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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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Henrika wusste, dass die meisten Ankömmlinge sich in ihre Quartiere zurückgezogen hatten, um sich von der Reise auszuruhen. Voller Panik hörte sie plötzlich das Lachen von Betlindis und die helle Stimme Herwins, und erst jetzt wurde ihr klar, dass sie sich noch immer im Gemach ihrer Freundin befand. Leise schlüpfte sie hinaus und huschte über den kleinen Gang. Gerade als sie ihre eigene Tür schließen wollte, vernahm sie die tiefe, wohlklingende Stimme Randolfs, und ihr Herz drohte zu zerspringen.
    »Wo ist denn Fräulein Henrika? Ich hatte eigentlich erwartet, dass sie dich begleitet.«
    »Sie wollte wohl nicht stören, aus Rücksicht auf unser Wiedersehen. Ich werde sie rufen, du möchtest sie sicherlich ebenfalls begrüßen.«
    Bevor Henrika Randolfs Antwort hören konnte, rief Betlindis nach ihr. Für einen Moment schloss sie die Augen und überlegte, ob sie Kopfschmerzen vorschützen sollte, verwarf den Gedanken dann aber als kindisch. Je eher sie die Begegnung mit dem Ritter hinter sich brachte, desto besser. Sie holte tief Luft, öffnete mit einem Ruck die Tür und trat lächelnd auf den Gang.
    »Herr Randolf, wie schön, Euch gesund und wohlbehalten begrüßen zu dürfen«, sagte sie eine Spur zu fröhlich.
    Es schien Betlindis nicht aufzufallen, denn die hing mit strahlender Miene an dem Arm ihres Mannes, der mit der anderen Hand seinen Sohn umarmte.
    Randolf neigte den Kopf und hielt Henrikas Blick fest, die nervös hinter ihrem Rücken mit den Fingern spielte. »Die Freude ist ganz auf meiner Seite, edles Fräulein. Seid so gut und trinkt mit uns einen Becher auf unser aller Wiedersehen.«
    Allein der Klang seiner Stimme ließ die Hitze in Henrikas Körper ansteigen. Sie gab ein leises »Danke« von sich und suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, um sich zu sammeln. »Ich kümmere mich gleich darum«, murmelte sie entschuldigend und wollte nach unten verschwinden, als Betlindis ihr mitteilte, dass es bereits erledigt sei.
    Zögernd folgte die junge Frau der kleinen Familie in den Raum, der ihnen bisher zum Essen und Plaudern gedient hatte. Henrika fühlte sich wie ein Störenfried und benötigte all ihre Kraft, um nicht schreiend hinauszulaufen. Sie konnte die Freude des Paares gut nachempfinden, denn die Aussicht auf ein weiteres Kind war ein großes Glück. Wenigstens habe ich es nicht miterleben müssen, als Betlindis ihrem Mann die Botschaft verkündet hat, dachte Henrika bitter.
    Da klopfte es, und eine junge Dienstbotin brachte die Getränke herein. Nachdem sie gegangen war, hob Randolf den Becher und wollte zum Sprechen ansetzen, doch Betlindis kam ihm zuvor.
    »Mein Willkommensgeschenk für dich, Liebster«, sagte sie strahlend und strich mit der freien Hand den weich fallenden Stoff ihrer blauen Kotte über ihrem Bauch glatt, wobei die kleine Rundung deutlich zu sehen war.
    Erleichtert atmete Brun auf, als unter ihm im Tal die romanische Blasiuskirche auftauchte. Das Schwarzwaldkloster, das vor fast acht Jahren dank König Heinrich einImmunitätsprivileg erhalten hatte, war der Familie seines Herzogs Rudolf von Rheinfelden, den er gleich treffen würde, eng verbunden. Aus einer plötzlichen Eingebung heraus stieg er von seiner Stute ab und gönnte ihr so kurz vor dem Ziel eine kleine, unverhoffte Pause. An diesem Fleck am Waldrand mit dem herrlichen Ausblick auf die klösterliche Zelle wuchsen zahlreiche Wildkräuter, an denen sich das erschöpfte Tier nun gütlich tat.
    Brun griff nach seinem Wasserschlauch und trank den letzten Rest leer. Während der Reise von Goslar hierher waren seine Gedanken unentwegt um das gekreist, was sich in der Zeit davor ereignet hatte. Auch die Frage, ob sein Bruder Goswin je wieder ganz gesund werden würde, ließ ihn nicht los. Gedankenverloren wischte er sich die Spuren des Wassers mit dem Handrücken vom Mund und kehrte nochmals zu dem Tag zurück, an dem er Henrika von seiner unrühmlichen Rolle erzählt hatte, die er für Hemma und Esiko gespielt hatte. Und das nur, weil er als Achtjähriger nicht nur äußerst ungeduldig und vorwitzig gewesen war, sondern vor allem sehr neugierig. Deshalb hatte er vor über sechzehn Jahren den folgenschweren Entschluss gefasst, seiner Schwester abends zu folgen, ohne zu ahnen, dass Hemma nicht zum ersten Mal heimlich das Haus verließ.
    Nach Einbruch der Dunkelheit schlüpfte Hemma aus ihrem Zimmer und huschte über den Hof. Kaum hatte sie die Stalltür hinter sich zugezogen, als Esiko sie auch schon in die Arme

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