träume erfüllte. Nicht
einmal eine Woche würde sie warten.
    Es war höchste Zeit, sich gründlich die nächsten Schritte zu
überlegen. Sie hatte schon lange genug über diese Idee gebrütet.
Lächelnd legte sie die Füße hoch, schlug die Beine übereinander und
griff übermütig nach der brennenden Zigarre, die Luke liegengelassen
hatte. Versonnen blies sie Rauchringe an die Decke, während sie ihre
Pläne schmiedete.
    Luke war heilfroh, daß er so viel mit den
Vorbereitungen für den Auftritt im La Palace und der Sache in Chaumet
um die Ohren hatte, so daß ihm keine Zeit blieb, über Roxanne
nachzudenken.
    Es sei denn um drei Uhr morgens, wenn er wieder einmal
schweißgebadet aufwachte, weil er von ihr geträumt hatte. In qualvoller
Deutlichkeit hatte er sich mit ihr auf irgendeiner verschwiegenen
Waldlichtung gesehen, wo sie sich provozierend an ihn drängte. Ihr
prachtvolles Haar streifte über das taufeuchte grüne Gras, und ihre
hexenhaften Augen glühten vor Leidenschaft.
    Wenn es eine Hölle gab, würde er allein für diese Träume dort
büßen, davon war Luke überzeugt. Er war schließlich fast so etwas wie
ihr Bruder. Und dieser Gedanke war das einzige, was ihn daran hinderte,
seine wilden Träume in die Tat umzusetzen.
    Außerdem würde sie ihn erbarmungslos auslachen, wenn er sich
seine Gefühle auch nur anmerken ließ.
    Eines Abends hatte er wieder einmal das dringende Bedürfnis,
nach draußen zu gehen. Vielleicht lenkte ihn ein schöner langer
Spaziergang vor dem Abendessen durch die Pariser Dämmerung von den
Gedanken an Roxanne ab. Er griff nach seiner schwarzen Lederjacke und
blieb kurz vor dem Spiegel stehen, um sich mit den Fingern durch das
Haar zu streichen.
    Er trug es so lang, daß es bis über den Kragen fiel, wenn er
es nicht zu einem Zopf zusammenband. Seine langen dunklen Wimpern
brachten ihn längst nicht mehr in Verlegenheit. Er wußte vielmehr, daß
ein Blick aus seinen blauen Augen selten seine Wirkung verfehlte.
    Vor

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