Die Tochter des Münzmeisters
Schulter fasste, die von dem Schlag mit dem Brett schmerzte, den sie abbekommen hatte. Bevor sie durch das Tor schlüpfte, blickte sie noch mit sorgenvoller Miene zu Randolf hinüber, der mit dem Mann kämpfte, der für ihren Sturz verantwortlich war.
Kaum war das Tor hinter ihr zugefallen, empfingen die Tiere sie mit unruhigen Lauten, und Henrika betete inständig, dass das Gebäude von den Flammen verschont bleiben möge. Zielstrebig eilte sie zum Ende des Holzhauses, schob eine meckernde Ziege zur Seite und bückte sich. Hastig fegte sie mit ein paar Handbewegungen das Stroh auf dem Boden zur Seite, und eine hölzerne Falltür kam zum Vorschein. Die junge Frau klopfte zweimal kurz dagegen, bevor sie die Klappe mit energischem Griff anhob und gleich darauf in die ängstlichen Gesichter der Familie ihres Bruders blickte.
»Schnell, reich mir das Schwert«, bat Henrika in drängendem Tonfall.
Mathilda, die kleine, leise vor sich hin weinende Adelheidis auf dem Arm, wandte sich kurz zur Seite und reichte ihrer Nichte die scharfe Waffe. »Willst du nicht lieber …«, versuchte sie einzuwenden, brach aber ab, als sie Henrikas entschlossene Miene bemerkte. Einen Moment später verschloss diese das Versteck im Boden schon wieder, deckte es mit Stroh ab und eilte zum Ausgang zurück. Mit der schweren Waffe in der Hand stieß Henrika die Tür auf und wähnte sich vor dem Tor zurHölle. Ringsherum loderten Flammen, und zwischen dem Brüllen der Männer krachten vereinzelt die trockenen Stämme, bevor die Flammen auch den Rest des Holzes zerfraßen. Der Rauch war kaum zu ertragen, und schaudernd sah Henrika einen von Randolfs Männern bereits am Boden liegen.
Sie atmete tief durch, umfasste entschlossen mit beiden Händen den Griff ihres Schwertes und stürzte sich mit einem wütenden Schrei auf einen der beiden Männer, mit denen Randolf kämpfte. Bewusst hatte sie sich dabei denjenigen herausgesucht, der ihr an Körpergröße nicht überlegen war, und nutzte den Moment der Überraschung, indem sie ihre Klinge mit voller Wucht auf den Feind niedersausen ließ. Der Mann konnte nicht mehr ausweichen und schrie auf, als die Klinge ihn an der Hüfte streifte. Henrika konzentrierte sich ganz auf ihren Gegner, der sich schnell von seiner Verblüffung erholt hatte und zum Gegenschlag ausholte, den sie jedoch mit ganzer Kraft parierte. Randolf, der für einen kurzen Moment durch Henrikas Eingreifen abgelenkt war, hatte sich ebenfalls eine leichte Verletzung am Bein zugezogen. Da er dem Mann an Stärke und Geschicklichkeit deutlich überlegen war, fiel gleich darauf sein dritter Gegner. Randolf richtete sich gerade rechtzeitig auf, um den todbringenden Schlag Henrikas zu sehen, deren Kontrahent mit gebrochenem Blick zu Boden sank.
Keuchend wandte sie sich um und begegnete direkt Randolfs fassungslosem Blick, der sie bei anderer Gelegenheit vielleicht amüsiert hätte. Dann weiteten sich ihre Augen vor Entsetzen, denn ihrem Onkel Goswin, der erneut gegen zwei Männer kämpfte, wurde das Schwert aus der Hand geschlagen, und er stürzte durch den harten Stiefeltritt eines der Männer zu Boden. Reflexartig hielt er sich die klaffende Wunde am Arm, während ermit der linken Hand nach seinem Messer tastete und versuchte, wieder hochzukommen.
Henrika stürzte fast gleichzeitig mit Randolf los, der ihrem entsetzten Blick gefolgt war und sich mit voller Wucht gegen den Mann warf, der gerade zum letzten Schlag gegen Goswin ausholte. Beide landeten im Dreck, während Henrika sich dem zweiten Mann stellte. Er hatte zwar die vierzig deutlich überschritten, war aber von massiger, äußerst kräftiger Statur. Sollte ihr neuer Gegner durch den Anblick einer kämpfenden Frau überrascht sein, so ließ er es sich nicht anmerken. Mit einem brutalen Grinsen holte er zum Schlag aus und verfehlte Henrika nur um Haaresbreite, die sich mit einem Sprung zur Seite retten konnte.
Im nächsten Augenblick brüllte der dunkelhäutige Mann auf, denn Goswin hatte sich wieder hochgerappelt und sein Messer tief in den Oberschenkel von Henrikas Gegner gestoßen. Goswin hechtete noch nach seinem Schwert, als der Angreifer mit einem Ruck das Messer herauszog, es an der blutigen Klinge packte und zielte. Entgeistert beobachtete Henrika, wie es im Rücken ihres Onkels stecken blieb, und hörte einen gellenden Schrei, ohne zu merken, dass er ihrer eigenen Kehle entwichen war.
Gleich darauf sah sie sich erneut dem Mann gegenüber, der mit einem höhnischen
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